Monetärer Irrsinn

Es ist buchstäblich quälend peinlich unseren politischen Führer dabei zuzusehen, wie sie versuchen, die Art und Weise, wie wir als kollektive Gesellschaft Steuern auf uns selbst erheben zu überdenken und umstrukturieren.

Águila (9317293060)
Details einer US-Dollar-Banknote

Es erscheint fast so, als würde man einem Familienmitglied zuschauen, das mit einer psychischen Krankheit zu kämpfen hat: Die Dämonen, mit denen gerungen wird, sind imaginär – und doch haben sie irgendwie die greifbare Kraft einer Betonwand.

Und während sich der Kampf mit diesem augenfälligen Monolithen immer weiter entfaltet, vergessen sogar wir – die nüchternen Beobachter der Realität -, dass er nur eingebildet ist; und wenn uns das bewusst wird, wird der Schmerz nahezu unerträglich, aus dem einfachen Grund, da wir genau wissen, dass er völlig unnötig ist.

Warum entscheidet sich unser politisches System dazu, an diese völlig erfundene Einschränkung zu glauben und dafür zu kämpfen, dass Steuern für Staatsausgaben aufgewendet werden müssen? Wie können wir uns angesichts dieses unumstößlichen Dämons erklären, dass die einfache Logik des Fiat-Geldes eigentlich beweist, dass Staatsausgaben zuerst getätigt werden müssen, bevor Steuern erhoben werden können?

Wie können wir unseren verängstigten und verwirrten Volksvertretern in der Politik davon überzeugen, dass, wenn unsere souveräne Regierung weniger Dollars zurückfordert als sie heraus- und ausgibt, der Unterschied nicht unsere kollektive „Verschuldung“ darstellt – sondern es sich dabei tatsächlich um unsere kollektive Ersparnis handelt? Doch dieser Dämon wird uns diese Erklärungen nicht erlauben.

Wie bei jeder psychischen Krankheit ist der grausamste Aspekt zu beobachten, wie ungeschützt wir durch diese Täuschung jenen ausgeliefert sind, die uns selbstsüchtig und gierig manipulieren und ausnutzen. Wir glauben tatsächlich dem reichen fetten Kater, wenn er uns davon überzeugen will, dass wir, die armen Kämpfer, besser dran sind, wenn wir uns dafür entscheiden ihn reicher zu machen! Wie, so wird uns gesagt, kann diese reiche dicke Katze uns einen neuen Job geben, wenn er nicht noch vermögender und fetter wird?

Schließlich können wir uns selbst nun mal keine Arbeit geben – oder etwa doch? Unsere souveräne Regierung – die, was wir nicht zu verstehen scheinen, unser kollektives Selbst repräsentiert – kann (und muss) eine Fiat-Währung emittieren und ausgeben. Wie wahr! Doch diese Währung (so flüstern es uns unsere Dämonen zu) darf nicht von unserem kollektiven Selbst dafür ausgegeben werden, um unseren individuellen Lohn zu bezahlen, um damit nützliche Dinge für unsere Familien und unsere lokalen Gemeinschaften zu erreichen. Die Währung muss stattdessen (Flüstern, Flüstern) dafür aufgewendet werden, um die fette Katze noch weiter zu mästen, damit sie uns Löhne zahlen kann, um nützliche Dinge für ihn zu leisten. Der Schmerz dieser Logik macht dich eigentlich sprach- und gefühllos.

Unser Problem wird umso gefährlicher, je mehr unsere „Therapeuten“ – die Ökonomen und Budgetplaner – aktiv mit dem reichen fetten Kater kollaborieren. Wir legen uns stattdessen auf die Couch und erfahren, dass wir ein Defizit haben. Diese Defizit ergibt sich daraus, dass unsere souveräne Regierung – die nicht wirklich unsere ist (Flüstern, Flüstern), sondern irgendwie sich mit anderen verschwört, die nichts weiter wünschen, als unsere Steuergelder zu konfiszieren – weiterhin darauf beharrt, mehr von diesen Dollars auszugeben als sie wieder einziehen kann/will.

Wir haben also ein Defizit, das wir, auch wenn es nicht unsere Schuld ist, irgendwie wieder ausgleichen und zurückzahlen müssen. Unsere schlichte Hoffnung, dass vielleicht unsere Steuergelder uns nützliche öffentliche Güter und Dienstleistungen liefern könnten, wird durch mathematische Berechnungen zunichte gemacht und uns damit demonstriert, dass es nie genug Steuergelder für alle öffentlichen Güter geben kann, die wir eindeutig brauchen. Unsere einzige Chance (Flüstern, Flüstern) besteht darin, die dicke Katze weiter zu mästen, damit sie alles für uns erreichen kann. Wenn wir den fetten Kater dick machen, wird er uns erziehen; er wird unser Essen anbauen; er wird unsere Häuser bauen; er wird unsere Schmerzen heilen und er wird uns Benzin in unseren Tank geben.

Alles, was wir tun müssen, ist, ihm alles zu geben, was wir haben: unser Ackerland, unsere Nationalparks und Wälder, unsere Naturschutzgebiete, unsere Bäche und Fluss-mündungen, unsere Berggipfel. Alles, was wir tun müssen, ist ihm unsere Luft und unser Wasser zu geben, so wie er es benötigt. Alles, was wir tun müssen, ist sicherzustellen, dass er reich wird, denn nur wenn er reich ist, können wir hoffen, dass er uns einen Job gibt und uns dafür bezahlt, etwas zu tun. Denn wir können doch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass er uns anheuert, wenn er kein Vermögen hat, oder? Nein, natürlich nicht. Und wir können auch nicht erwarten, dass er noch mehr von uns anstellt, wenn wir ihn nicht noch fetter und reicher machen. Das ist alles sehr logisch, wird uns gesagt, wenn wir auf der Couch liegen.

Schließlich wird der Wert unserer Prognose durch die Tatsache stark eingeschränkt, dass es einflussreiche Leute gibt – Politiker und andere Eliten – die sehr gut und genau wissen, dass wir Trugbildern aufsitzen, dass Steuern nicht für die Staatsausgaben notwendig sind, dass unser Fiat-Geld-Defizit keine „Schuld“ darstellt, die wir irgendjemandem zurückzahlen müssen, dass die steigenden Gewinne globaler Konzerne weder sinnvolle Arbeitsplätze schaffen noch etwas Nützliches für unsere lokalen Gemeinschaften damit erreicht wird. Sie wissen all diese Dinge, doch sie sind (durch was?) dazu verpflichtet, zu schweigen oder sich zumindest entsprechend zu verstellen.

Sie können uns schlicht nicht direkt und rundheraus sagen: „Schaut mal, diese Steuer- und Defizitberechnung ist reiner Unsinn. Es ist einfach nur wahnhaftes Kauderwelsch! Unsere souveräne Regierung muss(!) ihr Fiat-Geld herausgeben und damit etwas bezahlen, bevor sie es wieder als Steuern eintreiben kann. Und die Emittierung und Ausgabe von Fiat-Geld ist genau das, was diese souveräne Regierung uns bezahlen kann, um all das zu erreichen, was wir für notwendig erachten.“

Die fette Katze muss stattdessen in ihre Schranken gewiesen werden. Sie bekommt wie alle anderen nur eine einzige Stimme. Sie kann nicht allein die ganze Show für sich beanspruchen. Es sei denn wir lassen sie. Was wir sicher tun werden, solange wir an unserer monetären Geisteskrankheit leiden.

(Eigene Übersetzung eines Blogbeitrages des amerikanischen Architekten und wirtschaftswissenschaftlichen Quereinsteigers J.D. Alt)

PS: Auch hier bliebe noch einmal darauf hinzuweisen, dass es natürliche Grenzen gibt für die Emittierung der „Schuldscheine“ einer souveränen Regierung (aka „Geld“), wie sie J.D. Alt in diesem Essay sehr eindrucksvoll und durchaus richtig fordert.

Auf Makroskop.de erklärte Günther Grunert diesen umfassenden Rahmen beispielsweise folgendermaßen:

…Jedoch wäre eine nationale Regierung schlecht beraten, ihre nominalen Ausgaben so stark auszuweiten, dass deren Wachstum das Wachstum der volkswirtschaftlichen Produktionskapazität übersteigt. In diesem Fall nämlich droht Inflation.