Na toll, da versuchte ich in meinem letzten Beitrag über die Königsblauen alles, um die positive Entwicklung unter Trainer Andrè Breitenreiter zu beschreiben, und die Spieler hatten daraufhin offenbar nichts Besseres zu tun, als mich nach Kräften wiederlegen zu wollen.
Es folgte nämlich ein unterirdisches Spiel gegen Schachtjor Donezk, die 0:3-Niederlage bedeutete nicht nur das Aus in der Europa League, es war zudem eine Demütigung im eigenen Stadion und ein zumindest zeitweiliger Rückfall in vergessen geglaubte Zeiten.
Denn in dieser Begegnung war nur wirklich nichts von einem System Breitenreiter zu erkennen, vor allem die Art, wie man sich letztlich den Ukrainern fast widerstandslos ergab, erinnerte eher an die unselige Phase unter Roberto Di Matteo gegen Ende der vergangenen Saison.
Allerdings begünstigte das Schalker Pech und Unvermögen die Donezker schon erheblich. Schließlich landete der Ball nach dem frühen Freistoß von Johannes Geis nicht etwa im Netz, sondern sprang vom Innenpfosten wieder zurück ins Feld. Ebenso hatte Younes Belhanda kurz darauf eine weitere Riesenchance, ehe Joel Matip sich einen seiner immer rarer werdenden schwarzen Tage gestattete und zwei der drei Treffer der Ukrainer mit anfängerhaften Fehlern vorbereitete.
Trotzdem alles gegen die Schalker lief, war es vor allem der Mangel an professioneller Einstellung im weiteren Verlauf des Spiels, der den Zuschauern im Stadion besonders sauer aufstieß und so nicht akzeptabel sein darf. Die Enttäuschung rund um den Schalker Markt war dementsprechend groß, hatte man sich doch auch das eigentlich trügerische 0:0 aus dem Hinspiel aufgrund der eigenen Leistung als gute Ausgangsposition schön geredet.
Letztlich aber zeigte Schachtjor Donezk den Blauen die derzeitigen Grenzen auf, der Knappenverein aus dem Kohlerevier Donbass erwies sich als der unangenehme Gegner mit internationaler Klasse, vor dem man seit der Auslosung doch immer ein wenig Bammel gehabt hatte. Defensiv (im Rückspiel) deutlich gefestigter als erwartet, nach vorn dank der beiden Brasilianer Taison und Marlos sowie Talent Wiktor Kowalenko schnell und torgefährlich. Es hätte einer Schalker Elf in Höchstform bedurft, um diesen Gegner aus dem Rennen zu werfen.
Wie sehr das Ausscheiden in der Europa-Liga Trainer und Spieler getroffen hatte, zeigte sich rasch auch in der Bundesliga. Beim Gastspiel in Frankfurt gab Breitenreiter die Devise aus „Bloß nicht verlieren“! Ohne Offensivkräfte auf den Flügeln ging es nur darum, nach Möglichkeit einen Punkt mitzunehmen. Im Nachhinein muss man dieses grausame Spiel allerdings sogar noch als wegweisend bezeichnen, vermied man es doch, mit einer erneuten Niederlage aus dem zwischenzeitlichen Dämpfer eine richtige Krise zu machen.
Wie üblich für Schalke war man auch schnell wieder dabei, den Trainer generell in Frage zu stellen, wenn es denn mal nicht so richtig „läuft“. Flugs entstand so das Gerücht, Neu-Manager Christian Heidel habe schon mal Kontakt mit Gladbachs Ex-Coach Lucien Favre aufgenommen, und Breitenreiter würde den Sommer in Gelsenkirchen eh nicht mehr erleben. Doch Heidel dementierte rasch, und außer einem kleinen Sturm im Wasserglas blieb von diesem Märchen nichts übrig.
Doch die Angst vor einer erneuten Krise war auch vor der Begegnung gegen den Hamburger SV bei vielen Fans vorherrschend. Nicht nur ich rieb mir daher ziemlich verwundert die Augen, als die angeblich verunsicherte Mannschaft ein Offensiv-Feuerwerk abbrannte. Und das, obwohl die Hanseaten bereits nach vier Minuten durch ein Abstimmungsproblem zwischen Roman Neustädter und Ralf Fährmann in Führung gingen.
Die Reaktion der Schalker darauf muss als sensationell bezeichnet werden. Während sich viele schon abwandten und dachten „Nicht schon wieder!“, krempelten die blau-weißen Akteure auf dem Rasen die Ärmel hoch und rissen die Initiative nachdrücklich an sich. Angeführt von Winter-Neuzugang Alessandro Schöpf, der selbst ein Tor erzielte und ein weiteres vorbereitete, schüttelten die Gelsenkirchener den lähmenden Mehltau der aufziehenden Krise mit begeisterndem Offensivspiel ab.
Nach der Gelb-Roten Karte für Hamburgs Johan Djourou und dem sagenhaften Torschussverhältnis von 26:8 stand am Ende ein mehr als verdienter 3:2-Erfolg für den FC Schalke 04, der auch gern noch um das eine oder andere Tor höher hätte ausfallen können. Doch Schiedsrichter Günter Perl verweigerte dem S04 zwei berechtigte Elfmeter, und auch HSV-Keeper Rene Adler machte viele Schalker Chancen zunichte.
Eine besondere Rechnung hatten die Blauen eine Woche später noch mit dem 1. FC Köln und seinem Trainer Peter Stöger offen. Die bittere Niederlage aus dem Hinspiel (0:3) beendete Schalkes erfolgreiche Serie zum Saisonauftakt, und auch in der letzten Spielzeit setzte es zwei Pleiten gegen den damaligen Aufsteiger. Höchste Zeit also, die Verhältnisse zwischen den beiden Clubs mal wieder etwas zurechtzurücken.
Begünstigt durch einen sehr frühen Elfmeter-Treffer von Klaas-Jan Huntelaar lieferten die Schalker ihren Fans erneut ein echtes Spektakel, erzielten noch zwei weitere Tore, hatten dabei auch noch Chancen für zwei, drei weitere, ließen allerdings auch eine Menge Kölner Chancen zu. Doch ein Ralf Fährmann in überragender Form (Achtung, kleiner Hinweis an Yogi Löw: dieses Wunder an Beständigkeit in der Schalker Kiste hätte längst eine Einladung des DFB verdient) entschärfte auch die besten Möglichkeiten der Rheinländer souverän.
Gegen eine starke Kölner Mannschaft gewann eine noch stärkere Schalker Elf verdient mit 3:1 in einem Spiel, welches unter den Betrachtern „Schnappatmung“ hervorrief, wie es Sky-Kommentator Marcus Lindemann zutreffend feststellte. Eindrucksvoll fegten die Blau-Weißen jeden Anschein einer Krise von der Wiese, mit sieben Punkten aus den letzten drei Bundesliga-Paarungen steht man nun plötzlich wieder auf Rang 4, nur einen Punkt hinter der Hertha aus Berlin.
Eine Tabellenkonstellation, die natürlich wieder mal Anlass für Spekulationen bietet: nun ist plötzlich die Champions League aufs Neue eine Option, während vor nicht allzu langer Zeit überhaupt noch heftig um die Teilnahme am internationalen Fußball gezittert werden durfte. Doch mit einem Sieg in der Bundeshauptstadt würden die Schalker erstmals seit Oktober wieder einen Tabellenplatz innehaben, der zur direkten Qualifikation zur Königsklasse führen würde.
Doch halt, wollen wir doch nicht wieder der alten Schalker Krankheit, dem Größenwahn nämlich, verfallen. Denn noch ist die „alte Dame“ Hertha morgen nicht besiegt, und es ist damit auch noch gar nicht endgültig abgemacht, ob denn nun die Wankelmütigkeit der Breitenreiter-Elf zudem tatsächlich abgelegt worden ist. Die Voraussetzungen sind aber eigentlich ganz gut, dass sich solche Begegnungen wie gegen Donezk und in Frankfurt (hoffentlich) so schnell nicht wiederholen.