Es ist erwähnenswert, dass einige OECD-Länder (in erster Linie Deutschland) seit geraumer Zeit Haushaltsüberschüsse und keine Defizite aufweisen.
Sektorale Salden der US-Volkswirtschaft 1990–2012. Gemäß Definition müssen sich die drei Salden in der Summe zu Null aufheben. Seit 2009 haben die US-Kapitalüberschüsse und Überschüsse des privaten Sektors ein Haushaltsdefizit des Staates erzwungen.
Die Haushaltsüberschüsse dieser Länder scheinen jedoch in absoluten Zahlen geringer gewesen zu sein als die Haushaltsdefizite anderer Staaten. Außerdem neigen die Länder mit Haushaltsüberschüssen dazu, externe Überschüsse zu erzielen, die größer sind als ihre überschüssigen privaten Ersparnisse.
Ihre externen Überschüsse – im Wesentlichen gleich den externen Defiziten der Partnerländer – tragen zu den Haushaltsdefiziten in diesen Ländern bei. In einigen (wachsenden) Ländern verschwinden die Haushaltsdefizite nicht spurlos.
Private Überschussersparnisse in solchen Ländern müssen alle aus einem steigenden Überschuss gegenüber dem Ausland resultieren. Sie müssen sich (wenn auch nicht eins zu eins) in höheren Haushaltsdefiziten des Auslandes niederschlagen.
Selbst wenn es im besten langfristigen Interesse der Mehrheit der Bevölkerung in allen Ländern mit hohem Einkommen wäre, große und anhaltende externe Ungleichgewichte zu vermeiden (und sich stattdessen auf große und anhaltende Haushaltsdefizite zu stützen), ist es nur realistisch zu erwarten, dass in einigen Ländern sich die Behörden für ein opportunistisches Verhalten entscheiden und auf die Taktik des „beggar-thy-neighbour“ zurückgreifen werden.
Die Abhängigkeit von externen Überschüssen, die inländische Haushaltsdefizite ersetzen, kann jedoch nicht global (oder für die Industrieländer zusammen) oder auf unbestimmte Zeit funktionieren. Früher oder später muss das Wachstum aufgrund hoher Export-überschüsse entweder aufgrund der übermäßig hohen Auslandsverschuldung der Netto-importeure und/oder aufgrund der wiederkehrenden protektionistischen Stimmung in den Nettoimportländern ein Ende haben.
Die Vorstellungen von US-Präsident Trump über den internationalen Handel kommen nicht von ungefähr. In beiden Fällen muss die Politik, das Binnenwachstum auf die Taktik des „beggar-thy-neighbour“ zu stützen irgendwann enden – zumindest für ausreichend große Länder. Diese politische Richtlinie gilt möglicherweise auf unbestimmte Zeit für Luxemburg, nicht jedoch für Deutschland.
Es erscheint legitim anzunehmen, dass die (größeren) Länder mit hohem Einkommen auf lange Sicht einzeln (und damit auch gemeinsam) nicht in der Lage sein werden, ihre überschüssigen privaten Ersparnisse in ausreichenden Mengen zu „exportieren“.
In letzter Instanz können die überschüssigen privaten Ersparnisse nur von einer angemessen akkommodierenden und kooperativen Finanzpolitik in einer ausreichend großen Anzahl von Ländern mit hohem Einkommen absorbiert werden (und mit dieser entstehen).
Seit etwa 50 Jahren hat der öffentliche Sektor in den USA das Privileg, weltweit der wichtigste „Absorber“ privater überschüssiger Ersparnisse zu sein. Natürlich konnte die weltweite private Überschussersparnis nur eintreten, weil die USA externe Defizite aufweisen und somit die externen Überschussländer mit zusätzlichen Einkommen versorgen (in Form von zusätzlichen Dollarsalden, die die US-Staatsverschuldung darstellen).
Die Tatsache, dass der US-Dollar die wichtigste Reservewährung war machte es sicherlich leicht, die anhaltenden US-Außendefizite zu „finanzieren“. Bei einem ausgewogeneren internationalen Handel könnte erwartet werden, dass andere Länder mit hohem Einkommen die Verantwortung für die Absorption (und Generierung) privater überschüssiger Ersparnisse teilen, indem sie selbst eine angemessen akkommodierende Finanzpolitik betreiben.
Diese Beitragsreihe fasst die Argumente zusammen, die in dem Artikel von Leon Podkaminer „Die private Sparschwemme und das finanzielle Gleichgewicht der Industrieländer“ (Review of Keynesian Economics, Nr. 1, 2019) entwickelt wurden.
Teil 1 hier und demnächst weiter mit Teil 3 – Überschüssige private Ersparnisse dürften in Zukunft zunehmen