Zugegeben, Derby-Schlappen bei Borussia Dortmund tun immer irgendwie weh. Doch der Schmerz hielt sich nach der neuesten Auflage dieses Revier-Klassikers in Grenzen. Denn es kommt immer darauf an, wie solche Fehlschläge zustande kommen.
Szenenwechsel, gleicher Ort, 28.02.2015: mit gesenkten Häuptern schlichen die Schalker Spieler vom Rasen des Dortmunder Signal-Iduna-Parks, wüst beschimpft und verhöhnt von den eigenen Fans. Gerade hatten sie in einem der einseitigsten Derbys seit Jahren eine empfindliche 0:3-Schlappe hinnehmen müssen, und waren dank einiger Paraden ihres umstrittenen jungen Keepers Timon Wellenreuther noch gut dabei weggekommen.
Der BVB, angeführt von Marco Reus und Pierre-Emerick Aubameyang, hatte jede Menge Chancen liegen gelassen und den S04 trotzdem förmlich an die Wand gespielt. Diese Niederlage tat danach wirklich weh, weil man nicht einmal im entferntesten von zwei Mannschaften auf Augenhöhe reden konnte.
Am Sonntag dagegen konnte jeder Schalker erhobenen Hauptes den insgesamt gesehen doch verdienten Erfolg der Dortmunder hinnehmen. Klar, wenn man den Pfostenschuss von Pierre-Emile Hojbjerg mit einrechnet, wäre ein Unentschieden durchaus möglich gewesen. Doch nach dem 3:1 der Tuchel-Truppe Anfang der zweiten Halbzeit hielt allein ein erneut überragender Ralf Fährmann die Blau-Weißen überhaupt noch im Spiel.
In dieser Phase, als die berechtigte Gefahr bestand, dass die BVB-Offensive so richtig ins Rollen kommt, sah die Schalker Hintermannschaft wiederholt schlecht aus, während die beiden ersten Kopfballtore der Dortmunder dagegen eher in die Kategorie „Vermeidbar“ gehörten.
Gefreut hat mich aber vor allem auch die Tatsache, dass mit Klaas-Jan Huntelaar endlich mal wieder ein Stürmer getroffen hat, umso mehr, weil doppelt und mit dem Lupfer beim zweiten Treffer auch wunderschön. Ich hoffe, diese Erfolgserlebnisse beenden unsere Torflaute nun endgültig.
Zudem „stimmte“ das Auftreten der Mannschaft diesmal von der ersten Minute an: Hellwach und hochkonzentriert stürzten sich die Schalker in eine Abwehrschlacht, und bis zum ersten Gegentor gelang es auch sehr effektiv, den BVB vom eigenen Kasten fernzuhalten. Schließlich war es dann doch die in der Summe größere Anzahl an Fehlern und Unzulänglichkeiten, die die Waagschale letztlich zu unseren Ungunsten ausschlagen ließ.
Alles in allem kommt man daher nicht darum herum, anzuerkennen, dass Dortmund eben im Moment genau den Ticken besser ist, den auch das Ergebnis widerspiegelt. Thomas Tuchel hat eine über Jahre von seinem Vorgänger Jürgen Klopp aufgebaute Mannschaft übernommen, der Grundstock dieser Truppe ist eingespielt und verfügt über große nationale und internationale Erfahrung. Zudem wurde der Trainerwechsel frühzeitig in die Wege geleitet, sodass er ohne große Reibungseffekte vollzogen werden konnte.
Auf Schalke dagegen muss ein spät berufener Andrè Breitenreiter die Scherben der kurzen Ära di Matteo zusammenkehren und nach vielen Abgängen eine neue Mannschaft aufbauen. Kontinuität ist in Gelsenkirchen halt immer noch ein Fremdwort.
Und trotz einiger Rückschläge in letzter Zeit bin ich weiterhin der Ansicht, dass der neue Trainer auf dem richtigen Weg ist. Man merkt im Moment eben den Unterschied zu eingespielten Mannschaften wie Dortmund, Gladbach oder Wolfsburg, und auch die eher dünne Spielerdecke macht sich mit den Verletzungen von Matija Nastasic, Benedikt Höwedes, Marco Höger, Fabian Giefer und Sidney Sam sowie dem kurzzeitigen Ausfall von Joel Matip nun negativ bemerkbar.
Ebenso fehlt der rot-gesperrte Johannes Geis natürlich vor allem gerade bei den Standards und beim Spielaufbau. Schwankende Leistungen der noch nicht endgültig auf Schalke angekommenen Junior Caicara und Pierre-Emile Hojbjerg, der noch nicht wirklich den Nachweis erbringen konnte, warum der FC Bayern ihn partout nicht abgeben will, erschweren ebenfalls die Entwicklung der Mannschaft.
Auch das Theater um die Zukunft von Manager Horst Heldt mag zuletzt für einige Unruhe rund um das Berger Feld gesorgt haben, doch für die Profis kann man so etwas nicht als Ausrede für eine nicht 100-prozentige Konzentration auf das Wesentliche gelten lassen. Ich hoffe jetzt, dass mit der Entscheidung für die Vertragserfüllung des Vorstandes Sports sich dieses Thema auch wirklich bis zum Sommer 2016 erledigt hat.
Viel wichtiger wäre es meines Erachtens, sich schon einmal mit der Transferperiode im Winter zu beschäftigen. Ich gehe mit Andrè Breitenreiter durchaus konform, dass nach den Abgängen von Jefferson Farfan und Julian Draxler die Spielerdecke doch etwas arg knapp gestrickt ist. Zwei bis drei neue Akteure mit einiger Erfahrung vor allem in Mittelfeld und Sturm wären schon erforderlich, um diese Löcher ein wenig zu stopfen.