Nach den verschiedenen Auszügen aus seinem Buch folgt nun ein kleiner Überblick als Abschluss:
Der französische Ökonom Thomas Piketty von der Paris School of Economics untersuchte die Entwicklung der Vermögen in den großen Demokratien an den nordatlantischen Küsten über die letzten Jahrhunderte. Er ermittelte dabei fünf markante Fakten:
Anteil der wohlhabendsten 1% am Gesamteinkommen der Bevölkerung in den USA vor den Wirtschaftskrisen
• Erstens, der Besitz von privatem Reichtum – mit all seiner Macht, über Ressourcen zu verfügen, zu diktieren, wo und wie Menschen zu funktionieren haben, sowie die Politik zu formen – war immer und stets hoch konzentriert.
• Zweitens, vor 150 Jahren – vor sechs Generationen – betrug das Verhältnis sämtlicher Privatvermögen eines Landes zu den gesamten Jahreseinkommen der Bevölkerung etwa den Faktor Sechs zu Eins.
• Drittens, vor 50 Jahren – vor zwei Generationen – war dieser Kapital-Einkommens-Schlüssel auf Drei gesunken.
• Viertens, über die letzten zwei Generationen ist das Kapital-Einkommens-Verhältnis wieder rasant gestiegen.
• Fünftens ist der Strom der Einkommen an die Besitzer der Dollar-Vermögen zumeist nicht gestiegen, wenn das Kapital relativ knapp war, trotzdem erreichte es eine typische Nettoprofitrate von etwa 5% pro Jahr von Generation zu Generation.
…Ungleichheit ist ein Faktor, der dazu führt, dass enorme Investitionen von Ressourcen viel zu wenig endgültige Werte im Sinne des menschlichen Wohlbefindens und der menschlichen Zufriedenheit hervorbringen.
Piketty fragte sich, was diese Tatsachen für die weitere Entwicklung der großen nordatlantischen Ökonomien im 21. Jahrhundert bedeuten würden. Und so schrieb er ein großes Buch, Das Kapital im 21. Jahrhundert, welches 2014 veröffentlicht wurde.
Das überraschend zum Bestseller avancierte Werk vertritt eine zentrale These:
Noch vor zwei Generationen waren die vier großen Volkswirtschaften am Nordatlantik allesamt stabile soziale Demokratien und aus der historischer Perspektive betrachtet zumindest für die einheimischen weißen Einwohner relativ egalitäre Gemeinschaften.
Die politische Teilhabe reichte weit in die gesamte Bevölkerung hinein, der Anspruch der Wohlhabenden an der Ausrichtung von Politik und Wirtschaftsstrukturen war nicht neutralisiert, wurde aber in Grenzen gehalten.
Dabei handelte es sich um die Nordatlantik-Ökonomie, in der wir aufgewachsen sind und die so wie wir sie kennen erst vor einer Generation entstanden ist. Nach Piketty war das aber nur eine instabile historische Anomalie, die nun vorübergeht.
Piketty geht in seinem Buch davon aus, dass die steigenden Trends der Ungleichheit, die wir in der letzten Generation gesehen haben und auch heute feststellen müssen, schlicht normale Muster einer ungleichen Einkommensverteilung und dominanten Plutokratie in einer Industriemarktwirtschaft darstellen, in der das Produktivitätswachstum nur noch zu Stagnation oder minimaler Zunahme neigt.
(Eigene Übersetzung eines Ausschnitts aus einem Blogbeitrag des amerikanischen Ökonomen Bradford DeLong)