Die größte Vernichtungsaktion in der Geschichte: Wie die Menschen den Krieg gegen die Wale gewonnen haben

Mit Beginn des 19. Jahrhunderts (nach dem menschlichen Kalender) wurden die Linien gezogen: Die beiden größten Wirbeltiergruppen auf der Erde standen sich kampfbereit gegenüber.

Visserij Walvisvangst Reeks 036-0154 tm 036-0160, Bestanddeelnr 036-0154
Walfang in der Antarktis 1947

Auf der einen Seite der Homo Sapiens, der letzte Überlebende der Gattung Hominini, ein zweibeiniger Primat mit bemerkenswerten technischen Fähigkeiten. Auf der anderen Seite die 89 Arten der Cetacea-Ordnung, die den Menschen als „Wale“ bekannt sind, große Wassertiere, die die maritime Nahrungskette dominierten.

Zu Beginn des Krieges befanden sich rund 4 Millionen Wale in den Ozeanen der Erde, was einer Gesamtmasse von rund 120 Millionen Tonnen entsprach. An Land zählte der Mensch ungefähr eine Milliarde Exemplare, doch seine Gesamtmasse betrug weniger als 100 Millionen Tonnen. Es sah nach einem fairen Kampf aus, aber in Wirklichkeit hatten die Wale keine Chance.

Die Wale haben wahrscheinlich nie verstanden, was mit ihnen geschah: Ihre leistungs-starken Sonarsysteme arbeiteten nur unter Wasser und konnten ihnen nicht sagen, welche Bedrohung von oben auf sie zukam. Ihr ausgeklügeltes Gehirn war nicht in der Lage Strategien zu entwickeln, um einer Bedrohung entgegenzuwirken, die sie in den zig Millionen Jahren ihres Bestehens noch nie erlebt hatten.

Ihre tonnenschweren Körper waren gegen kleine Kreaturen mit überragenden Stoff-wechselmechanismen nutzlos. Ihr großartiges Isolationssystem, das die Menschen den „Blubber“ nannten, ermöglichte es den Walen in eisigen Gewässern zu überleben, aber es war dieser Speck, der die Wale in Hyperthermie versetzte wenn sie versuchten sich von ihrer menschlichen Nemesis zu entfernen.

Es war ein Vernichtungskrieg. In quantitativer Hinsicht stellte es möglicherweise die größte Extermination einer nichtmenschlichen Spezies dar, die der Mensch über ihre Existenz hinweg durchführte. Und auch die schnellste: Der kommerzielle Walfang begann im frühen 19. Jahrhundert, im späten 20. Jahrhundert war er im Grunde vorbei und der richtige Kollaps der Walpopulationen dauerte nicht länger als ein paar Jahrzehnte.

Danach lebte noch jeder vierte Wal, und die großen Arten waren nahezu ausgelöscht worden. Möglicherweise blieben 20 Millionen Tonnen Wale von anfänglich rund 120 Millionen übrig. Wale werden heutzutage immer noch gejagt und getötet, obwohl Umweltverschmutzung und Schiffskiele heute die effektiveren Vernichtungswaffen darstellen als es die Harpunen früher je sein konnten (auch wenn diese heute natürlich immer noch benutzt werden).

Jetzt ist es geschafft und der Ozean fast frei von Walen: Es ist nur nicht mehr derselbe Ozean. Menschen sind kluge Affen und sie sind gute Jäger, aber sie verstehen die Ergebnisse ihrer Handlungen nicht. Alles auf diesem Planeten ist miteinander verbunden und in der Biologie ist bekannt, dass man nicht nur eine Sache tun kann.

Die Beseitigung der Spitze der maritimen Nahrungskette wird unvorhersehbare und wahrscheinlich katastrophale Auswirkungen auf die gesamte Ökosphäre haben – sie wird sich auch nachteilig auf die Stabilität des Erdklimas auswirken.

Einige Menschen verstehen zwar die Gefahr dessen, was sie angerichtet haben, aber die meisten von ihnen kümmern sich nicht darum. Sie scheinen zu glauben, dass die Ausrottung von Walen ein Recht ist, welches ihnen von ihrem Gott eingeräumt wurde (möglicherweise einer bösen Gottheit, die unter dem heiligen Namen MSY (maximale dauerhafte Rendite <= Fangquote) firmiert).

Wir werden nie erfahren, was die Wale von ihrer Entwürdigung gehalten haben. Aber wenn Wale einen Gott oder eine Göttin haben kann es zu einer Zeit der Rache kommen, und die Menschen werden voll und ganz das verdienen was ihnen dann widerfährt.

(Eigene Übersetzung eines Blogbeitrages des italienischen Chemie-Professors Ugo Bardi)