Blick in die USA: Die Öffentlichkeit ist der irrigen Ansicht, dass sie eine geringe Inflation besonders mögen würde

Umfragen zeigen, dass die Öffentlichkeit offenbar der Ansicht ist, eine niedrige Inflation wäre besonders positiv. Aber das stimmt so einfach dann doch nicht.

Der Glaube, eine niedrige Inflation sei gut ist eine logische Folge der Fixierung auf Preisveränderungen, was allerdings tatsächlich fast immer eher eine schlechte Idee darstellt. So sollten wir sehr skeptisch sein, wenn die Öffentlichkeit behauptet, eine geringe Inflation besonders zu lieben.

Tatsächlich gilt das nur, wenn diese niedrige Inflation über ein gleichzeitig ansteigendes Gesamtangebot generiert wird. Im Gegensatz dazu hasst die öffentliche Meinung eine geringe Inflation geradezu, wenn sie durch eine sinkende aggregierte Nachfrage (wie beispielsweise mittels einer gestrafften Geldpolitik) hervorgerufen wird.

Obiges Diagramm zeigt die Ergebnisse verschiedener Meinungsumfragen in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung in den USA.

Wie man erkennen kann, sank die positive Sicht der Öffentlichkeit auf die Wirtschaft im ersten Halbjahr 2008 stark, da mit der Finanzkrise ein nachteiliger Angebotsschock die Inflation ansteigen ließ. Doch Anfang 2009 war die Inflation auf etwa Null gefallen, den niedrigsten Wert seit 1955. Und trotzdem stürzte das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wirtschaft weiter ab auf ein extrem geringes Niveau.

Manche würden nun einwenden, dass bei dieser Argumentation andere Faktoren unberücksichtigt bleiben – denn auch die Arbeitslosigkeit hatte sich im Frühjahr 2009 stark erhöht. Das ist zwar richtig, doch die Erwerbslosigkeit stieg ja gerade deshalb so heftig, weil die strikte Geldpolitik die Inflation auf Null gesetzt hatte. (Das wäre in etwa so, als würde man sagen, dass jemand nichts dagegen hätte, aus dem 100. Stock eines Gebäuden zu stürzen, aber nicht auf dem Boden aufschlagen wolle) Die Öffentlichkeit kann behaupten, eine niedrige Inflation zu mögen, aber dann verhielte sie sich so, als ob sie eigentlich eine niedrige Arbeitslosigkeit meint.

Die obige Grafik spiegelt das reale BIP-Wachstum und die Entwicklung der Arbeitslosenquote weitaus genauer wieder als die Inflationsrate. Das Wachstum sank und die Arbeitslosigkeit stieg in 2008 und Anfang 2009, als die Meinung der Öffentlichkeit zur wirtschaftlichen Entwicklung immer negativer wurde.

Dann hat sie sich allmählich verbessert, als die Erwerbslosigkeit zurückging und die Wirtschaft sich erholte. Im Gegensatz dazu ist die Inflation heute höher als im Jahr 2009. Während sie anstieg, hat sich demnach auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die wirtschaftliche Entwicklung verbessert.

Meiner Ansicht nach gibt es keine „öffentliche Meinung“, wenn es um Inflation geht. Für die Öffentlichkeit bedeutet der Begriff „Inflation“ etwas ganz anderes als das, was er für Ökonomen darstellt. Umfragen wiesen nach, dass 1990 die meisten Amerikaner der Ansicht waren, die Inflation sei höher als 10 Jahre zuvor gewesen (tatsächlich aber war sie von 13% auf 4% gefallen). Möglicherweise haben sie dabei auch nur die „Inflation“ mit den „Lebenshaltungskosten“ verwechselt. In jüngster Zeit stieg die Inflation dann wieder auf 2%, und doch ist das Ansehen der Wirtschaft in der Öffentlichkeit jetzt positiver als in vielen Jahren zuvor.

Wenn ein Zentralbanker eine öffentliche Meinungsumfrage lesen sollte, die zeigt, dass die Menschen gegen eine höhere Inflation opponieren und daraufhin beschließt, die Inflationsrate auf Null zu senken, würden sie eine unangenehme Überraschung erleben. Was auch immer Sie über „öffentliche Meinung“ und Inflation meinen, denken Sie daran, dass die Öffentlichkeit eine Ökonomie mit null Inflation als Folge einer gestrafften Geldpolitik absolut nicht will. Wir haben das im Jahr 2009 gesehen und wir würden es wieder sehen, wenn die Fed plötzlich die Inflation auf Null herunterfahren würde.

Ein Kommentator schrieb dazu vor kurzem:

Ich denke, dass die Öffentlichkeit auch empfindlich reagiert auf die Tatsache, dass das Auftreten steigender Inflation scheinbar vor allem die am meisten gefährdeten trifft. Eben die Erwerbslosen und/oder diejenigen, die auf irgendeine Art von festen Einkommen angewiesen sind, welche nicht inflationsbereinigt sind.

Tatsächlich aber sind es gerade die Arbeitslosen, denen am meisten durch die Inflation geholfen werden kann, wenn sie durch monetäre Impulse induziert wird. (Dagegen schadet Inflation durch die Angebotsseite fast allen.) Nachfrage-Inflation tendiert in der Regel dazu, Arbeitsplätze für Erwerbslose zu generieren.

Soweit es allerdings die „verwundbaren“ Menschen mit festen Einkommen betrifft, sind diese typischerweise aber gar nicht arm. Die Armen neigen viel eher dazu, sich auf Programme der Sozialen Absicherungen zu verlassen, die gegen die Inflation indexiert sind. Menschen mit nichtindexierten Annuitäten gehören dagegen wahrscheinlich mindestens der Mittelschicht an.

(eigene Übersetzung eines Blogbeitrages des amerikanischen Ökonomen Scott Sumner)