Ja da schau her, der FC Schalke lebt also doch noch…

Es war alles angerichtet für ein glanzvolles Bundesligadebüt:
Hals über Kopf war Xabi Alonso nach seiner Verpflichtung von Madrid nach München und dann weiter nach Gelsenkirchen gereist und schon stand er in der Startaufstellung der Bayern beim S04.

Xabi Alonso noch im Trikot von Real Madrid

Was sollte schon schiefgehen gegen einen Gegner, der die letzten sieben Spiele allesamt deutlich gegen die Münchener verloren hatte, zudem noch mit dem sagenhaften Torverhältnis von 2:23?
So war es denn anscheinend auch kein allzu großes Risiko, den Spanier direkt von Anfang an zu bringen, denn auch ohne die verletzten Ribery, Robben, Schweinsteiger usw. schienen die Kräfteverhältnisse von Anfang an klar zu sein.

Eigentlich sprach alles nur noch über die Höhe des Bayern-Sieges, während man sich bei den Knappen wohl vor allem Sorgen darüber machte, was eine deutliche Abfuhr gegen den Rekordmeister für den weiteren Verlauf der Saison bedeuten möge.

Dementsprechend entwickelten auch die ersten Minuten der Begegnung. Die Bayern machten Druck, und lediglich Ralf Fährmann hielt Schalke mit einigen Glanzparaden überhaupt noch im Spiel. Un auch der war machtlos, als Robert Lewandowski nach 10 Minuten einen sehenswerten Spielzug zur frühen Gästeführung abschloss.

Viele Schalke-Fans sahen da ihre schlechten Vorahnungen bestätigt, hatte man doch gehofft, dass die Knappen bloss von einem schnellen Gegentor verschont blieben. Und das Herz rutschte noch weiter in die Hose, als die Bayern nach diesem Tor weiter ihren „Ballbesitz“-Fußball aufzogen und einem um die Schalker Angst und Bange werden konnte.

Doch oh Wunder, die Spieler des S04 besannen sich auf ihre grundlegenden Tugenden und hielten dagegen, je länger die Partie dauerte. Sidney Sam gab nach einer knappen halben Stunde einen ersten Warnschuss auf das Tor von Manuel Neuer ab und bis zur Halbzeit erarbeiteten sich die Schalker weitere Chancen.

Hatte Xabi Alonso noch in der Anfangszeit glanzvoll Regie geführt bei den Münchenern, so verlor sich seine Wirkung nach dem Pausentee immer mehr gegen die nun gleichwertig auftretenden Blau-Weißen. Zwar behielten die Bayern ihre Feldüberlegenheit, doch konnten sie daraus kein Kapital mehr schlagen.

Im Gegenteil, der aufopferungsvolle Kampf der Mannschaft von Trainer Jens Keller führte zu einem über weite Strecken der zweiten Halbzeit sehr ausgeglichenen Spiel. So war denn auch der Ausgleich durch den überragenden Weltmeister und S04-Kapitän Benny Höwedes keineswegs unverdient.

Die Bayern vergaßen schlichtweg, aus ihrem Ballgeschiebe mehr zu machen. Neuzugang Lewandowski hing nach erfolgreicher Anfangsphase nur noch in der Luft, und auch WM-Sieger Thomas Müller tauchte fast völlig unter. Es schien so, als wäre sich die Guardiola-Truppe aufgrund des frühen Tores einfach zu sicher, mit möglichst wenig Aufwand wieder die Punkte aus Gelsenkirchen mitnehmen zu können.

Schließlich musste sogar Manuel Neuer, sonst eigentlich von seinen bisherigen Gastspielen in der Arena an eher ruhige Zeiten gewöhnt, Kopf und Kragen riskieren und den bei der Weltmeisterschaft erprobten Libero spielen. Hätte Kaan Ayhan besser gezielt, wäre dieser Ausflug wohl desaströs geendet.

Am Ende des Tages mussten selbst neutrale Beobachter anerkennen, dass sich die Schalker diesen Punkt redlich verdient hatten. Auch eine Schlußoffensive der Bayern in der Nachspielzeit vermochte dies nicht mehr zu ändern.

Oder anders formuliert:


Die Schalker sind in der Bundesliga das, was Argentinien bei der WM war.

Gruppentaktisch teilweise arg unsauber und unpassend, aber den Gegner herunterziehend, einen unangenehmen Rhythmus erzeugend und mit einigen herausragenden Spielern ausgestattet.

Insbesondere der ungute Rhythmus zeigte sich in der zweiten Halbzeit, wo die eigentlich starken Bayern dann Probleme erhielten.

Zitat aus der Spielanalyse auf Spielverlagerung.de

Bezahlen mussten die Gelsenkirchener diesen Erfolg allerdings mit einer Reihe neuer Verletzter. Neben Huntelaar, Boateng, Farfan und Goretzka, die aus verschiedenen Gründen nicht zur Verfügung standen, erwischte es nun auch noch Jan Kirchhoff, Felipe Santana und Kaan Ayhan, die alle im Verlauf der Partie ausscheiden mussten.

Während Ayhan wohl nach der Länderspielpause wieder dabei sein wird, fällt Santana mit einem Muskelbündelriss sechs Wochen aus und auch Kirchhoff droht eine längere Pause. Ausgerechnet die Bayern-Leihgabe erwischte es erneut, hatte Kirchhoff doch nach einer sehr langwierigen Auszeit in der vergangenen Saison erst gerade wieder auf dem Platz gestanden. So viel Verletzungspech kann man schon fast tragisch nennen.

Auch Keeper Ralf Fährmann musste zwischenzeitlich nach einem aus nächster Nähe mit dem Kopf abgewehrten Bayern-Schuss am rechten Ohr behandelt werden, doch auch bei ihm stehen die Aussichten wohl ganz gut, nach den Länderspielen wieder zwischen den Pfosten stehen zu können.

Es war ein harter Fight, den die Schalker dem Rekordmeister da in der Veltins-Arena geliefert haben. Zur grenzenlosen Erleichterung der Fans und auch von Trainer Jens Keller endete er mit einem vorher eher kaum für möglich gehaltenen Punktgewinn.

Damit hat der S04 ein eindeutiges Lebenszeichen von sich gegeben, mit dem ich (und wahrscheinlich auch viele andere Fans) in dieser Form nicht wirklich gerechnet hatte. Es nährt die Hoffnung, dass die Mannschaft sich nach den beiden Auftaktpleiten nun endlich gefangen hat, und auch in den nächsten Spielen besseren und erfolgreicheren Fußball spielen will und wird.

Bleibt zudem noch die Hoffnung, dass die nun anstehende Länderspielpause genutzt werden kann, möglichst viele verletzte Spieler wieder auf den Trainingsplatz zu bringen, um wieder mehr Alternativen zu haben. Dann wird sich zeigen, ob Jens Keller und seine Truppe die in sie gesetzten Erwartungen auch erfüllen können.

Ich bin gespannt…