Wie die Ungleichheit der Vermögen den Konsum beeinflusst

Wenn politische Entscheidungsträger etwas Geld in die Wirtschaft injizieren – sei es durch eine Steuersenkung, eine Ausweitung eines Sozialversicherungsprogramms wie etwa der Arbeits-losenversicherung oder durch eine Kreditausweitung durch Senkung der Zinssätze – wie bereitwillig wird dieses Geld dann wohl ausgegeben?

EUROkaudze
Euro-Banknoten…

Es hängt teilweise davon ab, wer das Geld bekommt. Aber wie sollten die Politiker fest-stellen, welche Haushalte denn nun den größten Teil dieses zusätzlichen Geldes wieder ausgeben werden?

Einige aktuelle Wirtschaftsforschungsstudien untersuchten die unterschiedlichen Konsumreaktionen quer über die Haushalte, und deren Ergebnisse könnten dazu beitragen, die Politik dabei anzuleiten, wenn sie die Nachfrage in der Wirtschaft inmitten von Konjunkturabschwüngen ankurbeln will.

Bevor wir aber diese neue Forschung untersuchen ist es wichtig, erst einmal innezuhalten und sich dem früheren Verständnis der Ökonomen zu widmen, wie der Konsum in einem Wirtschaftssystem über-haupt funktioniert, um damit dazu beizutragen zu können, die neueren Forschungen und Ergebnisse in einen richtigen Kontext zu setzen.

Die vorherrschende Denkweise des Konsums von Haushalten über viele Jahre hinweg war die Hypothese des „permanenten Einkommens“. Diese Hypothese besagt schlicht, dass der Güter-verbrauch einer Person eine (mathematische) Funktion ihres permanenten oder Lebenseinkommens darstellt.

Diese Person würde nur dann ihre Konsumgewohnheiten verändern, wenn sich ihr Lebens-einkommen ändert, jedoch würde sie ihre Ausgaben nicht gravierend umstoßen, wenn sie nur einen vorübergehenden Anstieg oder Rückgang ihrer Ausgaben erfährt. Entsprechend dieser Denkrichtung geht man davon aus, dass Haushalte generell ihren Verbrauch im Laufe ihres Lebens entsprechend ihrem Lebenseinkommen glätten.

Wenn diese Hypothese zuträfe, würden die Haushalte nicht viele von den zusätzlichen Dollars, die sie von den Politikern erhalten wieder ausgeben, um damit den Konsum anzukurbeln. Sie würden eine „marginale (Grenz-)Konsumneigung“ von nahezu Null haben, wenn man die Terminologie der Ökonomen verwendet. Und das hieße, dass sich die Haushalte nicht stark in ihrer Neigung unterscheiden sollten, einen zusätzlichen Dollar wieder auszugeben.

Jüngere Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass die meisten Haushalte eine eher hohe marginale Konsumneigung aufweisen – die Ausreißer sind ausgerechnet wohlhabende Haushalte, deren Ausgaben sich an die Hypothese des permanenten Einkommens zu halten scheinen.

Ein kürzlich veröffentlichtes Paper ist Teil dieser Forschungsgrundlage, die den Unterschied bei den Verbrauchsreaktionen in den Haushalten aufzeigt. Es stammt von Jonathan Fisher von der Stanford University, David Johnson von der University of Michigan, Jonathan P. Latner von der Universität Bamberg, Timothy Smeeding von der University of Wisconsin und Jeffrey Thompson vom Federal Reserve Board of Governors.

Die fünf Autoren verwenden Daten aus dem Panel Survey of Income Dynamics, welches für den Zeitraum von 1999 bis 2013 Informationen über Einkommen, Vermögen und Konsum von Haushalten im Zeitverlauf enthält. Mit diesem Datensatz konnten sie Änderungen des Konsums als Reaktion auf Einkommens- oder Vermögensänderungen für die gleichen Personen im Laufe der Zeit ermitteln. Ihre wichtigste Erkenntnis ist die, dass die aggregierte marginale Konsumneigung in diesem Zeitraum um die 10 Prozent betrug, was am unteren Ende der vorherigen Schätzungen liegt.

Das neue Papier unterstützt Ergebnisse aus anderen Forschungsarbeiten und stellt fest, dass die marginale Konsumneigung für wohlhabende Haushalte (die obersten 20 Prozent) geringer ist als für Haushalte mit weniger Wohlstand. Für die Autoren bedeutet diese Erkenntnis, dass Haushalte mit weniger oder keinem Wohlstand ihren Konsum nicht glätten können und daher mehr auf Einkommensveränderungen reagieren.

Ein Haushalt mit höherem Wohlstand könnte auf sein Vermögen zurückgreifen, um seinen Konsum entsprechend aufrecht zu erhalten. Im Gegensatz dazu scheinen Haushalte in den unteren 40 Prozent der Vermögensverteilung „Kreditbeschränkungen“ zu unterliegen, da sie keinen Zugang zu Krediten haben, die es ihnen ermöglichen würden, ihren Konsum zu glätten, wenn keine Vermögenswerte zur Verfügung stehen.

Frühere Schätzungen der marginalen Konsumneigung haben die gemeinsame Verteilung von Einkommen, Konsum und Vermögen nicht berücksichtigt. In früheren Studien wurde beispielsweise untersucht, wie sich Veränderungen des Einkommens auf den Konsum auswirken, aber die Forschung konnte nicht direkt einbeziehen, welche Rolle der Reichtum bei der Reaktion auf die Bemühungen der politischen Entscheidungsträger spielt, den Konsum in der Wirtschaft anzukurbeln.

Dieser neue Artikel befasst sich mit allen drei Maßstäben und deren Zusammenspiel, die einen besseren Überblick über die wirtschaftlichen Ressourcen eines Haushalts ermöglichen. Einkommen ist für den Konsum von Bedeutung, aber auch das Vermögen spielt eine Rolle, da es den Haushalten ermöglicht, ihren Konsum zu glätten wenn sie von negativen Schocks getroffen werden.

Angesichts dieser Unterschiede kommt das Papier zu dem Schluss, dass eine Um-verteilung, die die finanziellen Ressourcen von Haushalten mit geringem Wohlstand ankurbelt, eine stimulierende Wirkung auf den Konsum haben würde. Die Verlagerung von Ressourcen von den oberen 20 Prozent auf die unteren 80 Prozent der Haushalte würde laut Berechnungen der Autoren den Gesamtkonsum um 3 bis 4 Prozent steigern. Dies bedeutet, dass Politiker, die den Konsum am effektivsten steigern wollen sich mit Strategien befassen sollten, die Geld an Haushalte mit eingeschränkten Kredit-möglichkeiten und solche mit geringen Vermögen schicken.

Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verlieren und beispielsweise nicht über viele liquide Mittel verfügen, werden dadurch am Ende ihren Konsum drastisch zurückfahren. Programme, die automatisch Geld an solche Haushalte ausgeben wie etwa die Arbeits-losenversicherung oder das Supplemental Nutrition Assistance Program (SNAP) wären wirksame Mittel, um einem wirtschaftlichen Abschwung entgegenzuwirken. Die Vermittlung von Ressourcen an diese Arbeitnehmer wäre eine effiziente Politik, die ihnen nicht nur helfen, sondern auch die Gesamtwirtschaft für alle stärken würde.

(Eigene Übersetzung eines Blogbeitrages des amerikanischen Politikwissenschaftlers Nick Bunker)