Moskaus neu gewonnene Unabhängigkeit

Der Wirtschaftskrieg, den der Westen gegen Russland entfesselt hat, ist nach hinten losgegangen und könnte dem Land viel Gutes bringen, so die Aussage des ehemaligen Wall-Street-Finanzanalysten Michael Hudson.

Moscow-City2015
Blick auf den Geschäftsdistrikt von Moskau

„Die Sanktionen des Westens sind großartig für Russland. Jedes Land, das von US-Sanktionen bedroht ist, ist gezwungen, autark zu werden“, sagte Hudson in einem Interview Anfang August.

Weiter war er der Meinung, dass die Sanktionen Russland effektiv in Richtung Importsubstitution gedrängt haben und das Land auf dem besten Weg sei, völlig frei von der Abhängigkeit von westlichen Waren zu werden.

„Anstatt deutsche Autos zu importieren, wendet sich Russland an China, um eine eigene Automobilindustrie aufzubauen. Russland bewegt sich jetzt sehr schnell, um seine Abhängigkeit vom Westen für Industriegüter durch seine eigene inländische Produktion zu ersetzen.

Die einzigen Dinge, die sie nicht produzieren können, sind Walt Disney-Filme und italienische Handtaschen“, sagte der Ökonom und fügte hinzu, dass Russland zwar wahrscheinlich nicht in der Lage sein wird, einige der Luxusartikel, die es früher importiert hat selbst in Massenproduktion zu produzieren, seine Wirtschaft jedoch weitgehend autark sein wird.

Hudson stellte auch fest, dass die Sanktionen, die darauf abzielten Russlands Gewinne aus Energieexporten zu reduzieren in Wirklichkeit „zusätzliche Einnahmen in den russischen Staatshaushalt brachten“.

„Russland ist der große Nutznießer der deutschen Energieembargopläne. Je weniger Gas Russland verkauft, desto mehr Geld verdient es“, erklärte er und bezog sich auf die explodierenden Energiepreise, die in Korrelation mit dem Rückgang der russischen Exporte stark steigen.

Sanktionen, die auf die russische Wirtschaft abzielen, haben auch die nationale Währung, den Rubel nicht destabilisiert und den Ent-Dollarisierungsprozess beschleunigt, sagte der Analyst.

„Schon vor dem Krieg in der Ukraine gab es Bestrebungen vom Dollar unabhängig zu werden, [doch] niemand erwartete, dass der Prozess so schnell beginnen würde… Doch […] Washington hat alle Konten in Dollar und Euro eingefroren, also musste Russland aus dem Dollarsystem aussteigen.

Und das hat natürlich dem russischen Rubel enorm geholfen. Die Absicht hinter den westlichen Sanktionen war es, den Rubel zum Absturz zu bringen um russische Importe zu verteuern.

Stattdessen konterte die russische Regierung und entschied: Wenn wir nicht in Euro und Dollar für Öl, Gas, Titan und Aluminium bezahlt werden, wird der Westen in Rubel zahlen müssen. Und so hat der Rubel an Wert gewonnen. Man kann daher mit Fug und Recht behaupten, dass sich der Westen damit selbst in den Fuß geschossen hat.“

Hudson stellte jedoch fest, dass „der größte Nutznießer“ der Sanktionen gegen Russland Washington sei. Dies läge daran, dass Europa, welches stark von russischer Energie abhängig ist, mit gleichzeitigen Energie- und Nahrungsmittelkrisen konfrontiert ist, so dass es wenig in der Lage ist, anderen Angelegenheiten Aufmerksamkeit zu schenken.

„Im Grunde ist es Washington egal ob Russland den Krieg [in der Ukraine] gewinnt, weil es den USA gelungen ist ihre Konkurrenz in Europa, insbesondere in Deutschland auszuschalten.“

(Eigene Übersetzung eines Blogbeitrages des US-amerikanischen Ökonomen Michael Hudson)