Irgendwie war dieses 3:1 über den VfB eines dieser Spiele, die mich nach dem Ende eher nachdenklich zurücklassen, als dass ich mich wirklich freuen könnte.
Musste in Gelsenkirchen gleich dreimal hinter sich greifen:
Schwaben-Keeper Ron-Robert Zieler
Eigentlich hasse ich ja dieses Gefühl: da hat mein Verein klar gewonnen und ich sitze vor dem Fernseher und grübele darüber nach, wie das bei einer durchschnittlichen Leistung überhaupt passieren konnte. Paradox, aber genauso habe ich diesen Sieg vom Sonntag gegen Stuttgart empfunden.
Aber auch aus dem Bekanntenkreis kamen irritierende Wortmeldungen: von „Grotten-kick“ über „Na also, geht doch!“ bis „Absolut verdienter Erfolg!“ war so ziemlich alles dabei. Doch die nicht zu überhörenden zwischenzeitlichen Pfiffe zum Pausentee in der Arena ließen erahnen, dass diese Beurteilungen ursprünglich eher einheitlich negativ ausgefallen waren.
Und tatsächlich taten die Schalker in der ersten Halbzeit wenig, um sich die Sympathien der über 60.000 auf den Rängen zu verdienen. Ein glücklich verwandelter Elfmeter durch Nabil Bentaleb sorgte zwar früh für die Führung, doch danach überließen die Schützlinge von Trainer Domenico Tedesco den Schwaben immer mehr die Initiative, was dem S04-Übungsleiter sichtlich missfiel.
Der erstmals von Anfang an eingesetzte Max Meyer ließ sich als „falsche Neun“ viel zu oft zwischen die beiden anderen Stürmer Yevhen Konoplyanka und Amine Harit zurückfallen, sodass kein anhaltendes hohes Pressing praktiziert werden konnte. Die Verteidiger ihrerseits standen durchgehend viel zu weit weg von ihren jeweiligen Gegnern, um sie überhaupt an einem gezielten Spielaufbau zu hindern.
Der VfB Stuttgart kam daher immer besser in die Begegnung, je länger die ersten 45 Minuten dauerten. Als Tedesco dann nach einer halben Stunde die Defensive von der 3er- auf eine 4er-Kette umstellte, ging diese Änderung allerdings voll in die Hose und kostete den Ausgleich noch vor der Pause. Kein Wunder also, dass die Missfallensäußerungen der Fans zum Seitenwechsel so deutlich vernehmbar ausfielen.
Immerhin erkannte der Schalker Übungsleiter seinen Irrtum, brachte mit Guido Burgstaller und Daniel Caligiuri nach der Unterbrechung frischen Offensivwind und korrigierte die Ausrichtung der Abwehr wieder. Diese Änderungen schlugen schnell an, jeweils eingeleitet durch den gut aufgelegten Neuzugang Bastian Oczipka erzielten die Blau-Weißen in einer Schwächephase der Stuttgarter die beiden entscheidenden Tore zum 3:1 und bestraften so die Schwaben für zehn Minuten Unkonzentriertheit.
Insgesamt konnte man den Sieg dann am Ende schon noch als verdient bezeichnen, denn trotz viel Ballbesitzes gelang es dem VfB nicht mehr, noch großartige Torchancen zu kreieren, während der S04 seinerseits noch ein- oder zweimal gefährlich vor dem Gehäuse von Ron-Robert Zieler auftauchte. Nachdenklich machte trotzdem die eher mäßige Vorstellung der ersten Halbzeit. Gegen einen stärkeren und konsequenteren Mitbewerber hätte das ganz schön ins Auge gehen können.
So bleibt festzuhalten, dass sowohl bei Mannschaft und Chefcoach noch viel Luft nach oben besteht. Am Samstag bei Werder Bremen und dann vor allem in der englischen Woche gegen die Bayern und in Hoffenheim sollten schon jeweils mehr als zehn Minuten Leistung eingeplant werden, um letztlich Erfolge vorweisen zu können. Andersherum war trotzdem deutlich des Trainers Handschrift erkennbar, sie wurde nur ziemlich schlampig von den Spielern umgesetzt. Mit Burgstaller und einem wohl endlich wieder fitten Breel Embolo könnte das Pressing der vordersten Angriffsreihe allerdings auch ganz anders funktionieren.
Man wird es sehen…