Die Stärken und Schwächen des FC Schalke 04

Die beiden Spiele der letzten Woche zeigten mal wieder symptomatisch, wo es bei dem Gelsenkirchener Bundesligisten momentan hakt und gegen welche Gegner er seine Stärken ausspielen kann.

BayArena 2012 (4)

In der Europa-Liga am Donnerstag konnte sich die Mannschaft von Trainer Andrè Breitenreiter glücklich schätzen, mit einer unterdurchschnittlichen Leistung doch noch einen engen 1:0-Erfolg einfahren zu können. Gegen ein ausgesprochen defensiv agierendes Nikosia rannten die Schalker lange ideenlos an und wurden immer nervöser, je länger sich kein Torerfolg einstellen wollte.

Das gipfelte dann darin, dass man den Zyprioten zwei Riesenchancen gestattete, deren größte Keeper Fährmann nur mit einem sensationellen Reflex vereiteln konnte. Nicht auszudenken, wäre APOEL damit noch in Führung gegangen. Denn die Blau-Weißen waren in dieser zweiten Hälfte immer schwächer geworden, ihre Bemühungen wirkten immer fahriger, ihr Kombinationsspiel brach förmlich in sich zusammen.

Ein später Treffer von Eric-Maxim Choupo-Moting erlöste dann Trainer, Mannschaft und Fans und sorgte zudem dafür, dass der S04 im internationalen Wettbewerb über den Winter kommen kann. Immerhin etwas nach einer der schlechtesten Vorstellungen in der noch kurzen Breitenreiter-Ära.

Die Zyprioten brauchten dagegen lange nichts anderes zu tun, als so manch andere Mannschaften Auf Schalke bereits vor ihnen: tief gestaffelt erwarteten sie die Angriffsbemühungen der Gelsenkirchener, der sprichwörtliche Mannschaftsbus wurde vor das eigene Tor geschoben.

Erschreckend wirkte dabei aber auch die Einfallslosigkeit der Schalker, und obwohl Johannes Geis wieder dabei war (die mit dem Leverkusen-Spiel abgelaufene Rotsperre galt nur für Bundesliga und DFB-Pokal), wirkte das Spiel der Blauen langsam, pomadig, uninspiriert und vor allem nicht kombinationssicher. Es gelang auch nicht, die höchstens besseres Zweitligaformat verkörpernden Zyprioten mit schnellen Tempowechseln „auseinander“ zu spielen.

Die alte Schalker Krankheit eben, die auch diese junge Mannschaft offenbar noch nicht abstellen kann: gegen stark defensive Gegner selbst das Spiel zu machen fällt unheimlich schwer. Ein Grund für diese Schwäche dürfte auch in der Zusammensetzung des Mittelfelds zu finden sein. Geis, Leon Goretzka, Pierre-Emile Hojbjerg, Leroy Sanè und Max Meyer sind sicherlich alles vielversprechende Talente, die auch jetzt schon mit außergewöhnlichen Fähigkeiten aufwarten können.

Was ihnen allerdings fehlt, ist schlicht die Erfahrung, die sie aber aufgrund ihres Alters noch gar nicht besitzen können. Das Wissen, wie man einen solchen Gegner richtig „bearbeitet“, wie man ihn müde spielt, wie man ihn mit sicheren Kombinationen immer wieder laufen lässt, um ihn irgendwann zu Fehlern und Unkonzentriertheiten zu zwingen.

In Leverkusen war das wie schon gegen die Bayern anders, eine starke eigene Defensive und mehr oder wenige erfolgreiche Konterversuche zählten hier, während die „Pillendreher“ gegen den als schwächer eingeschätzten Gast ähnliche Probleme hatten wie wir gegen Nikosia, Ingolstadt, Köln oder Darmstadt.

So blieb die erste halbe Stunde in Leverkusen ausgeglichen, da die Bayer-Akteure sich keine echten Räume in der Offensive schaffen konnten und der S04 eine konzentrierte und gute Abwehrleistung anbot. Erst danach erarbeiteten sich Karim Bellarabi und Co. ein leichtes Übergewicht, mit einem Lattenknaller des Deutsch-Marokkaners als Höhepunkt.

Doch nach der Pause gelang dann aber den Schalkern der erste Streich. Nach fünf Minuten traf Eric-Maxim Choupo-Moting mit seinem zweiten Tor der Woche zur etwas überraschenden jedoch auch nicht völlig unverdienten Führung. Die Breitenreiter-Jungs agierten nun cleverer und hatten jetzt ihre beste Phase des ganzen Spiels. Während sich die Werkstruppe immer nervöser und ideenloser hauptsächlich mit Einzelaktionen in der Schalker Hintermannschaft verhedderte, verpassten es die Blauen, ihre Konterchancen zu nutzen.

Da ihnen selbst der letzte Punch nicht mehr gelang, musste den Leverkusenern dann das Glück helfen, eine scharfe Hereingabe des Mexikaners Chicharito Hernandez konnte Ralf Fährmann nur noch mit dem Fuß so unglücklich erwischen, dass der Ball von Riethers Kopf ins eigene Netz trudelte. Für die Schalker besonders ärgerlich, denn trotz zeitweiliger klarer Überlegenheit der Bayer-Mannschaft fehlten am Ende nur ein paar Minuten, um mit drei Punkten im Gepäck die Rückreise antreten zu können.

was bleibt nun nach dieser Woche? Nun, vor allem die Feststellung, dass es den Schalkern in Spielen gegen tief gestaffelte und verteidigende Mannschaften eindeutig an Kreativität und Geduld hapert. Das ist aber angesichts eines Mittelfeldes mit Spielern zwischen 19 und 22 Jahren eigentlich kein Wunder. Es wäre da meines Erachtens noch dringend erforderlich, in der Winterpause ein wenig Erfahrung zu verpflichten.

Auch im Sturm hapert es eindeutig, die Effizienz lässt sehr zu wünschen übrig. Wenigstens hat jetzt Choupo-Moting nach einer gefühlten Ewigkeit endlich mal wieder getroffen, doch Huntelaar und vor allem der oft völlig indisponiert wirkende Franco di Santo vergeben viel zu viele Chancen. Leroy Sanè erscheint zudem im Moment etwas überspielt, seine Schnelligkeit und technische Brillanz verpuffen häufig ohne größere Wirkung.

Insgesamt macht sich immer mehr bemerkbar, dass die Personaldecke zu dünn ist. Junge Spieler wie Sanè, die eigentlich erst an die Bundesliga herangeführt werden sollten, sind mangels Alternativen nicht zu ersetzen. Wenigstens kann Johannes Geis nun wieder mitmachen, doch für die Zweigleisigkeit von Bundesliga und Europa-Liga recht das einfach nicht. Im Mittelfeld und Sturm wären noch Verstärkungen notwendig, allerdings müssten diese auch einige Erfahrung mitbringen. Keine einfache Aufgabe also.

Bis dahin gilt es nun, aus den restlichen Spielen bis zur Winterpause (am Freitag Hannover, danach in Augsburg und zuletzt gegen Hoffenheim) möglichst viele Punkte mitzunehmen. Alle drei Gegner sind im unteren Tabellendrittel zuhause, einfacher wird es dadurch trotzdem nicht.

Doch mit ihren Stärken, einem herausragenden Torwart, einer stabilen Abwehr, einem Mittelfeld mit individuell hochklassig veranlagten Akteuren, die sich aber auch für keine noch so langen Wege nach hinten zu schade sind und einem Sturm, der zumindest nominell Torgefahr ausstrahlt, sollten für die Schalker dabei Erfolge möglich sein.