Die Verlierer von Kasan: das unrühmliche Ende einer goldenen Generation

0:1 gegen Mexiko, 2:1 (mit sehr viel Glück!!) gegen Schweden, 0:2 gegen Südkorea: so liest sich die unsägliche Bilanz einer überheblichen, langsamen, ideenlosen und auch ohne jeden Teamgeist agierenden Truppe, die die Bezeichnung „Deutsche Nationalmannschaft“ schlicht nicht verdient hat.

Ger-Mex (6)

Ehrlich gesagt will ich mich hier jetzt gar nicht mit einer langen Aufbereitung der Gründe für dieses Desaster beschäftigen, dafür ist mir einfach die Lust vergangen. Etliche Experten in den Medien werden diese Aufgabe schon für mich erledigen, da bin ich mir ziemlich sicher.

Nur soviel: die Zeit für einen gravierenden Umbruch ist nun unweigerlich gekommen. Nicht nur Bundestrainer Yogi Löw, sondern auch (Frühstücks)-Manager Oliver Bierhoff und sämtliche Weltmeister von 2014 sollten jetzt gehen. Und zwar aus eigenen Stücken. Das wäre dann ein sauberer Schnitt, ein neuer, unbelasteter Übungsleiter (warum eigentlich nicht Julian Nagelsmann??) und ein Haufen junger Spieler (von denen es bei uns jede Menge gibt) könnten übernehmen.

Warum? Nun, zwar hatte sich Yogi Löw auch diesmal nicht von seiner bisherigen Erfolgsformel, nämlich eine Gruppe von ihm treu ergebenen Akteuren um sich zu versammeln und dann auf Teufel komm raus an ihnen festzuhalten abbringen lassen. Doch im Gegensatz zu 2014, als er mit Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger zwei anerkannte und funktionierende Leithengste dabei hatte, ging dieses Konzept jetzt komplett in die Hose.

Satte und nicht wirklich leistungsbereit wirkende WM-Helden standen den „Aufsteigern“ des Confed-Cup-Erfolges des letzten Jahres gegenüber. Löw und sein Stab schafften es während der gesamten Vorbereitung nicht, aus ihnen ein tatsächlich funktionierendes Erfolgsmodell zu formen. Nicht umsonst hatte diese Elf seit dem Ende der WM-Qualifikation im Oktober 2017 nur noch gegen Saudi-Arabien mit viel Mühe gewonnen, nicht aber gegen England, Frankreich, Spanien, Brasilien und (ausgerechnet!) Österreich.

Doch diese Anreihung von Pleiten und Unentschieden wurde schöngeredet, wichtig erscheinende Veränderungen im Kader nicht vollzogen oder wieder zurückgenommen. Man verließ sich schlicht auf den Nimbus der deutschen „Turnier“-Mannschaft, die zu gegebener Zeit ihre Topform schon wiederfinden werde.

Der „Rumpel“-Fußball aber wurde mit nach Russland genommen, und die saft-und kraftlose Truppe (unberechtigterweise als „Nationalelf“ bezeichnet) konnte ihn niemals richtig abschütteln. Trainer Joachim Löw wechselte zwar zunehmend hilflos und verzweifelt wirkend sein spielendes Personal häufig durch, doch aus dem lahmenden Ackergaul entwickelte sich leider kein Rennpferd mehr.

Jeder Akteur war offensichtlich nur mit sich selbst beschäftigt, niemand wollte ins Risiko gegen und Ideen einbringen, wie man spielerisch und mit Tempo den jeweiligen Gegner auseinandernehmen könnte. Verantwortung für das große Ganze wurde nicht über-nommen, die Suche nach Leitwölfen auf dem Platz versandete zunehmend erfolglos.

Verantwortlich für dieses Desaster sind neben den Akteuren, die eigentlich die Führungsrollen hätten übernehmen sollen (wie etwa Hummels, Boateng, Kroos, Müller oder Özil) natürlich auch der Nationaltrainer himself, weil er junge Spieler entweder nicht mitgenommen (Leroy Sanè!!) oder nur wenig eingesetzt hatte (Julian Brandt). Gleich mitgehen sollte der Manager, da er nicht die Eier besaß, Yogi Löw direkt nach dem Schlusspfiff in Kazan zu feuern und auch ansonsten eher als Relativierer denn als Klartext-Redner auffiel.

Und komme mir niemand mit Löw als dem großen Erneuerer, wie er es beim Confed Cup ja angeblich bewiesen habe: mit Rüdiger, Kimmich, Goretzka, Rudy, Hector, Draxler und Werner standen insgesamt gleich sieben Akteure der damaligen Final-Startelf in seinem Kader für die WM, doch richtig überzeugen konnte auch von ihnen keiner (Sebastian Rudy wegen seiner unglücklichen Verletzung mal ausgenommen).

Es passte einfach nichts zusammen während dieses unsäglichen Russland-Trips, nicht die Vorbereitung, nicht die Zusammenstellung des Kaders, auch nicht die Behandlung der Erdogan-Affäre von Özil und Gündogan und ebenso wenig offenbar die Quartierswahl in Watutinki.

All das zusammen rechtfertigt meiner Ansicht nach den totalen Reset, ohne Rücksicht auf irgendwelche Verträge oder persönliche Befindlichkeiten. Es sind nur zwei Jahre bis zur nächsten Europameisterschaft und man sollte neuem Personal soviel Zeit wie möglich einräumen, denn diese Aufgabe wird bestimmt nicht einfach werden. Der Umbruch aber ist unumgänglich.

Umso mehr freue ich mich jetzt auf die kommende Saison mit meinem FC Schalke 04 in der Champions League und bin unheimlich gespannt auf die Neuen Omar Mascarell, Salif Sanè, Suat Serdar, Mark Uth und Steven Skrzybski. Und natürlich auf den weiteren Weg, den unser Übungsleiter Domenico Tedesco und Manager Christian Heidel mit den Knappen gehen werden. Die WM ist ja jetzt quasi vorbei, möge der Fußball endlich wieder beginnen!