S04: Eurofighter Youri Mulder bringt die Misere auf den Punkt…

Mulder erkennt keine Einheit bei Schalke:
Vor allem die Transferpolitik sieht der Eurofighter kritisch. Es fehle der rote Faden bei der Kompensierung von Abgängen.

Youri Mulder (2017)
Schalke-Legende Youri Mulder im Jahr 2017

„Nach so vielen Abgängen hätte man sich die grundsätzliche Frage stellen müssen, wie man eine ganz neue Mannschaft formt. Ich erkenne da keine Idee, was da letztendlich als Einheit auf dem Platz stehen sollte“, erklärte Mulder der WAZ.

Auch ich habe lange überlegt, woher der Ursprung der Krise rührt, die den S04 so unvorhergesehen nach der doch so guten Vorsaison getroffen hat. Und ich muss sagen, dass Youri Mulder mit seinen Aussagen auf mich sehr überzeugend wirkt.

War doch die Euphorie groß, trotz der Abgänge der „Ur“-Schalker Leon Goretzka, Max Meyer und Thilo Kehrer auf dem Transfermarkt gut zugelangt zu haben und sich mit u. a. Salif Sanè, Mark Uth oder Omar Mascarell recht vernünftig verstärkt zu haben. Doch bereits der sogenannte „Königstransfer“ von Sebastian Rudy und der an einen Panikeinkauf erinnernde Zugang von Hamza Mendyl hätten eigentlich nachdenklich machen sollen.

So wie Mulder sagt, kann man letztlich keinen richtigen roten Faden bei dieser Einkaufspolitik von Christian Heidel ausmachen. Was sollte die Mannschaft denn nun zukünftig spielen? Auf mehr Ballbesitz? Dafür waren aber eigentlich noch zu viele Akteure der „Pressing“-Maschine des Vorjahres im Kader. Oder so wie zuvor, dem Gegner das Leder überlassen und durch Umschaltmomente über Konter den Erfolg suchen?

War das mit den Neuzugängen überhaupt noch zu machen? Im Rückblick offenbarten bereits die ersten Begegnungen die aus diesem Zwiespalt resultierenden Probleme. Das Experiment mit der Kugel in den eigenen Reihen ging fürchterlich schief und führte bekannterweise zu fünf Niederlagen in Serie. Der Versuch eines Umsteuerns brachte aber nur zweitweise Entlastung und sorgte eher für Unruhe im Kader, da einige neue Akteure die ihnen zugedachten Rollen nicht ausfüllen bzw. gar nicht wahrnehmen konnten.

Besonders auffallend erschien dies bei der Personalie Sebastian Rudy, der in einem Team, dessen Hauptaugenmerk darauf gerichtet war den Ball nicht in den eigenen Reihen zu halten völlig fehl am Platze wirkte. Ebenso erging es Torjäger Mark Uth, der wenigstens zeitweilig als „Achter“ hinter den Spitzen seine Spielintelligenz einbringen konnte, dafür aber seinen direkten Zug zum gegnerischen Gehäuse fast überhaupt nicht mehr.

Trainer Domenico Tedesco verzweifelte förmlich an den Unzulänglichkeiten seines Kaders, der weder in der einen noch der anderen Richtung auf Dauer erfolgreichen Fußball auf dem Rasen zeigen konnte. Sein eigener Fehler in der Winterpause, mit den vormaligen Leadern Ralf Fährmann und Naldo auch noch die Hierarchie innerhalb dieser Truppe zu „rasieren“ führte dann dazu, den Niedergang in der Rückrunde nur noch weiter zu beschleunigen.

Verletzungspech, Disziplinlosigkeiten und die im Misserfolg offenbar unvermeidbare Grüppchenbildung innerhalb des Kaders verstärkten diesen Effekt bzw. überforderten den Übungsleiter und sein Team derart, dass dieser Prozess nicht mehr aufzuhalten erschien. Sportvorstand Christian Heidel muss man immerhin zu Gute halten, von sich aus seine erhebliche Mitschuld an der Misere erkannt zu haben, obwohl sein Abgang schon eher den Charakter einer Flucht hatte.

Am Ende war dann wie immer in solchen Fällen das schwächste Glied in der Kette, nämlich der Trainer einfach nicht mehr zu halten. Die Gefahr weiterer Niederlagen erschien schlichtweg zu groß, die Karre zu verfahren, um ohne größere personelle Änderungen noch eine Wende herbeiführen zu können. Dass es mit Tedesco auch noch ausgerechnet den beliebtesten Coach der letzten Jahre traf, macht die Sache natürlich besonders tragisch, seine Unerfahrenheit im Geschäft aber ebenso unvermeidlich.

Die kommenden Wochen werden zeigen, ob und wie Jahrhundert-Trainer Huub Stevens es schafft das Ruder herumzureißen. Dazu muss am Sonntag beim Tabellenvorletzten Hannover 96 endlich ein Sieg her. Nach nunmehr sieben Spielen ohne Dreier (ein-schließlich des 0:2 in Sevilla am Wochenende) allerdings keine besonders einfache Aufgabe. Bleibt nur zu hoffen, dass diese völlig verunsicherte Mannschaft daran nicht vollständig scheitert…