Den ersten Teil dieser Reihe beendete ich mit der Feststellung, dass aufgrund der Unmöglichkeit, im Vorhinein das Gesamteinkommen der Unternehmer der Höhe nach festzulegen, eine Aussteuerung der Volkswirtschaft auf einen Gleichgewichtspunkt undurchführbar sei.
Diese Erkenntnisse hatte Wilhelm Lautenbach passend in einem nur scheinbar paradoxen Satz zusammengefaßt:
Die Nachfrage der Unternehmer ist nicht eine Funktion ihres Einkommens, sondern umgekehrt, ihr Einkommen ist eine Funktion ihrer Nachfrage.
Lautenbach: Zins, Kredit und Produktion (1952), S. 24
Will man diesen Satz nun in mathematischer Form darstellen, wie das ja in den Modell-Annahmen der Ökonomie oft gemacht wird, so benötigen wir folgende Variablen:
EU = das Unternehmereinkommen,
EN = das Einkommen der Nichtunternehmer (also aller anderen Wirtschaftssubjekte),
E = das volkswirtschaftliche Gesamteinkommen,
P = Wert des Sozialprodukts (BIP);
I = Wert der Investitionen (Gesamtheit aller in einer Periode hergestellten Güter, die nicht an die Verbraucher abgesetzt wurden)
SN = Ersparnis der Nichtunternehmer,
VN = Verbrauch der Nichtunternehmer,
VU = Verbrauch der Unternehmer,
V = Wert der von allen Verbrauchern „verbrauchten“ Waren.
So ergibt sich dann für eine geschlossene Volkswirtschaft logischerweise folgende Gleichung:
E = EU + EN = P = I + V
Da nun aber das Einkommen der Nichtunternehmer durch die Höhe der Löhne und Gehälter direkt mit der Produktion als gegeben betrachtet werden kann, während das Unternehmereinkommen dagegen erst am Markt festgelegt wird, also während der Produktion noch unbestimmt ist, so ist es sinnvoll, diese obige Gleichung nach EU aufzulösen:
EU = I + V + EN
Da das Einkommen der Nichtunternehmer gleich dem Sparen plus dem Verbrauch der Nichtunternehmer ist (also EN = SN + VN), können wir die Formel entsprechend erweitern:
EU = I + V – SN – VN
Logischerweise ist der Verbrauch der Unternehmer gleich dem Gesamtverbrauch der Volkswirtschaft abzüglich dem Verbrauch der Nichtunternehmer (V -VN = VU).
Also kann man die obige Gleichung verkürzt auch so darstellen:
EU = I + VU – SN
Das Einkommen der Unternehmer ist demnach gleich dem Wert der Investitionen plus Wert des Unternehmerverbrauchs minus der Ersparnisse der Nichtunternehmer.
Problematisch ist an dieser Formel allerdings noch die Festlegung der Ausdrücke Wert der Investition und Wert des Verbrauchs der Unternehmer, da ja diese Werte ebenso wie das Einkommen der Unternehmer erst durch die Preisbildung aufgrund der Gesamtnachfrage am Markt ermittelt werden können und demnach das gesuchte Ergebnis der Formel ebenso wie diese beiden Variablen in der Produktion selbst noch unbestimmt sind.
Wandelt man die Formel allerdings leicht um, so ergibt sie aber wieder einen Sinn:
Das Einkommen der Unternehmer ist gleich dem Aufwand für Investitionen (einschl. Lagerzugänge) + Aufwand für den Verbrauch (einschl. Entnahmen aus dem Betrieb) – Ersparnisse der Nichtunternehmer.
Diese drei Größen sind dann gleichrangig während der Produktion feststellbar und bestimmbar.
Damit bekommt diese Formel einen besonderen Wert für jede alternative Wirtschaftstheorie, sie deckt nämlich einen Zusammenhang auf, der in der orthodoxen Ökonomie immer unberücksichtigt bleibt:
Der Aufwand für Investitionen bestimmt das Preisniveau der Konsumgüter und das Einkommen der Konsumgutproduzenten.
Lautenbach: Zins, Kredit und Produktion (1952), S. 27
Das Einkommen der Unternehmer ist also um so höher, je größer der Aufwand für Investitionen ist und je größer der Verbrauch der Unternehmer ist und je weniger die Nichtunternehmer sparen.
Oder anders herum:
Die Auswirkungen des Sparens der Nichtunternehmer ohne erfolgreiche Investitionen und Verschuldung sind eine sinkende Nachfrage und entsprechende Kapazitätsverringerungen der Unternehmen, die in der Folge zu Arbeitslosigkeit und damit zu weiterer Schwächung der Nachfrage führen.
Damit verringern sich auch die Einkommen der Unternehmer, denen dann weniger Gewinn und letztlich auch weniger Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen.
Wohl gemerkt, dies gilt erst einmal für die geschlossene Volkswirtschaft.
Lautenbach beschreib diesen Zusammenhang wiederum treffend:
Die Investitionen sind also praktisch die entscheidende Bedingung für die Realisierung des Unternehmergewinnes und sie bestimmen damit das Beschäftigungsvolumen in der Wirtschaft bei gegebenen Produktionsbedingungen, d. h. bei gegebenen Angebotskurven der einzelnen Unternehmer für die einzelnen Produkte.Lautenbach: Zins, Kredit und Produktion (1952), S. 27
Weiter geht es in Teil 3 mit einer genaueren Darstellung des gesamtwirtschaftlichen Unternehmereinkommens und des Unternehmergewinns sowie deren Zusammenhang mit Investitionen und Beschäftigung.