Nach Ansicht der meisten Chronologen begann die weltweite Finanzkrise im Juli 2007, als die BNP Paribas Auszahlungen aus zweien ihrer Fonds einstellte, das moderne Äquivalent einer Bank, die ihre Türen verriegelte.
Der „Nobel“-Preisträger Paul Krugman während einer
Pressekonferenz 2008 in Stockholm
Zu Beginn des Jahres 2008 hatte sich die finanzielle Panik zu einer globalen Rezession entwickelt; nach dem Ende von Lehman im September desselben Jahres geriet sie in einen freien Fall. Und diese Nachbeben wirken noch nach bis heute: obwohl die schlimmsten direkten Folgen bereits Mitte 2009 endeten, war das Wirtschaftswachstum danach im Allgemeinen geringer als vor der Krise, so dass die Weltwirtschaft bisher nie den verlorenen Boden wiedergutmachen konnte.
An diesem Punkt sprechen wir jetzt über eine 8- oder 9-jährige Episode, die nun schon länger anhält als die berühmte Ära der Stagflation in den 1970er und frühen 1980er Jahren. Die Kosten der Krise selbst und des Einbruchs nach der Krise waren auch viel größer als die während der Phase der Stagflation, mit tieferen und längeren Einschnitten bei den Einkommen, höherer Arbeitslosigkeit, mehr sozialen und politischen Erschütterungen.
Doch für die älteren von uns, also alle die alt genug sind, um in den 70er Jahren sich bereits mit der Ökonomie beschäftigt zu haben, gibt es da noch eine interessante Frage. Die Stagflation hatte damals einen enorm großen Einfluss auf das wirtschaftliche Denken, sowohl auf der Ebene der akademischen Forschung als auch der herrschenden Ansicht der politischen Entscheidungsträger.
Die globale Finanzkrise und die darauf folgende Rezession/Stagnation scheinen dagegen viel geringere Auswirkungen gehabt zu haben. In einem bemerkenswerten Umfang sagen die Ökonomen und Wirtschaftspolitiker im Jahr 2016 immer noch die gleichen Dinge, die sie bereits 2007 erzählt haben. Aus irgendwelchen Gründen scheint es keinen klaren Konsens darüber zu geben, welche Lehren wir aus den Jahren dieser furchtbaren ökonomischen Entwicklung ziehen sollten.
Doch ich würde dagegen behaupten, dass diese Krise durchaus einige sehr wichtige Lektionen für diejenigen bereit hält, die sie sehen wollen, und diese Lektionen stellen die Basis meines Vortrags dar.
Ich war durchaus versucht, als ich begann, meine Gedanken dafür niederzuschreiben, einfach eine Checkliste der Dinge zu präsentieren, die wir gelernt haben oder haben sollten seit 2007. Es schien mir aber hilfreicher, etwas mehr Struktur in diese Diskussion zu bringen, und daher endete ich bei drei Hauptkategorien von Punkten, die wir aufgrund der Ereignisse der letzten 9 Jahre eigentlich herausgefunden haben sollten.
Erstens haben wir eine Menge an Rehabilitierung alter und unmoderner Ideen erlebt – Oldies but Goodies, die in den Jahrzehnten nach den 1970er Jahren als falsch angesehen und in einigen Fällen effektiv boykottiert wurden, sich nun aber wieder als bemerkenswert nützliche praktische Leitfäden für die Politik und ihre Auswirkungen in der Welt nach der Krise erwiesen haben.
Zweitens gibt es einige Enthüllungen über die Finanzmärkte, vor allem über die Rolle der Liquidität und das Versagen der Arbitrage in dem Moment, als sie am meisten gebraucht wurde, die auf jeden Fall meine Sicht der Dinge verändert und zudem wichtige politische Bedeutung haben.
Drittens haben wir einige wichtige und unangenehme Entdeckungen über die Politik und die Wissenschaft der Ökonomie selbst gemacht – über den Widerstand sowohl der Wirtschaftswissenschaftler als auch der Staatsfunktionäre ihre Ansichten angesichts gegenteiliger Informationen zu ändern.
Wie Sie vielleicht erwarten, werde ich diesen Vortrag mit einem Plädoyer schließen, wie man es besser machen könnte. Doch zuvor sollten wir uns anschauen, was wirklich passiert ist, was wir erwartet hatten und was wir aus dieser Differenz von Erwartungen und Realität lernen könnten.