Die wichtigste Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum in europäischen Volkswirtschaften sei Vertrauen…
Vorsicht Vertrauens-Fee!!
Es ist immer wieder zu hören und zu lesen: meist konservative Politiker wollen uns etwas von dem „Vertrauen“ der Wirtschaft erzählen, welches der Staat nur durch eisernes „Sparen“ und einer „soliden Haushaltspolitik“ den Unternehmen abtrotzen und sie so zum Investieren und damit auch zur Schaffung von Arbeitsplätzen animieren könne.
Diese ständigen gebetsmühlenartigen Beteuerungen von den angeblichen Selbstheilungskräften der Wirtschaft, die sofort zur Heilung aller Missstände antreten würden, wenn ihnen die Verantwortlichen in der Politik nur genügend Anlass zu grenzenlosem „Vertrauen“ geben würden, hatte bereits 2010 den Nobelpreisträger Paul Krugman gewaltig auf die Palme gebracht.
Er bezeichnete das als den Glauben an die „Vertrauens-Fee“ und machte sich damit über die zahlreichen Anhänger dieser „Religion“ lustig:
Sie glauben tatsächlich daran, obwohl sie in Wirklichkeit Dinge tun, die weniger Nachfrage, weniger Kaufkraft, weniger Konsum und weniger Gründe für die Unternehmen schaffen, um zu investieren. Doch weil sie glauben, alles wäre schon vorbei, werden sie schon investieren. Es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass ein solcher Glaube wahr sein könnte.
Wenn man aktuell mit Geschäftsleuten redet, warum sie denn nicht investieren, werden sie antworten: „Nun, warum sollten wir das tun? Wir haben Fabriken, die nicht voll ausgelastet sind, es gibt keine ausreichende Nachfrage nach unseren Produkten. Wir haben keinen Anlass zu investieren.“
Was sie tatsächlich brauchen, ist mehr anstatt weniger Hilfe des Staates.
Gerade in Bezug auf die Eurokrise muss immer wieder festgehalten werden: Es handelte sich dabei ursprünglich keineswegs um eine Staatsschuldenkrise, Ursache der Misere waren vielmehr eklatante Störungen im System der Finanzunternehmen und deren Schattenbanken. Mit schlechter Haushaltsführung hatte das nichts zu tun.
Oder um es mit den Worten von Heiner Flassbeck auszudrücken:
Ein Staat, der, wie das in der Eurokrise geschieht, seine Sparversuche mit dem »Vertrauensverlust der privaten Investoren in die Staaten« begründet, hat das System ganz fundamental missverstanden.
Es gibt kein Vertrauen der Privaten, das gegen sinkende Nachfrage bei den Unternehmen das System stabilisieren könnte. Man weist den privaten Haushalten eine makroökonomische Stabilisierungsrolle zu, die ihrer mikroökonomischen Logik klar widerspricht.
Der Name Brüning steht in Deutschland für eine Politik, die diesen zentralen Zusammenhang verkannt hat. Was derzeit in der Eurozone unter der Führung Deutschlands geschieht, hat das Potenzial, als der zweite große Irrtum dieser Art in die Geschichte einzugehen.
Heiner Flassbeck, Zehn Mythen der Krise, Suhrkamp Verlag Berlin 2012, S. 33
Eine einfache Gegenüberstellung der Höhe der US-Staatsverschuldung und des amerikanischen Consumer Confidence Index (Index für das Verbrauchervertrauen), der als Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung in den Vereinigten Staaten gilt, zeigt denn auch, dass es tatsächlich keinen näheren Zusammenhang zwischen dem „Vertrauen“ der Privathaushalte (und dazu gehören auch die Unternehmer) und der Haushaltsführung eines Staates gibt:
Es bestehen also in Wirklichkeit wenig Gründe, den Politikern und den Medien ihr ewiges Gerede von der „Vertrauens-Fee“ vorbehaltlos abzunehmen. Doch anstatt sie sich mit der Lächerlichkeit dieser Glaubens- annahme auseinandersetzen müssen, können sie auf die stille Übereinkunft unter Ihresgleichen bauen und die Unkenntnis aller anderen zur Umsetzung ihrer untauglichen und schädlichen Spar- und Austeritätsprogramme ausnutzen.