Ist der Freihandel tatsächlich gut für alle?

Greg Mankiw deutet dies in einem Artikel[1] an, und behauptet, dass alle Ökonomen sich darin einig wären, dass es so ist. Aber eigentlich ist es das nicht. Wer sagt das? Ökonomen.

Exports by country map copy2

Insbesondere das Arbeitspferd der Theorie des internationalen Handels, das Hecksher-Ohlin-Theorem führt direkt zum Stolper-Samuelson-Theorem, welches zeigt, dass, wenn Länder anfangen Handel miteinander zu treiben, sich relativ häufig genutzte Produktionsfaktoren in jedem Land besser entwickeln als die relativ selten genutzten Faktoren.

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Gesamtwirtschaftliche vs. industrielle Lohnstückkosten

In der deutschen Industrie stiegen die Lohnstückkosten im Jahr 2013 um mehr als 3 Prozent. Sie lagen damit um 12 Prozent höher als im Vorkrisenjahr 2007.

In langfristiger Betrachtung zeigt sich, dass sich die Lohnstückkosten hierzulande ungünstiger entwickelten als im Ausland: Im Zeitraum 1991 bis 2013 stiegen sie in Deutschland um insgesamt 12 Prozent, während sie im Ausland sowohl in nationaler Währung als auch auf Euro-Basis leicht nachgaben. Der Blick auf die Lohnstückkosten liefert somit keine Belege für ein Lohndumping in Deutschland.

Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW): Produktivität und Lohnstückkosten der Industrie im internationalen Vergleich

Labor productivity and unit labor costs 1998-2008, selected Eurozone countries

So oder ähnlich lauten die überwiegend aus dem Arbeitgeberlager vorgebrachten Argumente, wenn es mal wieder um die hohen Überschüsse des deutschen Außenhandels und den Vorwurf geht, diese wären vor allem durch Lohn- und Kostendumping der deutschen Wirtschaft erkauft.

Man verweist dann wie das Institut der deutschen Wirtschaft oben gern auf den Vergleich der Lohnstückkosten der Industrie, um damit zu belegen, dass es mit der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen (Gesamt-)Wirtschaft gar nicht so weit her sei.

Doch was ist eigentlich dran an dieser Argumentation?

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Keine Erholung ohne Strukturreformen? Beispiel Japan der 1990er Jahre – letzter Teil: Kartelle und Wachstum

Im vierten Teil dieser Serie hatten wir festgestellt, dass in der Verbindung zwischen der Struktur der Wirtschaft und dem Wirtschaftswachstum die weniger marktorientierten Volkswirtschaften deutlich besser als die stärker marktorientierten abschnitten.

Shinkansen E2 at Tokyo station

Auch bei dieser Betrachtungsweise als Form der komparativen Statik bleibt demnach die Forderung nach Strukturreformen zur Lösung der Rezession im Japan der 1990er Jahre weiterhin unbegründet. Eine zweite Hypothese im Sinne der neoliberalen Effizienztheorie hat stattdessen die dynamische Performance der Wirtschaft im Auge.

Teil 5: Führen Deregulierung und Liberalisierung zu mehr Wachstum?
Es gilt also die Frage zu klären, inwieweit sich Strukturreformen auf die Wirtschaftsleistung auswirken. Dies ist natürlich eines der Hauptargumente der gängigen orthodoxen Ansichten: Strukturveränderungen hin zu mehr unreglementierten Märkten werden das wirtschaftliche Wachstum erhöhen.

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Keine Erholung ohne Strukturreformen? Beispiel Japan der 1990er Jahre – Teil 4: die These der effizienten Märkte

In den Teilen Eins, Zwei und Drei dieser Serie haben wir festgestellt, dass auch die neoklassische Wachstumstheorie nicht als Rechtfertigung für Strukturreformen als Lösung für die Rezession im Japan der 1990er Jahre herangezogen werden kann.

Night Nagasaki shipyard

Warum aber sollte dann überhaupt ein Land mittels Privatisierung, Deregulierung, Liberalisierung seine Wirtschaftsstruktur verändern und neoliberale Märkte schaffen?

Teil 4: Analyse der These der effizienten Märkte
Einen weiteren Ansatzpunkt für eine mögliche Beantwortung dieser Frage bildet die neoklassische Effizienztheorie als Grundlage der sogenannten Wohlfahrtsökonomik. Diese baut auf einem Satz von speziellen Annahmen auf, nach denen die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft pareto-effizient ist.

Zu diesen Annahmen gehören die perfekte Information aller Wirtschaftssubjekte, stets perfekte und komplette Märkte, der Wegfall jeglicher Transaktionskosten und -gebühren sowie das Nichtauftreten externer Effekte. Nur unter diesen Bedingungen können Eingriffe, beispielsweise durch die Regierung, die allokative Effizienz beeinträchtigen.

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Keine Erholung ohne Strukturreformen? Beispiel Japan der 1990er Jahre – Teil 3: Mangel an Produktionsfaktoren?

In den Teilen Eins und Zwei wurde versucht zu belegen, dass nachlassende Produktivität gemäß der neoklassischen Wachstumstheorie nicht als Grund für tiefschürfende Strukturreformen zur Bekämpfung der Krise in Japan nach den 1990er Jahren herangezogen werden kann.

Construction-of-new-tabatastation may2008

Allgemein gibt es aber noch ein weiteres Argument, um die wachstumstheoretische Basis der Strukturreformtheorie zu unterlegen: neben mangelnder Produktivität könnte auch eine Knappheit bei den Produktionsfaktoren für ein zu niedriges Wirtschaftswachstum verantwortlich sein.

Teil 3: Angebotsengpässe aufgrund der Knappheit der Produktionsfaktoren?
Um diese Behauptung zu überprüfen, ist es notwendig festzustellen, ob in den 1990er Jahren die japanischen Produktionsfaktoren Boden, Arbeit, Kapital und Technologie weniger wurden oder ihr Wachstum sank.

Da Japan in dieser Zeit weder Land gewann noch verlor, kann eine Verringerung des Faktors Boden von vornherein ausgeschlossen werden. Ähnlich sieht es mit der Bevölkerungsentwicklung aus: die Anzahl der Bewohner nahm während der 1990er Jahre nicht ab. Obwohl das Wachstum geringer wurde, gab es in den zwei Jahrzehnten zuvor viel größere Einschnitte bei der Zunahme der Bevölkerung, ohne das diese Entwicklung sich auf das Wirtschaftswachstum auswirkte.

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Keine Erholung ohne Strukturreformen? Beispiel Japan der 1990er Jahre – Teil 2: Die neoliberale Wachstumstheorie

Wie in Teil 1 bereits erörtert, ist der Ruf nach „Strukturreformen“ eine der zentralen Forderungen neoliberaler Wirtschaftspolitik. Anhand der „verlorenen Dekade“ im Japan der 1990er Jahre soll hier versucht werden, die Gültigkeit dieser These zu überprüfen.

Japan real GDP growth rate
Durchschnittliches reales Wachstum des japanischen Bruttoinlandsproduktes je Dekade,
Daten aus: Edward C. Prescott (2002), „The 1990s in Japan: A Lost Decade“

Teil 2: Das Argument der neoklassischen Wachstumstheorie
Gemäß dieser Theorie wird das ökonomische Wachstum auf zwei Variablen zurückgeführt: die Quantität der Produktionsfaktoren (Land, Arbeit, Kapital, Technologie) und die Gesamtproduktivität dieser Faktoren. Dabei muss berücksichtigt werden, dass für die Gültigkeit dieser These eine ganze Reihe von Annahmen vorausgesetzt werden.

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Keine Erholung ohne Strukturreformen? Beispiel Japan der 1990er Jahre – Teil 1: Einleitung

Die Krise in Japan wurde 1990 ausgelöst, als eine Finanz- und Immobilienblase platzte. In den Jahren zuvor waren die Immobilienpreise sowie die Aktienkurse ins Unermessliche gestiegen. Das Land versank in einer Deflation, aus der es sich bis heute nicht richtig befreien konnte.

Es entstand der Begriff der „verlorenen Dekade“, Schlagwort für eine schwere makroökonomische Absatzkrise, die in dieser Form auch der Europäischen Union bevorstehen könnte.

Traffic signal and Security guard in Japan

Schon damals war es die konventionelle Gewissheit bei vielen Ökonomen, Notenbankern, Finanzjournalisten und Politikern, dass Japan „dringend benötigte Strukturreformen“ implementieren müsse, um die Krise überwinden zu können.

„Keine Erholung ohne Strukturreform“, verkündete der damalige Ministerpräsident Jun’ichirō Koizumi. Der Fall Japan wurde auch zum Vorbild ähnlicher Reformen in anderen Ländern und Regionen, wie zum Beispiel Deutschland, wo sie bald ebenfalls ein Schwerpunkt der Regierungspolitik wurden.

Angesichts dieses überwältigenden Konsens ist es verlockend anzunehmen, dass die Theorie der Struktur- reformen damals gründlichen empirischen Tests unterzogen und durch diese deutlich unterstützt wurde. Solche empirischen Überprüfungen hatte es bis dahin allerdings nicht gegeben. Erst der deutsche Ökonom Richard A. Werner lieferte 2004 ein solches Papier, mit dem die empirische Daten-Erfassung analysiert und die neoklassischen Theorien, auf denen die Idee der strukturellen Reformen beruhte, getestet wurden.

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Und täglich grüßt das Murmeltier…

Man fühlt sich eigentlich jedes Mal unweigerlich an diesen Film erinnert:

Wieder einmal wird in deutschen Medien gejubelt: Auch im Juli 2014 erreichten die deutschen Ausfuhren einen neuen Höchstwert.

Murmeltiertag 2005 in Punxsutawney, Pennsylvania
Murmeltiertag 2005 in Punxsutawney, Pennsylvania, USA

Im sechsten Jahr nach Ausbruch der Eurokrise ist die saldenmechanische Problematik der Handelbilanzüberschüsse bei einem Großteil der hiesigen Journaille offenbar immer noch nicht angekommen.


Der Wettbewerb der Nationen ist also immer ein Abwertungswettlauf mit anderen Mitteln. Steht wie in der europäischen Union das Mittel der Abwertung der Währung den einzelnen Staaten aber nicht zur Verfügung, so muss die Lektion aus der Eurokrise und den zahlreichen anderen Desastern der letzten Jahrzehnte sein, die Erträge aus der wirtschaftlichen Entwicklung im Inland zu konsumieren und das Entstehen von Handelsungleichgewichten als Folge unterschiedlicher Lohnstückkosten- entwicklungen zu verhindern bzw. abzubauen.

Denn:
Die Überschüsse des Einen sind die Schulden des Anderen.

Zu den Hintergründen speziell in der Eurozone verweise ich zudem auf diesen Beitrag:
Die Eurokrise – vorläufiger Höhepunkt des Transferproblems

Zu den Handelsbilanzüberschüssen im allgemeinen siehe auch:
Ein wohltuend sachlicher Beitrag zur Diskussion über die deutschen Exportüberschüsse
.

Der amerikanische Bürgerkrieg 1861 bis 1865 – die Folge einer verfehlten Krisenpolitik?

Bekanntlich endete die erste Weltwirtschaftskrise von 1857 nach nur wenigen Jahren vor allem deshalb, weil in vielen Ländern die Löhne während und nach der Krise entgegen heutiger Annahmen gerade nicht in gleichem Maße dem Absinken der vorher spekulationsbedingt hohen Preise folgten oder diese noch unterboten.

Photograph of the field at Antietam, American Civil War. Confederate dead by a fence at the Hagerstown Turnpike

Der Historiker Hans Rosenberg beschrieb in seinem Werk Die Weltwirtschaftskrise 1857–1859, Vandenhoeck & Ruprecht, 2. Auflage Göttingen 1974 (1. Auflage Stuttgart 1932), wie die Krise vor allem wegen der Konsumausgaben der Verbraucher, die aufgrund der erhaltenen Kaufkraft ihrer Löhne einen Zusammenbruch der Verbrauchsgüterindustrie weitestgehend verhinderten, relativ zügig überwunden werden konnte.

Doch nicht alle Staaten folgten dieser wirtschaftlichen Logik, mit der Nachfragesteigerung nach Fertiggütern und dank gleichzeitigem Anziehen der Preise auch die heimische Investitionsgüterindustrie wieder anzukurbeln und so der Stagnierungs- und Schrumpfungsgefahr der Wirtschaftskrise zu entgehen.

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