Die MMT als ein politisches Problem betrachten – Teil 1

Die Art und Weise wie ein Problem gesehen wird kann bestimmen, wie oder sogar ob es überhaupt gelöst wird.

Panamakanaal Millennium Bridge
Ein Schiff auf dem Panamakanal

Als der französische Ingenieur Ferdinand de Lesseps für den Bau des Panamakanals ausgewählt wurde, betrachtete er dies als ein weiteres Ausschachtungsproblem, wie er es schon beim Suezkanal angetroffen hatte. Doch Ägypten war eher flach und Panama besaß einen Berg.

Als dann die Vereinigten Staaten den Job übernahmen sah der verantwortliche John Stevens darin vor allem eine Schwierigkeit hinsichtlich des Eisenbahnbaus. Die größte Aufgabe bestand demnach darin sechsundneunzig Millionen Kubikmeter Fels und Erde so schnell zu bewegen wie die fünfzehn riesigen Dampfschaufeln sie aus dem Berg herausschneiden konnten und von der pazifischen Seite Panamas zur atlantischen Seite zu schaffen um einen Damm zu bauen und einen See als Teil des Kanals zu errichten.

Das MMT-Problem
Die Entwickler und Förderer der Modern Monetary Theory (MMT) haben ihre Aufgabe dagegen immer als ein Lehrproblem gesehen. Nämlich zu erklären, wie Amerikas souveränes Geldsystem funktioniert gegenüber jenen, die immer noch glauben, dass Geld ein knappes Gut ist welches die Möglichkeiten des Landes einschränkt.

Sie gingen davon aus, dass sich eine neue Welt der Möglichkeiten für den Aufbau einer besseren Zukunft eröffnen wird, wenn mehr Menschen und insbesondere politische Führer erkennen, dass knappes Geld keine echte Einschränkung darstellt.

Doch was ist, wenn diejenigen, die für das neue Wissen unzugänglich erscheinen Widerstand leisten, weil sie sehr deutlich sehen, wie es in Richtungen führen kann die ihren Interessen widersprechen? Der Nachweis, dass sie Geld knapp und unter ihrer Kontrolle halten wollten reicht mindestens hundert Jahre zurück. (Und länger, wenn man den Bürgerkrieg betrachtet.)

In seinem Buch The Money Makers: How Roosevelt and Keynes Ended the Depression, Defeated Fascism, and Secured a Prosperous Peace erzählte der Historiker Eric Rauchway wie Keynes voraussah, dass Deutschland unter den Bedingungen des Vertrages, der den Ersten Weltkrieg beendete keine Chance auf den Wiederaufbau einer gesunden Wirtschaft hatte die dringend benötigt wurde, um eine stabile Demokratie zu erzeugen.

Er schlug vor dass Deutschland eine große Anleihe emittieren sollte. Siebzig Prozent des Erlöses würden für die Wiedergutmachung der Sieger verwendet, zehn Prozent für die Rückzahlung ausstehender deutscher Anleihen und zwanzig Prozent für den Wiederaufbau des Landes. Die Bonds würden für Investoren attraktiv gemacht, weil Großbritannien, Frankreich und die USA sie zeichnen würden.

England und Frankreich waren sich einig, Woodrow Wilson jedoch nicht. In seinem Schreiben, mit dem er den Vorschlag ablehnte hieß es, der Kongress würde dem Vorschlag nicht zustimmen und der Wiederaufbau sollte über „die üblichen Finanzkanäle“ finanziert werden.

Rauchways Nachforschungen ergaben dass der Brief von Thomas Lamont geschrieben wurde, einem Partner von J. P. Morgan der für Wilson arbeitete. Kurz gesagt, die Banken wollten die Erholung Deutschlands dominieren und davon profitieren.

Diejenigen, die sich gegen die MMT aussprechen, weil das Gelddrucken durch die Weimarer Republik zu einer außer Kontrolle geratenen Inflation geführt hatte wissen wahrscheinlich nicht, dass diese Katastrophe auf Maßnahmen ihrer Bankkollegen vor hundert Jahren zurückzuführen war.

Rauchway erzählte weiter, wie Banker gegen Roosevelt und seinen New Deal bis zum Ende seines Lebens erbittert gekämpft haben. Zwei seiner wichtigsten wirtschaftlichen Erfolge waren dennoch die Beendigung der Verwendung von Gold für internationale Zahlungsverpflichtungen und die Übernahme und Verwaltung der amerikanischen Währung durch das US-Finanzministerium.

Beide Maßnahmen waren die Schlüssel zur Beendigung der Depression und zum Gewinn des Zweiten Weltkriegs, den er bereits kommen sah, bevor er Präsident wurde. Die MMT-Förderer setzen Roosevelts Kämpfe nun fort und man kann ihnen Rauchways Buch daher nur empfehlen.

Nach neueren Erkenntnissen haben die MMT-Promotoren die Rolle der Banken bisher noch nicht intensiv diskutiert. Doch die Anzahl der Dollars, die sie durch die Gewährung von Krediten schaffen ist um ein Vielfaches höher als diejenigen, die die Regierung mehr ausgibt als über die Steuern wieder einnimmt.

Banken sehen große staatliche Finanzierungsoperationen als Konkurrenten. Außer wenn sie Rettungspakete brauchten haben Banken seit mehr als einem Jahrhundert gegen öffentliche Eingriffe in ihre Wirtschaftsbereiche gekämpft. Dies wird bis zur nächsten Rezession so bleiben, wenn sie erneut in Schwierigkeiten geraten und in schwachen Positionen verhandeln müssen. Bis dahin ist der Kampf gegen sie wahrscheinlich eher Zeitverschwendung für die MMT-Förderer.

Viele Erklärungen der MMT beinhalten auch Argumente von Ökonomen, die eigentlich gegensätzliche Ansichten haben, so als ob ihre Ansichten geändert werden könnten. Doch der Fall der MMT wird vor dem Gericht der öffentlichen Meinung verhandelt und da gibt es keinen Richter. Die gegnerischen Ökonomen arbeiten dagegen als Anwälte der Wall Street, der Banken und anderer großer Geldinteressen.

Es liegt nicht in ihrer Natur oder in ihren Jobbeschreibungen, ihre Kunden zu verlassen und den MMT-Unterstützern zuzustimmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Kunden besonders tiefe Taschen haben und den Beratern dabei geholfen haben dorthin zu gelangen wo sie heute sind. Bücher und Dissertationen warten darauf geschrieben zu werden, wie Geld die akademische Freiheit kontaminiert hat und wie man endlich offen über wirtschaftliche Fragen diskutieren kann.

MMT als ein politisches Problem sehen
Wenn das bisher hier Geschriebene soweit korrekt ist, wie sollte dann die MMT betrachtet und wie weiter gefördert und unterstützt werden? Ich betrachte sie als ein befähigendes Führungsinstrument für Situationen, in denen der Widerstand den Einsatz nicht verhindert. Wenn erste Erfahrungen erfolgreich ausfallen, sollte sie dorthin erweitert werden wo in der Sache politisch gewonnen werden kann.

Daher sehe ich die MMT als ein politisches Problem, sowohl für diejenigen die sie fördern, als auch für diejenigen die sich dagegen verwehren. Möglicherweise kann man das auch vielleicht anders sehen, und daher sollte es eine lebhafte Diskussion über alternative Ansichten geben.

Im zweiten Teil dieser Reihe werden wir untersuchen, wohin uns die MMT führen kann.

(Eigene Übersetzung eines Blogbeitrages des amerikanischen Ökonomen Devin Smith)