Rogoffs Schuldenregel: Nicht der Rechenfehler sondern die falsche These ist das Problem

Ganz schön dreist: 90-Prozent-Regel: Harvard-Ökonom Rogoff wirft Kritikern Hexenjagd vor | ZEIT ONLINE

Kenneth Rogoff, 2002 als Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF)
Rogoff 2002 als Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF)

Worum geht’s da aber eigentlich?

Kenneth Rogoff, amerikanischer Ökonom an der Harvard Universität, entwickelte 2010 zusammen mit Carmen Reinhart in einem Essay die These, dass das Wirtschaftswachstum einer Volkswirtschaft sich dann stark verringere, wenn die Staatsverschuldung auf mehr als 90 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steige.

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Die duale Bedeutung des Geldes: Zahlungsmittel und Geldvermögen

Als einen notwendigen Beitrag zur volkswirtschaftlichen Geldtheorie hat Wolfgang Stützel die von ihm entwickelte Saldenmechanik angesehen. Ihr wesentlichstes Anwendungsgebiet in der Wirtschaftstheorie sollte dabei die Analyse von Änderungen des Nettogeldvermögens sein.


Zahlungsmittel Euro-Geldscheine

Begriff des Geldvermögens
Um den Begriff des „Geldvermögens“ zu definieren, erkannte Stützel die grundsätzliche Zweiteilung des Objektes „Geld“ im Sinne der Geldtheorie:

In Wirklichkeit zerfallen die Beziehungen im gegenwärtigen Geldwesen in zwei verschiedene Ebenen: Eine Ebene der Geldvermögensumschichtungen und eine Ebene der Zahlungsmittelumschichtungen. Infolgedessen zerfällt das früher … einheitliche Objekt „Geld“ in zwei verschiedene Objekte, nämlich a) Geldvermögen, b) Zahlungsmittelbestände…

Stützel: „Volkswirtschaftliche Saldenmechanik” (1978, S. 70)

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Der Mythos von der Tauschwirtschaft

Der Tausch ist eine sehr frühe Form des Handels. In seiner einfachsten Form werden zwei Güter direkt gegeneinander getauscht.

Bundesarchiv Bild 183-2005-0728-526, Tausch von Kartoffelschalen gegen Brennholz

Tausch von Kartoffelschalen gegen Brennholz, ca. 1947

So wie auf der Wikipedia-Seite Geschichte des Geldes erklären uns volkswirtschaftliche Lehrbücher fast immer den Beginn der modernen Ökonomie, indem Menschen durch die Einführung von Geld die Tauschwirtschaft in einer arbeitsteiligen Gesellschaft wesentlich vereinfachten.

Geld ist entscheidend wichtig für das Funktionieren einer Marktwirtschaft. Stellen Sie sich vor, wie das Leben ohne Geld wäre. Die Alternative zur Geldwirtschaft ist Tausch, Menschen, die Güter und Dienstleistungen direkt, ohne Umweg über das Medium Geld, gegen andere Güter und Dienstleistungen tauschen. (Economics von Case, Fair, Gärtner und Heather 1996)

Doch stimmt das so überhaupt?

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Der kollektive Buddenbrooks-Effekt

Oder die Selbstwidersprüchlichkeit der Mittelschicht
Wie sehr die volkswirtschaftliche Saldenmechanik und ihre Grundsätze aus dem kollektiven Bewußtsein verschwunden sind, kann man am besten mit einer Suche im Internet feststellen.

Buddenbrookhaus Luebeck (Germany) by night
Das Buddenbrooks-Haus in Lübeck

Nur noch wenige Perlen einer alternativen Sichtweise auf die wirklichen Zusammenhänge zwischen Schulden und Vermögen sind da zu finden. Eine große Ausnahme stellt dabei das Blog Guthabenkrise dar.

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Sind die Schuldner wirklich immer schuld?

In meinem letzten Beitrag zur Saldenmechanik, in dem es um die Frage nach der Moral ging, habe ich neben der allgemeinen Ursachenforschung mittels wirtschaftstheoretischer Modell-Analysen bereits kurz die „Schuldfrage“ bei Kreditverhältnissen aus einzelwirtschaftlicher Sicht angeschnitten.

Frankfurt am Main Hessen Germany Skyline der Banken und Versicherungen 2005 Foto Wolfgang Pehlemann Wiesbaden PICT0038

Allgemein gilt nun mal der Grundsatz als gegeben, dass vor allem der Schuldner erstmal „schuld“ ist, wenn es in der Beziehung zwischen Gläubiger und Kreditnehmer irgendwie hakt.

Schließlich hätte er den Kredit ja nicht aufnehmen müssen. Schließlich hat er doch über seinen Verhältnissen gelebt. Und wenn wir irgend etwas aus der Eurokrise gelernt haben, dann ja wohl diese Schuldzuweisung. Immer wieder haben uns die Politiker verschiedener Couleur doch genau diesen einfachen Sachverhalt klarmachen wollen: Der Schuldner ist schuld!

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Saldenmechanik und die Frage der Moral

Für viele Medien und Politiker war von Anfang an klar:

Die Eurokrise sei verursacht worden von einigen „Sünderstaaten“, die über ihre Verhältnisse gelebt hatten. Sie hatten sich etwas zu Schulden kommen lassen, hatten zu gut auf Kosten anderer gelebt, seien anfällig für Korruption und zu wenig produktiv gewesen.

2011 Greece Uprising
2011: Griechische Proteste gegen den IWF in Athen

Besonderes Ziel dieser Anschuldigungen waren natürlich die Griechen, die aufgrund ihrer extrem hohen Staatsverschuldung die größten Sündenböcke darstellten.

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Saldenmechanische Erklärung der Geldschöpfung

Die Anwendbarkeit saldenmechanischer Grundsätze habe ich ja bereits in mehreren Beiträgen (Erklärende und vertiefende Beispiele und Wettbewerb der Nationen als saldenmechanisches Paradoxon) näher erläutert. Ein weiteres Beispiel der Nutzung der saldenmechanischen Zusammenhänge als hilfreiche Erklärungsform ist die Antwort auf die Frage, wie eigentlich unser Geld entsteht.

Kreditgewaehrung im Gleichschritt (Giralgeldschöpfung) Gestrich 1936
Bilanzbilder zu Kreditgewährungen (Hans Gestrich 1936/2016)

Obwohl die Frage der Geldschöpfung eines der zentralen Themen moderner Ökonomie darstellt, ranken sich viele Mythen, Halbwahrheiten und glatte Lügen um die Entstehung des Geldes.

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Volkswirtschaftliche Saldenmechanik – vergessene Grundlage der Geldtheorie

In den Beiträgen über den Ökonomen Wilhelm Lautenbach und Sparen und Investieren habe ich ja bereits versucht, die grundsätzlichen Gegensätze zwischen den einzel- und gesamtwirtschaftlichen Bedeutungen dieser Begriffe darzustellen.

Eine Volkswirtschaft kann nicht sparen
Eine Volkswirtschaft kann nicht sparen – Grafik: Wolfgang Waldner

Dabei fiel auch der Begriff der „volkswirtschaftlichen Saldenmechanik“, der zufolge Geldschulden und Geldvermögen immer exakt gleich sind, weil die Ersparnisse des einen die Schulden des anderen sind. Mit dieser auf Anhieb doch sehr paradox anmutenden Behauptung will ich mich nun in diesem Artikel etwas näher auseinandersetzen.

Saldenmechanik – Beachtung der Gegenbuchung
Die Grundlage für die Saldenmechanik ist die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR). Diese stellt vereinfacht gesagt die Entstehung, Verteilung und Verwendung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) dar. Die VGR besteht dabei aus reinen Buchhaltungs- identitäten, die ohne Berücksichtigung menschlichen Verhaltens allgemeingültig sind. Diese Zusammenhänge bildet auch die Saldenmechanik ab, die die Volkswirtschaftslehre damit auf ein Fundament logischen gesamtwirtschaftlichen Denkens stellt.

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Sparen und Investieren – Versuch einer Richtigstellung

In dem Artikel über den deutschen Ökonomen Wilhelm Lautenbach hatte ich ja bereits ausgeführt, dass dieser „deutsche Keynes“ unter anderem auch die Vorstellung „Nur Gespartes könne investiert werden“ als fehlerhaftes Dogma der klassischen Volkswirtschaftslehre entschlüsselt hatte.

Infografik: Europas Unternehmen investieren seit der Krise weniger | Statista
Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Wie aber funktioniert dann dieser zentrale Zusammenhang wirklich? Wie kann es sein, dass z. B. die Sparanstrengungen der EU-Staaten nicht zu neuen Investitionen führen, sondern tatsächlich das Wachstum verringern, wie in obiger Grafik nachgewiesen?

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Leistungsbilanz und Kapitalbilanz – wer dominiert?

Eine der umstrittenen Fragen der verschiedenen Schulen der Volkswirtschaftslehre ist die nach der Dominanz von Kapital- oder Leistungsbilanz.

Cumulative Current Account Balance
Leistungsbilanz (Kumulierte Leistungsbilanzsalden 1980 bis 2008):
grün = positiv, rot = negativ, grau = keine Daten

Bei wikipedia liest sich das in etwa so:
Betrachtet man die Problematik der Kausalität dieser beiden wichtigen ökonomischen Kenngrößen im Sinne einer Beziehung von Ursache und Wirkung, so stellen sich zwei mögliche Sichtweisen dar:
Exporterfolge führen zu einer negativen Kapitalbilanz, niedrigen Nettoinvestitionen und daraus folgend zu schwachem Wachstum.
Oder entgegengesetzt:
Der Abzug von Kapital führt zu geringer Inlandsnachfrage und zugleich erhöhter Auslandsnachfrage. Der Absatz folgt der Nachfrage und erzeugt damit Exportüberschüsse. Die Nettoinvestitionen bleiben gering, ebenso wie das Wachstum…
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