Die MMT als ein politisches Problem betrachten – Teil 2

Im ersten Teil dieser Reihe haben wir erklärt, warum die MMT als ein politisches Problem und nicht nur als pädagogisches Dilemma angesehen werden sollte.

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Geld in Form von US-Dollar-Münzen und -Scheinen

In diesem abschließenden Teil werden wir diskutieren, wo der Einsatz für die MMT am wahrscheinlichsten scheitert oder aber gute Erfolgschancen hat. Betrachten wir zunächst einige eher schlechte Aussichten.

Alle Leser diese Blogs sollten wissen, wie soziale Sicherheit funktioniert, und sie scheint für die MMT eine Selbstverständlichkeit zu sein. Aber ist sie das auch wirklich? Die Wall Street sieht Programme dieser Art eher als eine Art undichte Stelle in ihren profitablen Geldflüssen.

Der ehemalige Investmentbanker und Handelsminister unter Ronald Reagan Pete Peterson prognostizierte jahrelang deren Scheitern. George W. Bush versuchte dieses „Schlupfloch“ durch Privatisierung zu beheben. Das Streiten um die Vorteile der MMT für die soziale Sicherheit könnte daher ein sicherer Weg sein, die Wall-Street-Bienen aufzuwecken, die sich im Moment noch eher ruhig verhalten.

Die Wall Street sieht auch mehr Bundesfinanzierung im Gesundheitswesen als Erweiterung eines weiteren großen Lecks an. Bernie Sanders und Elizabeth Warren haben sich dafür eingesetzt, doch die Versicherungsbranche sieht diese Auseinandersetzung als einen Kampf an, den sie sich nicht leisten kann zu verlieren. Die Anwendung der Dollar-Schöpfungslogik der MMT in diesem Kampf würde das Problem sowohl unter dem Gesichtspunkt der Pro- und auch der Anti-Föderalisierung nur verschärfen.

Auch die Rückzahlung von Studentendarlehen ist derzeit keine besonders gute Wahl. Private Kreditgeber investierten dabei in etwas, das sie für Jahrzehnte als sichere „Cash Cows“ ansahen. Die Kreditgeber glauben, dass sie genug Einfluss auf die Kongress-ausschüsse haben, um diese Kühe gesund zu halten bis sie von selbst nach Hause kommen.

Ein Programm zur Arbeitsplatzgarantie ist aus Sicht derjenigen, die es benötigen durchaus sinnvoll. Aber nicht wenige Arbeitgeber möchten, dass ein Polster arbeitsloser Arbeit-nehmer als Vorteil gegenüber ihren Beschäftigten eingesetzt wird. Die Federal Reserve, die in erster Linie den Großbanken dient sieht in einem Mindestmaß an Arbeitslosen einen Weg die Inflation zu begrenzen.

Aus politischer Sicht haben diejenigen, die von dem Jobgarantieprogramm profitieren würden, nur wenige Chips auszuspielen, während diejenigen, die sich dagegen aussprechen, derer viele besitzen. Wenn die Förderung der MMT ein politisches Problem darstellt, ist es wahrscheinlicher, dass die Forderung nach einer Arbeitsplatzgarantie eher nach hinten losgeht, als dass sie viel hilft.

Was aber kann ein MMT-Unterstützer dann sonst tun? Hier sind einige bestechende Ideen, die Ihre Fantasie anregen sollten:

Das BIP misst viele Verluste des Privatsektors nicht als negative Transaktionen. Wenn es jedoch eine nationale Bilanz gäbe, würden größere Defizite sie in einem schlechteren Zustand belassen. Eine Möglichkeit zur Förderung des Einsatzes von MMT besteht darin, Verluste auszugleichen, die der Privatsektor zu vermeiden versuchen wird. Viele der Verluste wären deflationär, so dass es nicht inflationär wäre, sie zu absorbieren.

Als da wären:

-Autos, Lastwagen, Häuser und Geschäfte, die nicht versichert werden konnten, aber durch katastrophale Brände und Überschwemmungen zerstört wurden;

-Opfer von Amokläufen oder Krankheiten wie dem Coronavirus sowie ihre Familien, die Gesundheitsdienstleister, ihre Arbeitgeber und Schulen;

-Landwirtschaftliche Verluste aufgrund von Dürren, Bränden und Überschwemmungen;

-sowie „versunkene“ Kosten von Versorgungs- und Energieunternehmen in Einrichtungen, die aufgrund des Klimawandels veraltet sein werden bevor sie durch normale Abschreibungen wieder eingeholt werden können.

Vor dem Zweiten Weltkrieg traf Roosevelt Vereinbarungen mit der Industrie, die es ihnen ermöglichten, im Gegenzug für ihre politische Unterstützung zur Bekämpfung von Isolationisten große Gewinne aus der Kriegsarbeit zu erzielen. Diese Art von Vereinbarung könnte mit Teilen der Finanzbranche möglich sein, um die Verwendung von MMT dort zu ermöglichen, wo es nicht mit ihren Interessen konkurrieren würde.

Zum Beispiel könnten Krankenversicherer Hilfe auf der Grundlage von MMT annehmen, wenn sie zur Absorption der Kosten für bereits bestehende Bedingungen verwendet würde. Immer nach dem Motto: Kämpfe nicht gegen sie – nimm sie mit.

Es gibt noch andere Möglichkeiten, MMT schrittweise in Betrieb zu nehmen ohne gleich rote Fahnen zu schwenken. Für einige Arten von Ausgaben könnten Bundesanleihen verkauft werden, die der Hälfte der Zahlungen entsprechen.

Dies würde die Ansprüche verringern, dass die Schulden und künftigen Zinszahlungen zu einer Belastung werden können. Dies könnte so geschehen, dass die Finanzdienst-leistungsbranche entscheidet, wo ihre stärksten Interessen liegen.

Richard Nixon begann 1972 mit der Aufteilung der Bundeseinnahmen und das wurde aufgrund seiner Flexibilität und des geringen Bürokratieaufwands zu einem der beliebtesten staatlichen Hilfsprogramme. Reagan kündigte es auf, um die Abhängigkeit der Öffentlichkeit von der Regierung zu verringern.

Möglicherweise gibt es eine starke parteiübergreifende Unterstützung für einen Neustart als außerbudgetäres Zahlungsprogramm, welches das Defizit oder die Verschuldung nicht erhöht. Wenn bundesweit versicherte Banken mit Derivaten außerbilanzielle Glücksspiele durchführen können um ihre Gewinne zu steigern, wie können sie dann dagegen protestieren, dass die Fed etwas Ähnliches zugunsten niedrigerer Regierungsebenen tut?

Viele große Unternehmen in Branchen, die schnell von fossilen Brennstoffen unabhängig werden müssen haben wahrscheinlich große Probleme, Kapital zu angemessenen Kosten zu beschaffen. Es könnte ein Programm zur Unterstützung dieser Umstellung verabschiedet werden, welches Zahlungen des Bundes leistet, die nicht durch Beschränkungen der Defizitausgaben beeinträchtigt sind und diese Unternehmen damit vielleicht zu MMT-Unterstützern machen kann.

Sobald man diese Denkrichtung eingeschlagen hat, scheinen die Möglichkeiten endlos zu sein. Ich denke, diese Art von Nachfragesog kann der effektivste Weg sein, um die MMT weiter zu fördern und den Widerstand der Wall Street gegenüber der „Main Street“ schrittweise zu verringern, während der Mythos des knappen Geldes weiter unterdrückt wird.

Jede der vorhergehenden Ideen könnte mit geringfügigen rechtlichen und regulatorischen Eingriffen umgesetzt werden, die den gesamten gegenwärtigen Bundeshaushalt und das Zahlungssystem nicht stören würden. Eine Generalüberholung könnte dagegen noch eine ganze Weile warten.

(Eigene Übersetzung eines Blogbeitrages des amerikanischen Ökonomen Devin Smith)