„Seht ihr Profis, so wird das gemacht!“

Dieser Ruf aus dem Rund des Lohrheidestadions beim Finale um die U-19-Meisterschaft zwischen Hoffenheim und Schalke 04 sollte den Gelsenkirchener Erstligaakteuren eigentlich den ganzen Sommer in den Ohren klingeln.

Lohrheidestadion Wattenscheid
Das Lohrheidestadion in Bochum-Wattenscheid

Denn die jungen Burschen in Weiß beeindruckten genau mit jenen Eigenschaften, die bei den Profis in dieser Saison so oft schmerzlich vermisst wurden: Ehrgeiz, Willen, Durchsetzungskraft, Kombinationsstärke und Zielstrebigkeit. Kurz: die U-19 von Trainer Norbert Elgert spielte Fußball, und das wirklich in nahezu vollendeter Form.

Einen größeren Kontrast innerhalb von zwei Tagen konnte es eigentlich nicht geben. Während die Schalker Profis sich am Samstag ein weiteres Mal (und Gott sei Dank zum letzten Mal in dieser unsäglichen Spielzeit) blamierten und bei der 0:2-Schlappe in Hamburg wieder einmal alles vermissen ließen, zelebrierten die A-Junioren am Pfingstmontag eine echte Lehrstunde.

Trotz eines frühen Rückstandes gegen eine anfangs überlegene Hoffenheimer Mannschaft kämpften sich die jungen Schalker mit der Unterstützung von 12.000 Fans eindrucksvoll wieder ins Spiel zurück und siegten am Ende durchaus verdient mit 3:1. Trainer Elgert gab seinem Team mit der Einwechselung von Leroy Sane nach einer guten halben Stunde den entscheidenden Impuls zur Aufholjagd.

Die Blau-Weißen benötigten nach dem 0:1 schon nach fünf Minuten zwar einige Zeit, um sich gegen die erstaunlich starke Hopp-Truppe wieder zu sammeln, doch noch vor der Pause gelang der psychologisch wichtige Ausgleich und nach der Unterbrechung gab es dann kein Halten mehr. Minute für Minute verschob sich das Spiel immer mehr zugunsten der Gelsenkirchener, und die beiden Treffer der Schalker waren dann die logische Folge dieses veränderten Kräfteverhältnisses.

Am Ende bedeutete dieser Beweis des Willens die deutsche Meisterschaft für die Schalker U-19 und den Magier aus der Knappenschmiede Norbert Elgert, und niemand konnte ihnen diesen verdienten Sieg schlechtreden.

Für die Schalker Fans war das Balsam auf die verletzten Seelen, und auch der letzte Beweis dafür, dass die vom Verein angekündigte Trennung von Profi-Trainer Roberto Di Matteo letztlich der einzig richtige Weg und daher unvermeidbar gewesen ist.

Denn offensichtlich konnte der Schweizer Übungsleiter seine Mannschaft nicht mehr erreichen und auch ihre Spielweise nicht mehr in entscheidender Weise beeinflussen. Ganz im Gegenteil musste man annehmen, dass sich ihre seelenlosen und blutleeren Vorstellungen gezielt gegen den Trainer richteten.

Dieser wirkte immer öfter hilf- und konzeptionslos, seine Aufstellungen konnten ebenso wie seine Einwechselungen nicht mehr nachvollzogen werden. Hatte anfangs das System der Fünferkette zumindest für eine gewisse Stabilität im Defensivverhalten gesorgt, so verschwand diese mit der Umstellung auf das klassische 4-4-2 in zunehmendem Maße.

Geradezu erschreckend schwach entwickelte sich zudem das Offensivspiel. Eine Mannschaft, die unter Jens Keller immerhin zu den torgefährlichsten der Liga gehörte, schaffte es letztendlich nicht einmal mehr, öfter als drei- oder viermal pro Spiel überhaupt vor dem gegnerischen Gehäuse aufzutauchen. Von einem Aufbäumen bei einem Rückstand (vom Heimspiel gegen Stuttgart einmal ausgenommen) gar nicht zu reden.

Die Truppe spielte stattdessen immer wieder uninspiriert ihren Stiefel herunter, um dann meist beim ersten Gegentor auseinanderzubrechen. Es musste zu denken geben, dass Schalke in den letzten fünf Saisonspielen gegen Mannschaften, die allesamt noch um den Klassenerhalt kämpften, jeweils das schwächere Team war, und das als Champions-League-Teilnehmer!

Und genau daher sollte auch mit der Trennung vom Trainerteam nicht Schluss sein. Ebenso muss Manager Horst Heldt, der für die Übungsleiter und einen Großteil des Kaders die Verantwortung trägt, in Frage gestellt werden. Von seinen Verdiensten, immerhin musste er den von Felix Magath hinterlassenen Trümmerhaufen entsorgen und sich bei seiner Transfertätigkeit an den engen Budgetvorgaben orientieren, ist inzwischen allerdings kaum etwas übrig geblieben.

Nimmt man die Eigengewächse und jene Spieler, die vor seiner Amtszeit schon da waren (wie Huntelaar, Höwedes, Matip oder Farfan) aus dem Team heraus, so wird es schon sehr schwierig, echte gelungene Transfercoups zu finden. Selbst Eric-Maxim Choupo-Moting, in der Hinrunde noch als ein solcher gefeiert, ist inzwischen nicht mehr unumstritten, von Sidney Sam, Kevin-Prince Boateng, Dennis Aogo, Roman Neustädter, Jan Kirchhoff, Chinedu Obasi oder Tranquillo Barnetta gar nicht zu reden.

Ist also ein solcher an der gegenwärtigen Situation erheblich mitschuldiger Manager überhaupt noch in der Lage, einen echten Umbruch herbeizuführen? Und hat ihn der allmächtige Clemens Tönnies nicht schon längst in seinen Befugnissen klar beschnitten? Immerhin muss wohl der Hauptimpuls für die Suspendierungen von Boateng und Sam laut eigener Aussage von Tönnies selbst erfolgt sein.

Wäre es da nicht tatsächlich besser, einen wirklichen Schnitt zu machen und mit einer neuen sportlichen Ausrichtung in die nächste Saison zu starten? Ohne Di Matteo und Heldt?

Meiner Ansicht nach müsste auch Horst Heldt den Weg für einen Neuanfang frei machen. Da es in solchen Sachverhalten selten einen „richtigen“ Moment gibt, sollte man die Sommerpause dazu nutzen, eine neue sportliche Führung zu etablieren.

Doch die gestrige Pressekonferenz deutete ganz klar darauf hin, dass Heldt zwar angeschlagen, aber wohl nicht angezählt ist. Obwohl er Fehler zugab und Besserung gelobte, sitzt der Manager auch weiterhin noch fest im Sattel. Und er will weitermachen wie bisher. Dem von ihm noch auszusuchenden Trainer soll dann eine fertige Mannschaft hingestellt werden.

Also alles weiter nach dem Managersystem. Welches erfolgreiche Vereine wie Bayern, Dortmund und Gladbach den Systemwechsel längst vollzogen haben und einen Stil mit geräuschlos im Hintergrund und im Einvernehmen mit den jeweiligen Trainern arbeitenden Managern bevorzugen, ist offenbar in Gelsenkirchen noch nicht angekommen.

Doch Heldts Konzept kann eigentlich mit dieser Saison als gescheitert betrachtet werden. Der Abgang von Roberto Di Matteo legt auch gnadenlos die Mängel der von Horst Heldt bunt zusammengewürfelten Mannschaft frei. Und wenn es stimmt, dass die verschiedenen Ansichten zur zukünftigen Kaderplanung ein Hauptgrund für die Trennung waren, bestätigt das nur meine Ansicht.

Es wäre also Zeit für ein Ankommen der Schalker in der fußballerischen Moderne. Doch es sieht nicht so aus, als ob das schon in diesem Sommer passiert…