Gerechtes Remis im Rasenschach

Tja, da war es dann wohl nichts mit dem fünften Sieg in Folge.
Der FSV Mainz 05 unter Trainer Thomas Tuchel trotzte dem FC Schalke ein nicht unverdientes Remis in einer Begegnung ab, die eher an Rasenschach denn an ein Fußballspiel erinnerte.

Knight-chess

Damit will ich aber keineswegs sagen, dass dieses Spiel jetzt langweilig gewesen wäre, eher im Gegenteil. Für ein 0:0 bot die Partie durchaus kurzweilige Unterhaltung, es gab hüben wie drüben auch einige echte Torchancen.

Doch vor allem im taktischen Bereich war die Begegnung Schalke gegen Mainz ein echter Leckerbissen.
Der Mainzer Trainer lieferte ein Paradebeispiel dafür ab, wie man eine eigentlich spielerisch und technisch unterlegene Mannschaft mit bestimmten Kniffen in einen gleichwertigen Gegner verwandeln kann.
Es war schon beeindruckend, wie die Mainzer mit einem aggressiven Pressing ein ums andere Mal den Schalker Spielaufbau sehr effektiv störten und zeitweilig sogar fast komplett unterbanden.

Vor allem im Zentrum, wo in den letzten Spielen der Blauen in erster Linie Kevin-Prince Boateng die wichtigste Schaltstelle im Spiel nach vorn war, gelang der Truppe von Coach Jens Keller so gut wie nichts.
Der ghanaische Nationalspieler wurde von den Mainzern nahezu komplett aus dem Spiel genommen, seine gefürchteten, sonst sehr präzisen Seitenwechsel fanden quasi nicht statt. Da auch Roman Neustädter weitestgehend offensiv isoliert und ansonsten mit Defensivaufgaben beschäftigt war, hingen vor allem Max Meyer und Klaas-Jan Huntelaar überwiegend in der Luft.

Ebenso erging es häufig den Flügeltandems Hoogland/Farfan rechts und Kolasinac/Goretzka links. Da wie bereits erwähnt die überraschenden Flankenwechsel zumeist fehlten, blieb ihnen viel zu oft nichts anderes als ein Anrennen gegen eine bestens formierte Außenverteidigung übrig.

Müßig wäre es hier darüber nachzusinnen, wie es vor allem auf rechts mit Atsuto Uchida anstelle des doch oft hölzern wirkenden Tim Hoogland gelaufen wäre. Der Japaner, dessen Stärken zweifelsohne in der Offensive liegen, hätte womöglich im eingespielten Verbund mit Jefferson Farfan wesentlich mehr Druck nach vorn generieren können.

Ganz anders als z. B. Hannover 96 verteidigten die Mainzer sehr hoch und versuchten selbst über häufigen Ballbesitz zum Erfolg zu kommen. Dass dies letzlich nicht gelang, hatten die Schalker vor allem dem exzellenten Schlußmann Ralf Fährmann zu verdanken, der mindestens zwei Mal hundertprozentige Torchancen zunichte machte.

Auf der anderen Seite imponierte mir aber auch das disziplinierte Auftreten der Schalker, die sehr früh feststellen mussten, dass es an diesem Tag gegen die Tuchel-Truppe nicht leicht werden würde.

So verlegte man sich vor allem auf die individuellen Fähigkeiten von Meyer, Farfan und Goretzka, da der schnelle Spielaufbau gegen die gut stehende Mainzer Defensive nicht wirklich funktionierte.
Das Warten auf die Fehler des Gegners hätte dann auch fast die Entscheidung gebracht, als der Mainzer Keeper Karius Max Meyer den Ball mit einer mißglückten Abwehr fast auf den Fuß legte.

Gerade in der zweiten Halbzeit erhöhten die Blau-Weißen den Druck, ohne dabei allerdings die Defensive zu sehr zu entblößen. Hier hat die Mannschaft von Jens Keller gegenüber der Hinrunde eigentlich am meisten gelernt.
Ein kopfloses Anstürmen, um unbedingt den entscheidenden Treffer zu erzielen, und damit dem Gegner die nötigen Räume für erfolgreiche Konter zu eröffnen, hat Freitag nicht stattgefunden.

Sicherlich fehlte bei den Aktionen der Schalker oft der letzte echte „Punch“, der absolute Wille, an diesem Tag den Platz als Sieger zu verlassen. Möglicherweise war da der eine oder andere Akteur doch schon im Hinterkopf beim Champions-League-Achtelfinale gegen Real Madrid.

So musste der FC Schalke am Ende mit dem Unentschieden noch sehr zufrieden sein, denn die Mainzer waren über weite Streckken tatsächlich gleichwertig und hatten selbst auch einige hochkarätige Einschußmöglichkeiten, die sie aber dank eines glänzend aufgelegten Ralf Fährmann nicht nutzen konnten.

Interessant war für mich dann noch der Wechsel von Max Meyer zu Julian Draxler. Damit hatte Jens Keller meines Erachtens eher selbst seine Mannschaft geschwächt. Nicht nur dass Draxler die fehlende Spielpraxis aufgrund der langen Verletzungspause deutlich anzumerken war, auch die alte Diskussion, ob er überhaupt auf der zentralen 10er-Position spielen sollte, flammte damit wieder auf.

Momentan halte ich Meyer in dieser Rolle für so ziemlich unanfechtbar. Selbst wenn er mal einen schwächeren Tag hat, ist er aufgrund seiner überragenden Technik, Spielfreude und Laufbereitschaft immer für eine Überraschung gut. Auch wenn Julian Draxler wieder richtig fit ist, glaube ich nicht, dass er auf der „10“ noch an die Fähigkeiten von Max Meyer heranreichen kann.

Doch nun gilt das Augenmerk ganz den Partien gegen Real Madrid und bei den Bayern aus München. Beide Mannschaften dürften ganz anders agieren als der FSV Mainz 05.
Ich bin mal gespannt, wie weit die momentan gute Form der Schalker da reichen wird.