„Mit dem Bus durch die nächtliche Stadt, durch einen unterirdischen Betongang, zwischen die engen Reihen der hölzernen Spinde in der Garderobe und hinein in den Gang einer chirurgischen Station im Schweizer Krankenhaus:
Der Weg zum Arbeitsplatz führt die junge Krankenschwester Floria durch eine Serie von Röhren, bis zum Flur ihrer Station, von dem ausgehend sie wie eine Athletin auf der Eiskunstlaufbahn Pirouetten in die einzelnen Zimmer dreht, immer atemlos voran, immer an vielen Orten zugleich erwartet, gefordert, erfleht:
Eine lange Nachtschicht im Krankenhaus ist hier auf atemlose neunzig Minuten verdichtet, man glaubt Leonie Benesch, dass sie schon beim Lesen des Drehbuchs aus der Puste kam, ganz unmittelbar über-trägt sich dieses Gefühl auch auf den Zuschauer.“
aus epd-Film: Kritik zu Heldin
Ein Film wie ein Schlag in die Magengrube: so in etwa habe ich mich gefühlt, als ich nach diesen schockierenden und sich immer mehr zuspitzenden anderthalb Stunden das Kino äußerst nach-denklich verlassen habe.
Sicherlich war da einiges übertrieben dargestellt und so viele Ereignisse innerhalb einer Schicht als Krankenschwester wohl eher unwahrscheinlich, aber in einem ist dieser Film sicherlich schonungslos ehrlich: die Menschen, die in diesem Wahnsinnssystem arbeiten müssen, sind irgendwann überfordert, aufgerieben und hoffnungslos verloren.
Und das Ganze ist auch kein Naturgesetz, nach dem Motto : es geht halt nicht anders, da muss man (wer auch immer damit gemeint ist!) durch. Nein, dieser Wahnsinn ist menschengemacht, und wie jedes von Menschen ersonnene und umgesetzte System kann man auch das Gesundheitswesen anders und besser aufbauen: mehr Ressourcen, mehr Geld, mehr Personal.
Doch das hätte schon vor 40 Jahren passieren müssen, als man im Zuge der neoliberalen Revolution den Bürgern den Unsinn nahelegte, es sei nicht genug Geld vorhanden für ein vernünftiges Gesund-heitssystem. Heute überwiegt dagegen die Hilflosigkeit, das Gefühl als wäre es eh zu spät, um wir-kungsvoll noch etwas verändern zu können.
Die Statistiken im Abspann bestätigen dieses Gefühl, gehen sie doch über den Einzelfall hinaus und zeigen, dass die Personalprobleme in diesem Bereich nahezu unlösbar erscheinen, da immer mehr Pflegekräfte bereits in den ersten Jahren ihrer Laufbahn diesem Beruf wieder den Rücken kehren, ein Desaster angesichts der ohnehin massenhaft fehlenden Fachkräfte.
Ohnmacht und stille Wut: auch nach Tagen hat sich an diesen Emotionen nichts geändert, zusammen mit der tief im Inneren nagenden Angst, man könnte selbst im Alter hilf- und wehrlos diesem un-menschlichen System ausgeliefert sein.
Ein eventueller Hoffnungsschimmer? Nein, denn ich glaube nicht dass dieser eindringliche Film die richtigen Personen erreichen wird, die vielleicht noch die Möglichkeiten hätten, an den Stellschrauben irgendetwas Sinnvolles zu verändern. Stattdessen befürchte ich dass ein neuer Sparwahnsinn aufgrund der aktuellen Politik das Ganze eher noch verschlimmern wird. Ein Sondervermögen „Pflege“ wäre dagegen dringend geboten, wird aber nicht kommen…