Es war nicht Greenspans Geldpolitik – Teil 2: Sparen oder Investieren?

„Mit ihrer (gemeint sind die US-amerikanischen Privathaushalte) hohen Verschuldungsbereitschaft haben sie in den letzten Jahren massive Nachfrageimpulse für die Weltwirtschaft geleistet.

Dies bildete ein notwendiges Gegengewicht zur hohen Geldvermögensbildung in Ländern wie China, Japan, Deutschland, Russland und einer Reihe von Ölförderländern.

Die viel diskutierten globalen Ungleichgewichte … haben in der Vergangenheit letztlich dafür gesorgt, dass sich die Weltwirtschaft bei einem so unterschiedlichen Sparverhalten (der amerikanischen Verbraucher im Gegensatz zu denen der Überschussländer) dynamisch entwickeln konnte.“
(Jahresgutachten 2008/09 des Sachverständigenrates, Erstes Kapitel, Absatz II, Nummer 5)

Former Chairman of the Federal Reserve Alan Greenspan, receiving a Presidential Medal of Freedom in 2005

In seiner Expertise zum Jahresausblick der deutschen Wirtschaft 2008/2009 brachte der Sachverständigenrat wieder einmal seine Auffassung zum Ausdruck, dass das Investieren grundsätzlich erst als Folge des Sparens möglich sei und unterschiedliches Sparverhalten demnach die Leistungsbilanzdefizite und Handelsungleich- gewichte zwischen Überschuss- und Schuldenländern erklären könne. Folglich seien also größere Verzerrungen in der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Volkswirtschaften gar nicht möglich (siehe Teil 1).

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Die erste Weltwirtschaftskrise 1857 und ihr erstaunlich schnelles Ende

Über die Ursachen der Wirtschaftskrise von 1857, aus der schließlich die erste echte Krise der Weltwirtschaft erwuchs, ist im Zuge der Aufarbeitung der globalen Wirtschaftskrise seit 2007 schon einiges geschrieben worden:

1857 panic

Der tickende Zusammenbruch | WOZ Die Wochenzeitung, Weltwirtschaft: Alles ist weg | ZEIT ONLINE oder sehr ausführlich in Die „erste“ Weltwirtschaftskrise 1857-1859 | Texte zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

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Die Krise der Schwellenländer: das alte Problem mit Carry Trades und flexiblen Wechselkursen

Krise war gestern? Von wegen! Wer die aktuellen Schlagzeilen der letzten Wochen zu den fast panischen Vorgängen in vielen Schwellenländern liest, bekommt wieder einmal vorgeführt, dass die Finanzkrise mitnichten schon vorbei ist:

Aktien: Anleger brauchen in Schwellenländern Nerven | ZEIT ONLINE
Kapitalabflüsse: Die Krise springt auf weitere Schwellenländer über – Devisen & Rohstoffe – FAZ

Euro exchange rate to ZAR
Aufwertung des Euro-Wechselkurses zum Südafrikanischen Rand

Wieder einmal schaut man verwundert auf das Verhalten vieler Anleger. Galten die sogenannten Emerging Markets nicht vor kurzem noch als die Wachstumsregion schlechthin?
Hatte nicht jeder Analyst diese Länder auf dem Schirm, wenn es darum ging, gewinnbringende Anlageformen zu „erschließen“?
Waren die Schwellenländer nicht die Verheißung für jeden Investor, der an der Niedrigzinspolitik der Industriestaaten förmlich verzweifelte?

Doch was ist daraus geworden?
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Say’s Law: Der große Irrglaube der Angebotstheoretiker

Um zum Wachstum zurückzukehren, brauchen wir eine Angebotspolitik. Diese stimuliert auch die Nachfrage.

François Hollande auf einer Pressekonferenz am 14.01.2014

François Hollande - meeting PS de Besançon (10-04-2012) - 1

Nun ist also passiert, was manche Beobachter seit einiger Zeit erwartet hatten. Mit den obigen Worten kündigte Frankreichs Präsident François Hollande Mitte Januar eine Wende in seiner Wirtschaftspolitik an. Es soll ab jetzt ein unternehmerfreundlicherer Kurs für mehr Wachstum sorgen und die Arbeitslosigkeit senken:
Frankreichs Präsident: Hollande entlastet Arbeitgeber um 30 Milliarden Euro
Die Konzentration auf eine wirtschaftsfreundliche Politik soll demnach also auch die Nachfrage anregen.

Woher kennen wir aber diesen Satz?

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Über die Unterschiede einzel- und gesamtwirtschaftlicher Zusammenhänge

„Private Laster, öffentliche Vorteile“
Mit diesem Untertitel veröffentlichte der Niederländer Bernard Mandeville bereits 1705 seine vieldiskutierte Streitschrift „The Fable of the Bees: or, Private Vices Publick Benefits“, in der er die provozierende These aufstellte, dass nicht die Tugend, sondern das Laster der eigentliche Ursprung des Gemeinwohls sei.

Die in diesem Buch erstmals bekannt gewordene Ansicht, dass für Gesamtheiten in der Wirtschaft manchmal etwas ganz anderes gilt als für die einzelnen Teile dieser Gesamtheit, wird noch heute als das Mandeville-Paradox bezeichnet und stellt einen wichtigen Grundsatz der ökonomischen Wissenschaften dar.

The Fable of the Bees, by Bernard Mandeville (title page)

Doch Mandeville beschränkte seine Aussagen nur auf einen ganz besonderen Fall, den Wolfgang Stützel so charakterisierte:

Wenn ein einzelner lasterhaft seine Ausgaben vermehrt, vermindert er damit seine Möglichkeiten, weitere Ausgaben zu machen, verkleinert er sein Geldvermögen und erscheint als Verschwender.
Wenn aber alle sich so verhalten, schaffen sie gerade durch die vermehrten Ausgaben sich wechselseitig auch vermehrte Einnahmen und damit auch schon die Möglichkeit zu weiteren höheren Ausgaben.

Stützel: Volkswirtschaftliche Saldenmechanik (1978), S. 16

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Alternative Wirtschaftstheorie – Teil 6: der beschäftigungs- politisch optimale Zins

Nachdem ich in Teil 5 dieser Serie die Auswirkungen von Zinsveränderungen auf den Umfang und die Art der Investitionen erläutert habe, geht es nun weiter mit dem Versuch der Feststellung, welcher Zins als „richtig“ oder „normal“ angesehen werden kann.

Bundesarchiv Bild 183-1990-1001-001, Nordhausen, Kurzarbeit / CC-BY-SA [CC-BY-SA-3.0-de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons

Unbestritten ist wohl die Ansicht, dass dies der Zins sein sollte, der die Investitionen auf das als richtig angesehene Ausmaß mehr oder weniger automatisch „steuert“.
Da stellt sich nun natürlich als erstes die Frage: Was aber ist vor allem im Hinblick auf das Beschäftigungsvolumen das richtige Maß an Investitionen?

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Alternative Wirtschaftstheorie – Teil 3: Unternehmereinkommen und Unternehmergewinn

Den in den ersten beiden Beiträgen (Teil 1, Teil 2) festgestellten Zusammenhang zwischen Unternehmergewinn, Investitionen und Beschäftigung hatte Lautenbach in seinem Werk Zins, Kredit und Produktion mit zwei Säulendiagrammen dargestellt.

Definition des Unternehmergewinns als Soll-Einkommen

Die erste Grafik (siehe unten) betrachtete dabei den Teil des Bruttoinlandsproduktes, der von der Verbrauchsgüterindustrie innerhalb einer bestimmten Periode hergestellt und an die Verbraucher abgesetzt wurde, dargestellt in der linken Säule als Gesamtsumme der Herstellungskosten V.

Anteile von Faktorkosten, Abschreibungen und Unternehmergewinn an den abgesetzten Verbrauchsgütern
(Abbildung selbst erstellt)

Der Einfachheit halber ging Lautenbach davon aus, dass Produktion und Absatz an die Verbraucher gleich bleiben und auch durch die Lagerhaltung von Händlern und Unternehmern nicht beeinflußt werden, d. h. Zu- und Abgänge der Depots sich insgesamt die Waage halten.

Die für die Produktion notwendigen Vorprodukte sowie alle dabei entstandenen Kosten für die beteiligten Produktionsfaktoren (Löhne, Gehälter, Steuern und Zinszahlungen u. a.) sind im Diagramm als Faktorkosten F bezeichnet, die durch den Verschleiß der Produktionsanlagen zu veranlagenden Abschreibungen mit A.

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Alternative Wirtschaftstheorie – Teil 1: Unternehmergewinn und Beschäftigungsvolumen

Bereits in meinem ersten Beitrag zu dem „deutschen Keynes“ Wilhelm Lautenbach hatte ich auf die besondere Bedeutung der wirtschaftstheoretischen Arbeiten dieses frühen deutschen Ökonomen hingewiesen.

Da aber im Lichte der heutigen politischen Entwicklungen das bessere Verständnis für gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge dringender denn je erforderlich ist, habe ich mich dazu entschlossen, Lautenbachs Ansatz einer alternativen „Wirtschaftstheorie“ noch einmal etwas mehr zu „entstauben“ und hier ausführlicher zu thematisieren.

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Von der Ruhrbesetzung zur Eurokrise: das ökonomische Transferproblem – Teil 1

Weltkriegs-Reparationen und grosse Depression
Das Ende des Ersten Weltkriegs führte zu einer der wichtigsten ökonomischen Fragestellungen des 20. und 21. Jahrhunderts: dem Transferproblem.
Aus der Thematik, wie man eine durch einen gigantischen Weltkrieg verschuldete Volkswirtschaft in die Lage versetzt, Reparationszahlungen in dreistelliger Milliardenhöhe leisten zu können, ohne selbst dabei in einer Rezession zu versinken, entstanden damals wichtige Grundzüge neuer wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse.

Ruhrbesetzung

Diese Problematik, heute auch unter dem Begriff Ungleichgewichte der Leistungsbilanz bekannt und durchaus in der Eurokrise wieder sehr aktuell, ließ z. B. John Maynard Keynes damals nicht ruhen, bis er in völligem Gegensatz zur auch zur damaligen Zeit schon herrschenden klassischen Lehrmeinung seine eigenen Gedanken zum Versailler Vetrag und der Reparations-Problematik entwickelte, die schließlich zur Formulierung seiner „Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“ führte.

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Geldtheoretische Bestimmungsgründe für den Kapitalzinssatz und deren Auswirkungen auf die Wirtschaftspolitik

In meinem Beitrag Die duale Bedeutung des Geldes: Zahlungsmittel und Geldvermögen hatte ich die Beziehungen des modernen Geldwesens hauptsächlich anhand der Einnahmen-/Ausgabenrechnung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen betrachtet.

Money closeup
Nahaufnahme einer Dollar-Banknote

Da es jedoch nicht unüblich ist, die gesamtwirtschaftlichen Zahlungs- und Geld-vermögensströme mit Hilfe der Einkommensrechnung darzustellen, soll hier nun eine entsprechende Transformation der salden- mechanischen Grundsätze erfolgen, wie sie schon Wolfgang Stützel in seinem Buch „Volkswirtschaftliche Saldenmechanik“ vorgenommen hat.

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