Kriminelle Brandmale: Können Rezessionen Verbrechens- karrieren hervorrufen?

Rezessionen und Krisen erhöhen in der Regel die Jugendarbeitslosigkeit und hinterlassen langfristig „Wunden“ am Arbeitsmarkt für die betroffenen Jugendlichen. Forschungs- ergebnisse von Brian Bell, Anna Bindler und Stephen Machin belegen zudem, dass sie auch erheblichen und beunruhigenden Einfluss auf den Start von kriminellen Karrieren haben.

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Im Allgemeinen führen die negativen Auswirkungen von Wirtschafts- und Finanzkrisen zu Konjunktureinbrüchen und damit auch zu einem Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit, so dass junge Menschen mit erheblich größeren Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche konfrontiert sind. Die Besorgnis über die langfristigen Auswirkungen auf junge Menschen entsteht vor allem dann, wenn die Jugendarbeitslosigkeit sehr hoch bleibt.

Ein prominentes Beispiel ist die aktuelle Grundsatzdebatte über die „verlorene Generation“ in der Folge der momentanen großen Rezession – Typ Single, arbeitslos und oft noch bei den Eltern lebend. Frühere Forschungen deuten darauf hin, dass die Erwerbslosigkeit in jungen Jahren nachhaltig negative Auswirkungen auf das künftige Lohnniveau (Oreopoulos et al, 2012) sowie auch die weitere Laufbahnentwicklung (Oyer, 2008) hat.

Die Erkenntnisse der drei Autoren dieser Studie zeigen, dass Rezessionen alarmierende und auffällige Auswirkungen hervorrufen, da sie einen höheren Anteil an kriminellen Karrieren initiieren: Jugendliche, die das Schulsystem in Krisenzeiten verlassen müssen, werden signifikant häufiger in Verbrechen verwickelt als diejenigen, die die Schule beenden, wenn die Arbeitsmärkte größere Beschäftigungschancen bieten.

Also warum werden junge Menschen, die während einer Krise den Arbeitsmarkt erreichen, eher in die Kriminalität abgleiten? Diejenigen, die die Schule während einer Rezession beenden, wenn die Jugendarbeitslosigkeit besonders hoch ist, müssen darum kämpfen, einen Job zu finden und verfügen daher in der Regel noch nicht über eine ausreichende finanzielle Absicherung.

Schon Gary Becker stellte in einer bahnbrechenden Arbeit zu kriminellen Entscheidungen bereits 1968 fest, dass niedrige Erwartungen in Bezug auf die Renditen durch rechtmäßige Tätigkeiten, sowohl was die Qualität der Arbeitsplätze und die Höhe der Löhne angeht, den Anreiz zum Einstieg in eine kriminelle Karriere erheblich erhöhen und in der Folge zu einer ersten Begegnung mit der Justiz führen können.

Kurz gesagt: Negative Effekte einer frühen Beschäftigungslosigkeit machen Verbrechenskarrieren junger Menschen wahrscheinlicher. Diese Erfahrungen führen dazu, dass Betroffene frühzeitig das „kriminelle Handwerkszeug“ erlernen und durch aktenkundige Straftaten ihre berufliche Karrieren erheblich einschränken.

Die Ergebnisse von Bell, Bindler und Machin können wichtige Auswirkungen und Erkenntnisse zur aktuellen politischen Debatte über die langfristigen Auswirkungen der Rezession auf junge Menschen haben. Sie zeigen eine beunruhigende langfristige Wirkung des wirtschaftlichen Abschwungs. Rezessionen führen nicht nur zu kurzfristigen negativen Trends auf den Arbeitsmärkten, sie können zudem kriminelle Karrieren produzieren. Dies legt die Notwendigkeit einer größeren Aufmerksamkeit für entsprechende politische Schritte nahe, mit denen jungen Menschen geholfen werden kann, ihre beruflichen Karrieren zu festigen und sie somit aus kriminellen Schwierigkeiten herauszuhalten.

Die Forscher fanden erhebliche robuste Beweise für eine zunächst starke und schließlich langanhaltende schädliche Wirkung einer Rezession auf den Arbeitsmarkt für Einzel- personen an der Schwelle zu kriminellen Aktivitäten. Diese Effekte sind ökonomisch erheblich und potenziell wesentlich störender als kurzfristige Effekte.