Eine unglaubliche Aufholjagd bringt den L. A. Dodgers den vierten National-League-West-Titel in Folge

Wahrscheinlich zum ersten Mal seit dem letzten World-Series-Kader der Los Angeles Dodgers von 1988 hatte Vin Scully mit der 2016er Ausgabe dieser Mannschaft, die sich am letzten Sonntag zum vierten Mal in Folge den Divisions-Titel der NL West sicherte, einen unwahrscheinlicheren Tabellenführer kommentiert.

Vin Scully in booth
Der legendäre Sportreporter Vin Scully in seiner
Komentatoren-Box im Dodger Stadium in Los Angeles

Die Dodgers erreichten diese Mission mit einer noch nie da gewesenen Anzahl von 32 Verletzten während der laufenden Saison, darunter fast die gesamte Starting Rotation. Clayton Kershaw fiel für nahezu 2 1/2 Monate aus und Hyun-Jin Ryu, Brett Anderson, Brandon McCarthy und Alex Wood fehlten noch weitaus länger.

Als Kershaw Ende Juni verletzt ausschied, lagen die Südkalifornier in der Tabelle acht Spiele hinter ihren ewigen Rivalen, den San Francisco Giants zurück. „Offensichtlich sah es damals ziemlich düster aus, acht Spiele waren schon eine ganze Menge, doch die Art und Weise, wie das Team auf all diese Verletzungen reagierte, und die Konsistenz der Positionsspieler wurden leicht übersehen“, so Kershaw.

Trotz aller Ausfälle aber sind die Dodgers in diesem Jahr bemerkenswert konsistent geblieben. Sie hatten nur einen Monat mit mehr Niederlagen als Siegen (12-13 im April) und waren am Ende richtig stark (16-6 bisher im September). Sie lagen noch 5 1/2 Spiele nach der All-Star-Game-Pause am 15. Juli zurück und erkämpften sich Platz Eins am 21. August.

Was noch zählte: die Dodgers gewannen 42-28 Spiele in ihrer eigenen eher schwachen Division und dominierten mit 53-28 zu Hause. Und die Giants brachen fürchterlich ein. Bis zum 26. Juni lautete ihre Bilanz 49-28 Siege, danach nur noch 33-46.

Im Endergebnis sind damit die Dodgers die erste Mannschaft in der Geschichte der NL West, die den Titel in vier aufeinander folgenden Spielzeiten gewinnen konnte, wobei sie jedes Jahr mindestens 90 Siege einfuhren. Das letzte MLB-Team, welches vier Divisions-Titel in Folge erreichen konnte, waren die Detroit Tigers (2011-14, AL Central) und der letzte NL-Club die Philadelphia Phillies, die die NL East in fünf aufeinander folgenden Saisons 2007-11 gewannen.

Manager Dave Roberts tat es Tommy Lasorda (1977) gleich, der ebenfalls als bisher einziger Rookie-Manager die Los Angeles Dodgers zu einem Divisions-Titel führen konnte, während der Präsident für Baseball-Operationen Andrew Friedman und General Manager Farhan Zaidi ihren zweiten NL-West-Erfolg mit dem Club in ebenso vielen Jahren einheimsen konnten.

„Ich glaube wirklich, dass der Wendepunkt ein paar Tage nach Kershaws Verletzung eintrat“, sagte Zaidi. „Wir verloren den vielleicht besten Spieler im Baseball, da war es klar, dass wir uns einige Zeit bemitleideten und mit uns selbst beschäftigt waren. Doch dann tritt der Moment ein, wie du auf diesen Ausfall reagieren wirst. Wir haben keine Fehler gemacht, und ihn in den letzten paar Wochen wieder dabeizuhaben, hat uns noch einmal einen enormen Anschub gegeben.“

Friedman stellte Roberts einen großen und konkurrenzfähigen Kader zur Verfügung, und dessen geschickter Umgang damit dürfte ihn zu einem festen Kandidaten für den Manager des Jahres gemacht haben.

Roberts führte ein Team an, welches sich nicht durch eigene Fehler irritieren ließ, eines, das die Routinespielzüge zuverlässig ausführte und gelegentlich auch die spektakulären Aktionen sicher handhabte. Seit dem Spring-Training betonte er, hart bis zum Ende spielen lassen zu wollen und 45 Comeback-Siege stellten das Ergebnis dieser Politik dar.

„Am meisten bin ich daher damit zufrieden, dass wir keine Entschuldigungen und Ausreden gesucht und zugelassen und stattdessen bis zum Ende durchgehalten haben“, sagte Roberts. „Wir hatten keine einfache Gruppe von Spielern bekommen. Im Leben und im Sport gilt es immer über die Rechenschaftspflichten und die Gründe dafür zu reden, warum man keinen Erfolg hatte, doch unsere Jungs waren nicht so aufgestellt und ich denke, das ist es, was letztlich den Unterschied ausgemacht hat.“ Trotzdem, so Roberts weiter, habe das Team einige Zeit benötigt, um mit der richtigen Mentalität gewinnen zu können. Diese Einstellung sei nicht von Beginn an vorhanden gewesen.

„Es hat eine ständige Kommunikation aus dem Trainerstab benötigt und jede Menge Überzeugungskraft. Doch die Spieler haben uns das dann auch so abgenommen. Trotzdem waren die Dinge das ganze Jahr über immer in der Entwicklung.“

Die Dodgers eröffnen die Best-of-five National League Division Series am Freitag, den 7. Oktober gegen die Washington Nationals, die Sieger der NL East, die momentan noch einen Vorsprung von 1 1/2 Spielen auf die Dodgers und damit den Heimvorteil in diesem Aufeinandertreffen halten.

Zusammen mit den zahlreichen Verletzungen hatten die Dodgers mit den abnehmenden Leistungen von Carl Crawford und Alex Guerrero zu tun, die beide freigestellt wurden; dem Mangel an Disziplin von Yasiel Puig, der sich im September nach einer August-Herabstufung in die Minor Leagues wieder beweisen sollte; und ein Mangel an offensiver Produktion in der ersten Saisonhälfte, als unter anderem Justin Turner und Yasmani Grandal nur langsam nach Operationen in der Offseason zu ihrer Form fanden.

Adrian Gonzalez ist nicht mehr so dominant wie in den Jahren zuvor, aber immer noch gut für eine weitere 90-plus RBI Saison. Joc Pederson dagegen folgte Grandal, Turner und Rookie Corey Seager mit mindestens 24 Homeruns. Der lieferte auch aufgrund seiner sonstigen Leistungen höchstwahrscheinlich eine Rookie-of-the-Year Saison ab und dürfte sogar als MVP der National League im Gespräch sein.

Doch die Dodgers lebten auch von wichtigen Beiträgen anderer Rookies wie Julio Urias, Grant Dayton, Ross Stripling, Brock Stewart, Andrew Toles, Rob Segedin und Josh Ravin.

„Unglaublich, dass so viele junge Spieler ihr Debüt gaben und dabei so überzeugend auftraten“, sagte Zaidi. „Ich habe über die Jahre gesehen, wie schwer es für junge Spieler ist, aufzusteigen und ihren Weg zu gehen, daher ist es schon sehr erstaunlich, dass es in dieser Saison so viele Jungs geschafft haben.“

Kenley Jansen hatte im letzten Jahr seines Vertrages seine wohl beste Saison als Closer, und der 35-jährige Setup-Man Joe Blanton setzte die x-te Renaissance seiner Karriere damit fort, einen hervorragenden und uneigennützigen Bullpen anzuführen, der immer wieder Spiele rettete, in denen die Starter den Mound früh verlassen mussten. Ein Vereinsrekord für Einsätze und absolvierte Innings der Reliever war das Ergebnis dieser außerordentlichen Leistungen.

Der Japaner Kenta Maeda erwies sich in seinem ersten Jahr in den Majors mit bisher 16 Siegen als das unerschütterliche „Workhorse“ der Rotation, und das obwohl bei der medizinischen Untersuchung vor der Saison Schwächen am Wurfarm festgestellt worden waren. Die beiden Veteranen Chase Utley und Howie Kendrick, die nach ihren Vertragsverlängerungen keineswegs als gesetzt angesehen werden konnten, etablierten sich erneut als wichtige Akteure an der Second Base bzw. im Outfield und trugen ihren Anteil zum Erfolg bei.

Nun also geht es wieder in den Oktober, den legendären Monat der Baseball-Playoffs. Übrigens ohne Vin Scully, der ausgerechnet mit dem 4:3-Sieg der Dodgers über die Colorado Rockies, durch den sich die Südkalifornier vorzeitig für die Saison-Verlängerung qualifizierten, das letzte Heimspiel seiner langen Karriere als Sportreporter kommentierte.

Kein vertrautes „It’s Time for Dodger Baseball!“ mehr oder hintergründige Statements über die duale Philosophie der ewigen Dodgers-Giants-Rivalität. Genieße deinen Ruhestand, Vin, doch du wirst uns fehlen…