FC Schalke 04: Auf einem guten Weg

3:2 bei der Saisoneröffnung gegen Bilbao, sowie ein 3:1 gegen den AC Florenz und ein 2:1 gegen Bologna während des Trainingslagers in Mittersill (Österreich).

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Auch im Urlaub an der Nordsee war der S04 immer dabei!

Drei Erfolge über starke Gegner zum Ende der langen Vorbereitung auf die neue Saison. Auch wenn man jetzt nicht vor Euphorie überschäumen will, so deutet doch alles darauf hin, dass es bisher ganz gut läuft bei Schalke 04.

Selbst der Urlaub in Greetsiel konnte mich nicht davon abhalten, so aufmerksam wie möglich die Testphase meines Vereins in diesem Sommer zu verfolgen. So konnte ich zwar die Begegnung gegen den italienischen Erstligisten FC Bologna nicht miterleben, doch pünktlich nach meiner Rückkehr von der Nordsee wurden die Spiele gegen Florenz und als Höhepunkt und Abschluss der Vorbereitung gegen Athletic Bilbao live auf Sport1 gezeigt.

Beide Male lieferte der FC Schalke solide Auftritte mit zwischenzeitlichen Highlights, sowohl defensiver als auch offensiver Natur. Während die Abwehr rund um Neuzugang Naldo und dem wieder genesenen Matija Nastasic einen größtenteils stabilen Eindruck hinterließ und Keeper Ralf Fährmann eine beeindruckende Frühform zeigte, ragte aus einer guten Offensive vor allem Eric Maxim Choupo-Moting heraus, der mit erheblicher Spielfreude seine Gegner von einer Verlegenheit in die andere stürzte.

Auch Routinier Klaas-Jan Huntelaar, dem ja lange Rückkehrgelüste in seine Heimat zu Ajax Amsterdam nachgesagt wurden, präsentierte sich torhungrig und angriffsfreudig, ja selbst Franco Di Santo wirkte nach seiner missglückten ersten Saison in Gelsenkirchen so, als wolle er seine blau-weiße Zeit keinesfalls vorzeitig als Misserfolg abschließen.

Etwas langsamer ließ es Breel Embolo angehen, der teuerste Schalker Transfer aller Zeiten blieb nach vorne noch einiges schuldig, doch sehr erstaunt war ich von seiner fleißigen Defensivarbeit auf der rechten Seite. Das hatte ich ehrlich gesagt so von ihm nicht erwartet, ganz im Gegenteil war meine Befürchtung groß, er würde als sogenannter „Star-Stürmer“ eine ganz andere Spielweise präsentieren.

Doch offensichtlich konnte ihn Trainer Markus Weinzierl bereits jetzt ganz gut in die Mannschaft integrieren, und der Schweizer Internationale übernahm diese Rolle auch offenbar klaglos. Apropos neuer Trainer: auch seine Arbeit hat mich sehr überzeugt, sowohl auf und neben dem Platz. So geräuschlos und geradezu unaufgeregt hat sich meiner Ansicht nach schon lange kein Übungsleiter mehr in diesen Verein eingefügt.

Ganz anders dagegen das Auftreten von Neu-Sportvorstand Christian Heidel, allerdings erscheinen seine Wortmeldungen wohl durchdacht und zielführend, was auf Schalke-Fans aufgrund der bewegten Vergangenheit des Clubs in dieser Hinsicht durchaus immer noch irritierend wirken kann. Und das Neuzugänge geholt werden, deren Namen nicht schon Tage vorher durch sämtliche Presseorgane getragen werden, ist auch etwas völlig neues in Gelsenkirchen.

Ob Naldo, Embolo, Coke oder Abdul Baba, all diesen Transfer liegt das gleiche Prinzip zugrunde: offenbar kennt nur ein kleiner Teil des Vereins die echten Internas, und die Presse tappt mangels wirklicher Informanten nur im Dunkeln. Keine schlechte Strategie und bisher auch beeindruckend erfolgreich.

Schade nur, dass sich mit dem spanischen Europa-League-Sieger Coke der vielversprechendste dieser Neuzugänge gleich im ersten Testspiel so schwer verletzte, dass er wohl auf Monate hinaus ausfallen wird. Denn wer als Kapitän des FC Sevilla dreimal hintereinander den ehemaligen UEFA-Pokal gewinnt und im diesjährigen Finale dieses Wettbewerbs gegen Jürgen Klopps FC Liverpool zwei Buden macht, kann einfach kein Schlechter sein.

Fünf Jahre in der spanischen Primera Divison, insgesamt 37 Spiele auf europäischer Ebene (zum Vergleich: beim S04 haben nur Gerald Asamoah und Klaas-Jan Huntelaar mehr Begegnungen im Europapokal bestritten, während sich Benedikt Höwedes und Marcelo Bordon Rang drei mit jeweils 36 Einsätzen teilen) bedeuten zudem jede Menge Erfahrung auf höchstem Niveau.

Nun, aufgeschoben ist nicht aufgehoben, und ich hoffe, dass wir an Coke nach der Ausheilung seiner Verletzung noch viel Freude haben werden. Die Voraussetzungen dafür hat Christian Heidel jedenfalls geschaffen. Ebenso freue ich mich auf unsere Leihgabe aus Chelsea, den ghanaischen Linksverteidiger Abdul Rahman Baba. Der hat nämlich in der vorletzten Saison beim FC Augsburg unter seinem damaligen Trainer Markus Weinzierl(!!) auf eben dieser linken Seite einen solchen Rabatz veranstaltet, dass seine Verpflichtung dem englischen Premier-League-Club aus London immerhin 20 Mill. Euro wert war.

Die hypothetische, durch den Ausfall des Spaniers allerdings vorerst gesprengte neue Abwehrreihe Coke, Naldo, Höwedes/Nastasic, Baba zeigt aber auch im Vergleich zur letztjährigen Formation Caicara/Riether, Neustädter, Matip, Aogo/Kolasinac sehr konsequent an, wie sich Manager Heidel Problemlösungen vorstellt. Die Schalker Abwehr hatte in der vergangenen Saison zu viele Gegentore kassiert, also musste etwas unternommen werden. Und Heidel handelte…

Doch noch sind alle wahrgenommenen Aufgabenstellungen hinsichtlich des Kaders offenbar nicht gelöst, ein neuer „Sechser“ soll noch kommen, ebenso ein Ersatz für Leroy Sanè auf der rechten Seite. Und wie bisher ist Heidel in diesen Angelegenheiten anscheinend sehr aktiv, während die Presse wieder wild spekuliert. Andere Medien dementieren zeitgleich fleißig. Spannend… 😉

Auch auf anderen Ebenen zeigte Schalkes neuer Sportvorstand erstaunliche Aktivitäten: ein halbes Dutzend Trainer teilen sich ein Büro, Taktikbesprechungen fanden auf Barhockern statt, die Physiotherapeuten hockten in Garagen? Alles Gründe für Christian Heidel, auf Schalke vieles umzukrempeln. Kurzfristig wurde dafür gleich der Neubau eines ganzes Gebäudes in die Wege geleitet, um „professionelleren Ansprüchen“ gerecht werden zu können. Fragt sich nur, warum sein Vorgänger Horst Heldt diese Mängel nicht erkannte oder erkennen wollte?

Nun also geht es endlich wieder los, wenn auch erst einmal nur mit einem Pokalspiel morgen gegen den sechstklassigen FC Villingen in Freiburg. Trotzdem sehne ich das Ende dieser schier unendlichen Sommerpause herbei. Drei Monate waren trotz Europameisterschaft und Olympia (bei der sich übrigens die kurzfristig zusammengestellte deutsche Kickertruppe um einen gut aufgelegten Kapitän Max Meyer überraschend souverän ins Finale gespielt hat) einfach viel zu lang.

Apropos Sommerpause bzw. -loch: Kopfschütteln erzeugte gestern eine Pressemeldung über den ehemaligen Schalker Kevin-Prince Boateng. Er habe „seinen Stempel dem S04 ganz fett aufgedrückt“, und vor allem „Es ist der größte Stempel, den je ein Profi bei Schalke hinterlassen hat – ob es positiv oder negativ ist.“

Au weia Prince, schon mal etwas vom Schalker Kreisel um Szepan und Kuzorra, von der 72er-Mannschaft mit Legenden wie Libuda, Fichtel, Rüssmann, Fischer oder Abramczik, von den Eurofightern um Kampfschwein Marc Wilmots und Olaf Thon oder auch nur von einem gewissen Spanier mit Namen Raul gehört? Oder negativ vom FC Meineid und dem Fastabstieg in die Drittklassigkeit 1989? Von den Meistern der Herzen 2001? Nee, mein lieber Kevin-Prince, da taucht dein Name noch lange nicht auf und wird in ein paar Jahr höchstens noch als ein eher mittelmäßiges und nur kurzfristiges Versehen in Erinnerung bleiben.

Das einzige, was dieses Interview wirklich offenbarte, sind die Gründe, warum Kevin-Prince Boateng nie einen solchen Status wie die oben genannten Spieler erreichen wird: denn dem stehen Selbstüberschätzung und vor allem sein übergroßes Ego eindeutig entgegen.