Das eher glanzlose Wachstum des us-amerikanischen Bruttosozialproduktes (BIP) um nur etwa 0,5 Prozent im ersten Quartal 2016 könnte erneut zu Forderungen nach höheren Staatsausgaben führen, um die Wirtschaft noch mehr zu stimulieren.
Eine mögliche Begründung wäre die, dass eine Erhöhung der staatlichen Einkäufe die Produktionskosten nach oben treiben könnte. Im Gegenzug würde dies die Inflation ankurbeln. Solange die Federal Reserve dieser Erhöhung nicht mit einer restriktiven Geldpolitik entgegenzuwirken versucht, könnte der Anstieg der Inflation helfen den realen Zinssatz zu senken.
Ein Grund dafür, dass eine Zentralbank nicht den potenziell inflationären Effekten der Staatsausgaben entgegenwirken will, wäre möglicherweise die Tatsache, dass der Nominalzins bereits längerfristig an der Untergrenze nahe Null „klebt“. Auch wenn die Zentralbank noch nicht an der Nullgrenze angekommen ist, könnte sie sich weigern, eine kontraktive Geldpolitik zu verfolgen, wenn die Wirtschaft zuvor von einer Rezession erfasst wurde.
Niedrigere Kreditkosten könnten den Konsum der Haushalte und die Investitionen der Unternehmen in neue Ausrüstungen und Gebäude antreiben. Dies stellt einen interessanten theoretischen Mechanismus dar, mit dem die Staatsausgaben die Produktion trotz steigender Inflation indirekt erhöhen könnten. Ob dieser Kanal überhaupt so funktioniert, ist empirisch dagegen eine andere Frage. Es geht dabei auch um die allgemeinere Frage, wie die Inflation überhaupt durch die Finanzpolitik beeinflusst wird.
Einige Worte von Milton Friedman
In einer Debatte von vor fast 50 Jahren charakterisierte der Ökonom Milton Friedman den damals aktuellen Stand des volkswirtschaftlichen Verständnisses über die Effekte der Finanzpolitik auf die Inflation: „Zweifellos denke ich, dass es an der Zeit wäre, die übliche Herausforderung an diejenigen auszusprechen, die behaupten, dass fiskalische Effekte wichtig für die Inflation und das Preisniveau wären. Zudem erscheint es mir jetzt als notwendig, dass sie endlich aufstehen und uns einige Nachweise liefern, um die ständig wiederholten Behauptungen in diesem Sinne zu untermauern.“
Bis vor kurzem noch hat sich Friedmans Zitat als leidlich zutreffend erwiesen. Warum aber hatten Ökonomen bisher empirisch wenig über die Auswirkungen der Staatsausgaben auf die Inflation zu sagen? Weiterhelfen kann in dieser Frage ein kürzlich veröffentlichtes Papier von William Dupor und Co-Autor Rong Li von der Renmin University of China.
Es bestehen zwei hohe Hürden, die bisher nur ein paar Studien überwinden konnten, um diese Frage beantworten zu können:
• Die Suche nach Episoden, in denen man sicher sein kann, dass die Zentralbank nicht gegen die potenziell inflationären Effekte der Fiskalpolitik gearbeitet hat
• Die Erforschung von exogenen Veränderungen der Staatsausgaben im Zeitablauf, um so genannte natürliche Experimente zu konstruieren, mit denen man die Wirkung der Ausgaben auf die Inflation beurteilen kann
Dupor und Li überwanden die erste Hürde, indem sie die USA zwischen 1959 und 1979 untersuchten, als die Fed eine Politik der Anpassung an die Inflationssteigerungen verfolgte. Die zweite Herausforderung meisterten sie, indem sie eine Vielzahl von Verfahren verwendeten, mit denen Ökonomen zuvor exogene Veränderungen der Staatsausgaben isolieren konnten.
Wenig bis keine Auswirkung auf die Inflation
Alles in allem fanden sie fast keine Auswirkungen der Staatsausgaben auf die Inflation. Zum Beispiel stellten sie anhand ihrer Benchmark-Spezifikation fest, dass eine 10-prozentige Erhöhung der Staatsausgaben zu einem Rückgang der Inflation um 8 Basis-punkte geführt hatte. Darüber hinaus war der Effekt ansonsten statistisch nicht von Null zu unterscheiden.
Bedeutet diese Erkenntnis nun, dass antizyklische Staatsausgaben generell zur Produktionssteigerung unwirksam sind? Nicht unbedingt. Diese Studie zeigt einfach, dass der Inflations-Kanal der Staatsausgaben keinen besonders empirisch wichtigen Weg darstellt, um die Auswirkungen dieser Ausgaben auf die Wirtschaft zu beeinflussen.
(Eigene Übersetzung eines Blogbeitrages des amerikanischen Ökonomen William Dupor, Vize-Präsident der Abteilung Wirtschaftsforschung der Federal Reserve Bank von St. Louis)