Erschreckend – das „Sterbehaus“ der Deutschen Bank

Manchmal gibt es Artikel, die mich extrem ins Grübeln bringen. Einen solchen fand ich vor einiger Zeit durch den Real-World Economics Review Blog, einen bestürzenden Beitrag auf Zeit-Online über den „Unruhestand“ ehemaliger Vorstände der Deutschen Bank.

Deutsche Bank neue Fassade

Der niederländische Ökonom Merijn Knibbe fand dafür folgende Worte:

Ein schockierendes Porträt über den Ruhestand ehemaliger Deutsche Bank-Manager, die gemeinsam nutzlos in „Schein“-Büros langsam „verblassen“, in einer Nebenstraße hinter dem offiziellen Gebäude der Deutschen Bank. Am auffälligsten: der Mangel an unabhängigem Denken.

Was in aller Welt mag diese Leute dazu veranlassen, ein solches Trugbild weiterzuleben, sich dabei noch erniedrigen zu lassen und trotzdem nicht aufhören zu können?

Warum können sie ihren Ruhestand nicht einfach irgendwie und irgendwo anders genießen, an Geldmangel wird das ja wohl eher nicht liegen? Warum können sie nicht loslassen?

Was sind das eigentlich für Menschen, die früher als Wirtschaftsbosse besonders mächtig erschienen und nun den Eindruck psychisch Kranker vermitteln?

Führt der ständige Kampf zum Erreichen solcher Positionen zur Vereinsamung, weil man offenbar nur Konkurrenten, aber keine Freunde mehr hat? Keine Hobbys ausübt und nur die Arbeit kennt?

Und wenn man annimmt, dass diese ehemaligen Vorstände der Deutschen Bank keine Ausnahmen darstellen, und Führungskräfte im Finanzwesen und anderen Bereichen der Wirtschaft, die einem ähnlich brutalen Ausleseverfahren ausgesetzt wurden, dementsprechend gleichartig sozialisiert sind: Von was für einer schrägen Art Mensch wird unser Wirtschaftssystem eigentlich beherrscht?

Kennen solche Leute überhaupt noch Mitleid oder Mitgefühl und Solidarität für andere? Oder sind sie tatsächlich die „einsamen Wölfe“, die rücksichtslos nur ihre eigene Karriere im Sinn haben, misstrauisch gegenüber alles und jedem?

Sind solche Menschen wirklich nicht in der Lage, unabhängig zu denken, wie es Knibbe in seinem Beitrag darstellt? Es liegt nahe, dass „Gegen den Strom schwimmen“ in solchen Positionen nicht unbedingt der eigenen Laufbahn zu Gute kommt, sondern im Gegenteil extrem schädigend sein kann. Stattdessen gehört man einem verschworenen Zirkel halbseidener Gesellen an, über deren Handeln und Entscheidungen eigentlich niemand sprechen will. Selbst nach Jahren nicht.

Ein verheerendes gesellschaftliches Porträt einer Kaste, die für die Entstehung der Finanzkrise mitverantwortlich zeichnet und gefangen ist in einem Strudel aus Missgunst, Gier, Machtstreben und Angst, dem sie offenbar erst durch den Tod wirklich entkommen könnten.

Aufschlussreich erscheint mir dazu noch folgendes Interview mit dem Psychologen Jens Hoffmann, ebenfalls auf Zeit-Online erschienen: Persönlichkeitsstörung „Auffällig viele Psychopathen werden Chef“