Den in den ersten beiden Beiträgen (Teil 1, Teil 2) festgestellten Zusammenhang zwischen Unternehmergewinn, Investitionen und Beschäftigung hatte Lautenbach in seinem Werk Zins, Kredit und Produktion mit zwei Säulendiagrammen dargestellt.
Definition des Unternehmergewinns als Soll-Einkommen
Die erste Grafik (siehe unten) betrachtete dabei den Teil des Bruttoinlandsproduktes, der von der Verbrauchsgüterindustrie innerhalb einer bestimmten Periode hergestellt und an die Verbraucher abgesetzt wurde, dargestellt in der linken Säule als Gesamtsumme der Herstellungskosten V.
(Abbildung selbst erstellt)
Der Einfachheit halber ging Lautenbach davon aus, dass Produktion und Absatz an die Verbraucher gleich bleiben und auch durch die Lagerhaltung von Händlern und Unternehmern nicht beeinflußt werden, d. h. Zu- und Abgänge der Depots sich insgesamt die Waage halten.
Die für die Produktion notwendigen Vorprodukte sowie alle dabei entstandenen Kosten für die beteiligten Produktionsfaktoren (Löhne, Gehälter, Steuern und Zinszahlungen u. a.) sind im Diagramm als Faktorkosten F bezeichnet, die durch den Verschleiß der Produktionsanlagen zu veranlagenden Abschreibungen mit A.
Der letzte Bestandteil dieser Säule ist dann der Unternehmergewinn U, der hier allerdings einen „Soll“-Anteil darstellt, also gleich dem Betrag sein soll, der zur Erhaltung der Produktion und der Beschäftigung auf dem vorhandenen Stand notwendig ist.
Oder, wissenschaftlich ausgedrückt:
Gesamtsolleinkommen der Unternehmer ist gleich dem Einkommen, das die Unternehmer erzielen würden, wenn die (erzielten) Preise jedes Produkts gleich den Grenzkosten der Produktion wären.
Und um vor jeder peinlichen Überraschung sicher zu sein, fügen wir noch als Bedingung an, daß wir in der von uns betrachteten geschlossenen Wirtschaft vollständige Konkurrenz auf allen Gebieten voraussetzen.Lautenbach: Zins, Kredit und Produktion (1952), S. 29
Die rechte Säule ähnelt in ihrer Darstellung der linken, der Unterschied liegt nur in der Darstellung des oben definierten Unternehmereinkommens U.
In dieser Säule muss man sich die Kostenaufteilung in Faktorkosten plus Abschreibungen sowie den Unternehmergewinn als schmale Streifen für jedes einzelne Unternehmen nebeneinander vorstellen.
Dabei sollen rechts alle Betriebe mit den höchsten Selbstkosten als Grenzproduzenten eingesetzt werden, nach links folgen dann stufenweise die Produzenten mit den jeweils niedrigeren Selbstkosten und den entsprechend steigenden Gewinnen.
Am linken Rand befinden sich dann die Unternehmen mit den geringsten Kosten und höchsten Gewinnen.
Bei einer sehr großen Anzahl an Betrieben (was normalerweise in einer Volkswirtschaft der Fall ist) erhält man dann eine kontinuierliche Kurve, die in etwa den Angebotskurven der einzelnen Waren entspricht.
So ist zumindest in der Theorie das Soll-Einkommen der Unternehmer gemäß obiger Definiton eindeutig bestimmbar.
Gleichheit von Angebot und Nachfrage einschließlich des Unternehmergewinns?
Mit dem zweiten Diagramm ging Lautenbach der Frage nach, inwieweit das Saysche Theorem der Gleicheit der volkswirtschaftlichen Größen Angebot und Nachfrage überhaupt für die dargestellte Verbrauchsgüterindustrie mit ihren Kostenanteilen einschließlich des Unternehmergewinns gültig sein könne.
(Abbildung selbst erstellt)
Auch in diesem Diagramm stellt die linke Säule wieder das Angebot der Verbrauchsgüterindustrie als Gesamtsumme der Herstellungskosten dar, aufgeteilt nach den bereits oben definierten Kostenarten.
Nun aber kommt die von der Produktion dieser Verbrauchsgüter selbst erzeugte Nachfrage nach Verbrauchsgütern ins Spiel, die aufgrund der Einkommen aller an der Produktion Beteiligten entsteht.
Diese Nachfrage ist aber in jedem Fall geringer als der Gesamtkostenaufwand, da die Gehälter zu den Faktorkosten gehören und daher nur einen bestimmten Teil der gesamten Kosten betreffen.
Dazu werden die Einkommen auch nicht komplett für den Erwerb von Verbrauchsgütern verwendet, sondern ein Teil wird als Ersparnisse zurückgehalten.
In der zweiten Säule ist diese Nachfrage als Verbrauchsausgaben der Verbrauchsgüterindustrie grau dargestellt.
Der fehlende Anteil der Nachfrage nach Verbrauchsgütern wird dann abgedeckt, wenn neben den Verbrauchsgütern auch noch andere Güter produziert werden, die nicht für den sofortigen „Verzehr“ gedacht sind.
Diese Herstellung von Investitionsgütern erzeugt natürlich auch aufgrund der dabei gezahlten Gehälter eine entsprechende Nachfrage nach Verbrauchsgütern.
Geht man davon aus, dass die Kosten- und Einkommensaufteilung bei der Erzeugung von Investitionsgütern ähnlich der in der Verbrauchsgüterindustrie ist, so kann man diese Werte in gleicher Weise als kleinere Säulen rechts im Diagramm darstellen.
Dabei ist vor allem wichtig, dass auch in der Investitionsgüterindustrie die Gesamtkosten immer höher als die erzeugten Einkommen (und die Ersparnisse von Unternehmern und Nichtunternehmern) sind.
Deshalb muss auch die Menge an produzierten Investitionsgütern entsprechend größer sein als die fehlende Nachfrage nach Verbrauchsgütern. Würde weniger investiert, wäre das dabei erzeugte Verbrauchseinkommen nicht ausreichend, um diese Nachfragelücke zu schließen.
Dies würde zu sinkenden Preisen bei den Verbrauchsgütern führen und die Produktion müsste gedrosselt werden, was mit Entlassungen und einem schrumpfendem Beschäftigungsvolumen einhergehen würde.
Umgekehrt würden stärkere Investitionen höhere Verbrauchseinkommen erzeugen und damit auch eine Ausweitung der Produktion an Verbrauchsgütern aufgrund steigender Preise bewirken. Dies würde zusätzlich auch zu einer insgesamt höheren Beschäftigung in der Volkswirtschaft führen.
Mit diesem Modell konnte Wilhelm Lautenbach ähnlich wie John Maynard Keynes gewaltig an der immer wieder von der orthodoxen Lehrmeinung vorausgesetzten zwingenden Gleichheit von Angebot und Nachfrage rütteln. Allein diese Darstellung stellte alle Behauptungen darauf basierender Gleichgewichtsmechanismen grundsätzlich in Frage.
Nach Lautenbach gibt es daher kein automatisches Erzeugen von Güternachfrage allein aufgrund der Erhöhung des Angebots. Und sämtliche damit begründete Annahmen wie die Negierung unfreiwilliger Arbeitslosigkeit und die Ablehnung staatlicher Eingriffe zur Stabilisierung der Nachfrage sind demnach schlicht unzutreffend.
Ebenso wird klar, warum eine Volkswirtschaft über die getätigten Investitionen wachsen muss, um das vorhandene Beschäftigungsvolumen zumindest halten zu können.
Wird nämlich nur so viel investiert, wie zur Schließung der Nachfragelücke notwendig ist, sorgen gerade die zurückgehaltenen Ersparnisse der Verbraucher und Unternehmer für niedrigere Einkommen und sinkende Nachfrage mit entsprechenden Arbeitsplatzverlusten.
Über die Höhe des Unternehmergewinns insgesamt führte Lautenbach aus:
Die bisherigen Ausführungen haben erwiesen, daß die Gesamtmasse des Unternehmergewinnes jeweils eindeutig bestimmt wird positiv durch den Aufwand für Investitionen und den Eigenverbrauch der Unternehmer, negativ durch die Ersparnisse der Nichtunternehmer. Diese Beziehung wird verwirklicht durch den Preismechanismus. Die Preise sind unter dem Einfluß dieser gegensätzlich wirkenden Faktoren so eingestellt, daß der Unternehmergewinn in der angegebenen Höhe als Differentialgewinn erzielt wird.
Lautenbach: Zins, Kredit und Produktion (1952), S. 32
Im vierten Beitrag geht es weiter mit einer genaueren Darstellung des Zusammenhangs zwischen Investieren und Sparen und dessen Einfluß auf die Höhe des gesamtwirtschaftlichen Unternehmergewinns.
Danach wird das bisher entwickelte Modell um die Auswirkungen des Zinses auf die Investitionen und das Beschäftigungsvolumen erweitert.