Die Schalker Erfolge gegen die Werksmannschaften als Zeichen gnadenloser Effizienz?

Nach dem 2:1 über SAP-Hoffenheim nun das 2:0 in Leverkusen: der S04 zeigte sich brutal ergebnisorientiert in den Sechs-Punkte-Spielen. Und überzeugte trotzdem durch gute Leistungen.

Meyer Schalke 2015
Gegen die Bayer-Elf wieder einer der Besten: Max Meyer

Bereits nach der Auswärtsbegegnung in Stuttgart hatte ich ja schon einmal die Hohe Taktikschule a la Tedesco hervorgehoben, die meiner Ansicht nach maßgeblich für den Sieg im Schwabenländle verantwortlich zeichnete.

Und nun lieferten die Blau-Weißen an zwei Wochenenden ähnlich brillante und beein-druckende Leistungen gegen die beiden Werkteams in direkten Zusammentreffen um die Europapokal-Plätze ab. Da kann man als Schalke-Fan sicherlich auch mal gehörig ins Schwärmen geraten.

Schon gegen die Sinsheimer waren die Blauen über weite Strecken klar überlegen und verurteilten die hochgelobte Nagelsmann-Offensive um Nadiem Amiri, Andrej Kramaric, den Demnächst-Schalker Mark Uth sowie den ehemaligen Knappen Adam Szalai über 70 Minuten nahezu zur Bedeutungslosigkeit.

Erstmals hätten die Gelsenkirchener zudem eine frühe Führung per kurz darauf erfolgtem zweiten Treffer ausgebaut, doch Breel Embolo (der mir in diesem Spiel wirklich gut gefiel) befand sich dabei nach Ansicht von Schiedsrichter und Videoassistenten mit der Hacke im Abseits. Schade!! Doch nach einer halben Stunde stand wiederum Embolo goldrichtig, um einen verunglückten Querpass des 1899er Kapitäns Kevin Vogt abzufangen und einzunetzen.

Nach dem Pausentee verpassten die Mannen von Domenico Tedesco allerdings mehrmals die endgültige Entscheidung, und daher kam es dann auch fast wieder so wie so oft in dieser Spielzeit: in der Schluss-Viertelstunde kamen die Hoffenheimer plötzlich immer stärker auf und holten sich jetzt die Torchancen, an denen es ihnen zuvor so klar gemangelt hatte.

So war denn in den letzten Minuten nach dem Anschlusstreffer doch tatsächlich noch einmal Zittern angesagt, völlig unverständlich nach der souveränen Vorstellung, die die Schalker über weite Strecken der Begegnung demonstriert hatten. Stattdessen baute man einen eigentlich schon am Boden liegenden Gegner wieder auf, und ungute Erinnerungen an das Debakel gegen Werder Bremen sorgten für eine gewisse Ungemütlichkeit unter den Zuschauern.

Diesmal jedoch hielt die Defensive um den Torschützen Thilo Kehrer, den wiederum überragenden Abwehrchef Naldo sowie Matija Nastasic, dieses Wunder an Beständigkeit bis zum Schlusspfiff durch. Knapp aber doch souverän sicherten sich die Blaue drei dringend benötigte Zähler gegen einen direkten Konkurrenten um die Plätze an der europäischen Sonne.

Darum ging es letztlich auch beim Gastspiel bei den Pillendrehern, mehr noch als die SAP-Truppe unumwundener Kontrahent beim Bemühen um die Champions League. Rund um ihre geballte Offensivpower, vor allem den starken Jamaikaner Leon Bailey, aber auch Megatalent Julian Brandt, Kevin Volland, den neuen Argentinier Lucas Alario sowie Nationalspieler Karim Bellarabi und Altstar Stefan Kießling hatten sich die Leverkusener zuletzt immer mehr in die Tabellenspitze gespielt, ein echter Prüfstein also für das System Tedesco.

Erstaunlicherweise zeigte dieses Gefüge aber eine sehr ausgereifte Stabilität, mit dem Kurzpass-„Monster“ Max Meyer nach seiner Sperre wegen der 5. Gelben wieder zurück auf der „Sechs“ und Franco Di Santo als „falscher Zehner“ direkt hinter den beiden hoch pressenden Stürmern Guido Burgstaller und Breel Embolo.

Bayer 04 hatte von Anfang an erhebliche Probleme mit der drastischen Vorneweg-Vertei-digung der Blau-Weißen, die die gegnerischen Verteidiger schon sehr früh anliefen und so den Spielaufbau der Leverkusener fast komplett unterbanden. Die Tedesco-Truppe arbeitete dabei sehr kompakt und fand auch nach dem Überspielen ihrer ersten Pressing-Reihe schnell wieder in ihre Grundformation zurück. So blieben die Räume eng und die Schalker Akteure trotzdem immer nah am Gegner.

Das 1:0 der Knappen entstand denn auch genau aus einer solchen Situation heraus, als Leverkusen nahezu komplett in der Schalker Hälfte weilte, jedoch mit dem Ball nicht viel anzufangen wusste. Daniel Caligiuri überwand nach der Eroberung des Leders fast den halben Platz mit einem einzigen genial getimten langen Pass, den Burgstaller sehenswert zur frühen Führung verarbeitete.

Danach lief fast alles zu Gunsten des S04. Mit viel Ballbesitz wurden die Rheinländer klar beherrscht, nach der Gelb-Roten Karte für Dominik Kohr spielte man die erste Halbzeit fast schon routiniert herunter. Erst nach dem Pausentee kam die Werkself zu zehnt wieder besser ins Spiel, ohne allerdings wirkliche Torgefahr vor dem Kasten von Ralf Fährmann hervorrufen zu können.

Nach einigen Umstellungen (Amine Harit und Benjamin Stambouli für die mit Gelb verwarnten Burgstaller und Meyer) verlegten sich die Schalker noch mehr aufs Kontern, doch gerade der Schweizer Embolo verpasste hier früh eine endgültige Entscheidung und fand zudem in der 83. Minute in Bayer-Goalie Bernd Leno mit einer starken Parade seinen Meister.

Und so mussten die zahlreichen mitgereisten S04-Fans bis in die Nachspielzeit warten, ehe der spät eingewechselte Nabil Bentaleb nach Foul an Embolo per Strafstoß diesen äußerst wichtigen Sieg endgültig festnageln konnte. Verdient war er aber in jedem Fall, erreichten die Leverkusener doch nur ein „expected Goal“-Ratio von sage und schreibe 0.42, womit ihre Chancenarmut recht plastisch dargestellt wurde.

Was aber bedeuten nun diese Erfolge für die Lage der Schalker in der Bundesliga ins-gesamt? Nun, die Minikrise zu Beginn der Rückrunde (Niederlage in Leipzig, nur ein Punkt gegen Hannover sowie die Schlappe gegen Bremen) scheint jetzt endgültig überwunden zu sein. Trainer und Mannschaft haben offenbar diese Misserfolge gründlich analysiert, verarbeitet und wieder zurück in die richtige Spur gefunden. Zudem beträgt der Abstand zu Rang 7 bereits sechs, zu Platz 8 sogar schon acht Punkte, so dass die Wahrscheinlichkeit auf eine Teilnahme an den internationalen Wettbewerben zugenommen hat.

Ansonsten bleibt abzuwarten, wie die Blauen gegen eher schwächere Kontrahenten bei mehr eigenem Ballbesitz diese Effizienz beibehalten wollen. Das kann am kommenden Wochenende beim Gastauftritt von Hertha BSC Berlin in der Veltins-Arena schon einmal intensiv geübt werden. Denn man kann wohl nicht davon ausgehen, dass Taktik-Fuchs Pal Dardai Tedesco den Gefallen tun und seine Mannschaft in die Rolle des Spielgestalters drängen lassen wird. Stattdessen werden die Hauptstädter ihrerseits versuchen, möglichst wenig selbst über das runde Leder zu verfügen und auf Konter lauern. Doch ich bin inzwischen recht zuversichtlich, dass unser Übungsleiter seine Jungs auch auf diese Aufgabe optimal einstellen kann.

Einen leichten Schatten wirft zur Zeit noch das Transfertheater um Max Meyer auf die derzeitigen Erfolge. Doch auch da scheint der Verein recht entschlossen agieren zu wollen. Mal schauen, wie diese Verhandlungen zwischen Christian Heidel und Spielerberater Roger Wittmann am Ende ausgehen werden. Es ist natürlich nie gut für den Verein und immer ein finanzieller Verlust, wenn ein Akteur aus der Knappenschmiede ablösefrei den Club verlässt. Doch zuletzt zählt auch hier immer: Reisende kann und sollte man nicht aufhalten.