Ein pragmatischer Ansatz bei der Auslandsverschuldung: Die Abschreibung der deutschen Schulden 1953

Hermann Josef Abs - LSA 1953 Unterzeichnung
Hermann Josef Abs bei der Unterzeichnung des Londoner Schuldenabkommens 1953

Die Krise Griechenlands fordert Vergleiche mit dem Londoner Schuldenabkommen von 1953 heraus, welches eine lange Zeit sehr hoher Auslandsverschuldung Deutschlands beendete. Dieser Beitrag legt nahe, dass im Rückblick diese Vereinbarung unnötig großzügig war, da das schnelle Wachstum in Deutschland die Rückzahlung der Schulden erheblich erleichterte. Für Griechenland fehlen dagegen heute unglücklicherweise nahezu alle Beweggründe, die 1953 den Antrieb zu dieser Vereinbarung gaben.

Übersetzung aus VoxEU.org: A pragmatic approach to external debt: The write-down of Germany’s debts in 1953

Der Autor des oben zitierten Beitrages, Timothy W. Guinnane, Professor für Ökonomische Geschichte an der Yale University, kommt zu interessanten und lesenswerten Schlussfolgerungen:

Das Londoner Schuldenabkommen enthält eine wichtige Lektion für den Umgang mit der heutigen Krise. Die Verhandlungsführer in London vertraten Länder, die gerade Tausende, ja sogar Millionen ihrer Bürger wegen eines vom Schuldnerland geführten brutalen Krieges beerdigt hatten. Trotzdem war die Grundlage der Verhandlungen ein bemerkenswerter Pragmatismus.

Einige private Gläubiger waren aufgrund ihrer Behandlung tatsächlich wütend. Der Deutsche Bundestag weigerte sich zunächst, den Vertrag zu ratifizieren, da man davon ausging, er würde den französischen Besatzern zu viel Bedeutung einräumen, was als nicht hilfreich angesehen wurde. Und einige Darstellungen spiegelten Ressentiments gegenüber dem US-Ansatz wieder, den man recht treffend mit dem Begriff „bullying-by-chequebook“ bezeichnen konnte.

Aber den Verhandlungen fehlten die moralisierenden Appelle, nationalistischen Mythen und geschichtlichen Unzufriedenheiten, die heute die Diskussionen über die Krise charakterisieren. Griechische Politiker haben versucht, Deutschland seine Geschichte des Zweiten Weltkriegs unter die Nase zu reiben, während einige deutsche Politiker ihre Verachtung für die politische Klasse Griechenlands nicht verbergen wollten.

Das Londoner Schuldenabkommen kam dagegen auch deshalb zustande, weil führende Teilnehmer sich darin einig waren, dass eine Lösung des Schuldenproblems im besten Interesse des deutschen Volkes, der Gläubiger Deutschlands sowie seiner europäischen und nordamerikanischen Verbündeten sein würde. Ähnlicher Pragmatismus könnte heute zu einer vernünftigeren Lösung für die Probleme Griechenlands führen.