Saisonbilanz 2013/2014 – Einzelbewertungen Teil 3

Weiter geht es in dieser kleinen Serie der rein subjektiven Beurteilungen mit den Akteuren des defensiven Mittelfelds:

Marco Höger, einer der Pechvögel der letzten Saison

Da es heutzutage kaum noch die absolut festgefügten Rollen im Fußball gibt, habe ich mich hier auf die Spieler beschränkt, die überwiegend im defensiven Mittelfeld eingesetzt wurden.

Roman Neustädter
Der ehemalige Gladbacher muss wohl als einer der beständigsten Spieler der vergangenen Saison angesehen werden. 44-mal stand er für die Schalker in Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal auf dem Platz. Im Gegensatz zum Jahr davor allerdings mit fast durchweg zufriedenstellenden Leistungen.

Hatte Neustädter in der Saison 2012/13 in der Rückrunde noch gewaltig nachgelassen, so bot er diesmal über die gesamte Spielzeit gleichmäßig seine Stärken an. Unauffälliges, aber sehr effektives Stören des gegnerischen Aufbauspiels mit gutem Stellungsspiel und daraus resultierend vielen Ballgewinnen, effizientes Kurzpassspiel und kreative lange Bälle im eigenen Spiel nach vorn zeichnen den in Dnipropetrowsk (heutige Ukraine) geborenen 26-jährigen besonders aus.

Neben ihm können andere „Sechser“ wie z. B. Kevin-Prince Boateng oder Leon Goretzka ihre Rolle sehr viel offensiver interpretieren, da Neustädter sie sehr effektiv nach hinten abschirmt.
Enorme Laufarbeit, das Erkennen und Schließen von Lücken und Passwegen sind seine weiteren Stärken.
Nach einer ersten Saison mit Höhen und Tiefen scheint Roman Neustädter nun endlich beim FC Schalke 04 „angekommen“ zu sein.

Ich gehe fest davon aus, dass wir in den kommenden Jahren noch sehr viel Freude an dem unauffälligen aber sehr effektiven Mittelfeldstrategen haben werden, doch auch Neutsädter wird sich dank starker Konkurrenz auf der Sechs immer wieder neu beweisen müssen.
Für das Schalker Spiel kann das eigentlich nur gut sein.

Kevin-Prince Boateng
Sicherlich gehört Boateng zu den Spielern, die auch innerhalb der Fan-Gemeinschaft am meisten polarisieren. Die Meinungen gehen da offenbar weit auseinander. Während auf der einen Seite viele (ich übrigens auch) ihn für einen wichtigen Führungsspieler halten, dem vor allem die Rolle des Leitwolfs für die jüngeren Akteure zukommt, gibt es auch oft die gegenteilige Ansicht, dass er nur ein überschätzter und überbezahlter Legionär sei, der in seiner ersten Saison Auf Schalke doch überwiegend nur enttäuscht habe.

Natürlich hätte er in der einen oder anderen Partei besser auftreten können, vor allem die Spiele gegen Bayern München, Chelsea und Real Madrid sind mir da noch in schlechter Erinnerung. Doch in der Rückrunde füllte er die Rolle des „Anführers“ meiner Ansicht nach durchaus zufriedenstellend aus und gehörte damit zu den wichtigsten Vätern des Erfolges, nämlich dem erneuten Erreichen der Champions-League-Qualifikation.

Über die gesamte Saison gesehen bin ich mit seiner Leistung schon im Großen und Ganzen zufrieden, doch sehe ich da noch Luft nach oben.
Einfach war es für den in Berlin geborenen ghanaischen Nationalspieler in Gelsenkirchen nicht gerade, hatte doch seine überraschende Verpflichtung recht hohe Erwartungen geweckt. Schließlich erwirbt auch Schalke nicht ständig internationale Topstars mit einem solchen Namen und solcher Reputation.

Stattdessen musste erst einmal ein passender Platz auf dem Rasen für den „Prinzen“ gefunden werden. Im zentralen offensiven Mittelfeld meldeten schon Julian Draxler und Max Meyer Ansprüche an, mangels Stürmern musste Boateng zeitweilig auch als „falsche 9“ ganz weit vorn operieren, was ihm allerdings lediglich einmal gegten Werder Bremen wirklich gut gelungen ist.

Erst zur Hälfte der Saison (und dann noch eher gezwungenermaßen wegen der Verletzungsmisere) setzte Trainer Jens Keller ihn im defensiven Mittelfeld ein, als eine Art „Achter“ mit vielen Freiheiten nach vorn. Damit war die Rolle gefunden, die viele (ich auch) schon seit einiger Zeit für Boateng gefordert hatten.

Diese Position halte ich für ideal, da er hier seine Qualitäten als Ballverteiler und technischer starker Antreiber mit Drang nach vorn voll zur Geltung kommen lassen kann. Für die Rolle als 10er sehe ich ihn nicht als erste Wahl, vor allem Max Meyer ist da meiner Meinung nach besser.

Für die neue Saison bleibt zu hoffen, dass das Desaster mit der ghanaischen Nationalelf bei der WM (Boateng wirkte wenig in der Mannschaft integriert, spielte selten und wurde am Ende von Trainer Appiah auch noch suspendiert) keine negativen Auswirkungen auf seine zukünftigen Leistungen haben wird.

Ansonsten sehe ich ihn als eingespieltes und erfahrenes Tandem mit Roman Neustädter vor der Schalker Abwehr und erwarte, dass er sich noch ein wenig steigern und die Blau-Weißen als einer der Leader möglichst weit nach oben führen kann.

Für Trainer Jens Keller bleibt Boateng dagegen eine ständige Herausforderung an seine Autorität, hat dieser doch bereits zum Saisonende seinen Anspruch auf die 10er-Position erneuert. Mal sehen, wie Keller das in der neuen Spielzeit handeln wird.

Marco Höger
Nahezu unmöglich scheint es, die Leistungen von Marco Höger in der letzten Saison zu beurteilen. Nach 7 Bundesligaspielen, 4 Einsätzen in der Champions League (2 davon in der Qualifikation) und 2 Pokalspielen setzte ein Kreuzbandriss ihn ausgerechnet vor dem Derby gegen den BVB (dass Höger in den letzten jahren eigentlich immer gut bestritten hatte) für nahezu den Rest der gesamten Spielzeit außer Gefecht.

Erst am 33. Spieltag durfte Höger nach seiner Genesung wieder ran, ehe er in der letzten Bundesliga-Begegnung wieder mit einer Verletzung pausieren musste.

Daher ist es schön, dass Höger sich nun zum Trainingsauftakt erholt und fit wieder zurückgemeldet hat. Der im defensiven Mittelfeld und als rechter Verteidiger vielseitig einsetzbare Allrounder stellt somit eine zusätzliche Option für diese Bereiche dar.

Für Neustädter, Boateng oder auch Uchida sorgt Höger in der neuen Saison für einigen Konkurrenzdruck, wenn er regelmäßig wieder spielen will.

Anthony Annan
Wie sehr die kurze Amtszeit von Trainer und Manager Felix Magath das Gesicht von Schalke verändert hatte, wurde mir auch in dieser Saison noch einmal bewußt, als auf einmal der Ghanaer Anthony Annan auf dem Platz stand.
Wohlgemerkt, Magath hatte Annan neben vielen anderen bereits Anfang 2011 nach Gelsenkirchen geholt, doch auch der ghanaische Nationalspieler sah damals nur sehr wenig Einsatzzeiten bei den Blau-Weißen. Da er aber einen Vetrag bis 2014 besaß, kehrte er vor der letzten Saison nach Ausleihen bei Vitesse Arnheim und CA Osasuna wieder zurück.

Erst aufgrund der vielen Verletzungen kam Annan dann in der Rückrunde zu insgesamt vier Kurzeinsätzen, darunter immerhin in der Bundesliga beim den BVB sowie im Champions-League-Achtelfinale bei Real Madrid.

Doch um seine Leistungsfähigkeit überhaupt annähernd realistisch einschätzen zu können, reichen natürlich so wenige Spiele nicht aus. Für eine Vertragsverlängerung langte es (erwartungsgemäß) nicht. Bleibt eigentlich nur, ihm bei seinem neuen Arbeitgeber (der zur Zeit noch unbekannt ist) alles Gute zu wünschen.

Jermaine Jones
Lag es nun tatsächlich allein an Jermaine Jones, dass die Mannschaft in der Hinrunde doch erheblich hinter den Erwartungen zurückgeblieben war? Wahrscheinlich doch eher nicht, obwohl das Team nach seinem Abgang zu Besiktas Istanbul im Winter ein ganz anderes Gesicht zeigte.

Sicherlich hatte Jones vor der Saison den Mund etwas voll genommen, als er davon sprach, man wäre in der Lage, ganz oben mitspielen zu können. Ebenso war seine persönliche Leistung dann keineswegs so, als wolle er diesen Worten taten folgen lassen.
Symptomatisch mag da die Gelb-Rote Karte in Saloniki stehen, mit der Jones das Mißverhältnis zwischen eigenen Ansprüchen und Handeln schon früh deutlich machte.

Auch die Gerüchte, dass es vor allem an ihm lag, dass sich die Mannschaft nicht zusammenfinden konnte, rissen nicht ab. Ebensowenig wollte sich Jones wohl auch mit dem Verlust des Stammplatzes nach den schwachen Auftritten der Hinrunde abfinden.

Es bleibt müßig, jetzt darüber zu diskutieren, ob Jermaine Jones‘ Abgang nun tatsächlich der Grund (oder auch nur einer von mehreren) war, warum es plötzlich in der Rückrunde „lief. Tatsache ist, dass es nach seinem Wechsel wirklich so war. Was sonst noch in der Winterpause gemacht wurde, um das Ruder herumzureißen, bleibt wohl auf ewig im Ungefähren.

Doch Jones nun die Alleinschuld zuschanzen zu wollen, halte ich für mächtig übertrieben. Auch andere erfahrene Spieler wußten in der Hinrunde nicht immer zu überzeugen. Man sollte vielmehr auf die Zeiten zurückschauen, in denen der Amerikaner für seine erbrachten Leistungen noch gefeiert wurde. Es wäre halt besser, ihn so in Erinnerung zu halten.