Das größte Geheimnis der Makroökonomie: der enge Zusammenhang zwischen Lohnstückkosten und Inflation

Im internationalen Vergleich der Volkswirtschaften sind nicht die tatsächlichen Löhne, sondern die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten (d. h. die Löhne im Verhältnis zur Produktivität) die entscheidenden Faktoren.

Lohnstückkosten und Inflation

Zusammenhang zwischen Lohn- und Preisentwicklung (Flassbeck 2012)

mit freundlicher Genehmigung von diekriseverstehen.net
Grafik ursprünglich aus Flassbeck, H. (2012): Zehn Mythen der Krise, Berlin.

Und seit 60 bis 70 Jahren gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Lohnstückkostenwachstum und der Inflationsrate (der allerdings ebenso lange von Neoliberalen, Monetaristen, Österreichern, aber auch vielen Keynesianern beharrlich ignoriert wird).

Obiges Schaubild zeigt eindeutig, dass die Inflation langfristig den nominellen Lohnstückkosten folgt. Diesen Nachweis kann man übrigens auch für Deutschland, Frankreich, die USA und Japan führen.

Die realwirtschaftliche Erklärung ist dann ebenso zwingend: Der Wettbewerb auf den Gütermärkten nötigt die Unternehmen über kurz oder lang dazu, dass Kostenersparnisse an die Verbraucher weitergegeben werden, d. h. niedrigere Lohnstückkosten sorgen auch für eine sinkende Inflation und umgekehrt.

Gesamtwirtschaftlich geht die Bedeutung der Lohnstückkosten weit über die der Kapitalkosten hinaus, da der größte Teil des produktiven „Kapitalstocks“, also z. B. Maschinen, Fabrikhallen, aber auch Büros und andere Produktionsstätten hauptsächlich unter dem Einsatz von Lohnarbeit errichtet worden sind. Dies gilt ebenso für die Investitionsgüter, mit deren Hilfe wiederum dieses Sachkapital ursprünglich hergestellt wurde.

Außer dem eher geringen Anteil importierter Vorleistungen sind demnach alle Produktionsmittel Endprodukte anderer Unternehmen, die diese unter dem Einsatz von Arbeit herstellen ließen. Daher stecken in sämtlichen Produkten (auch den inländischen Vorleistungen) ganze Lohnhistorien, von der Planung bis zur Endkonstruktion.

Daher müssen im Laufe der Zeit (also weit über die Bilanzierungszeiträume der einzelnen Unternehmen hinweg) die Bildung des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus und der Lohnstückkosten mehr oder weniger nah zusammenhängen. Aus genau diesen Gründen stellen damit die Lohnstückkosten den makroökonomisch wichtigsten Faktor für den Verlauf der Inflation dar.

Dies ist dann gleichzeitig der statistische und realwirtschaftliche Nachweis, dass der in diesem Beitrag behauptete Satz: „Löhne und Lohnstückkosten bestimmen definitiv die Preise“ stimmt. Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker haben diese Abhängigkeit in einer Forschungsarbeit und einem gemeinsamen Buch (Das Ende der Massenarbeits-losigkeit, Verlag Westend, 2007) überzeugend erklärt und nachgewiesen. Einen Foliensatz dazu gibt es hier.

Weitere Details siehe auch unter Zusammenhang Löhne, Produktivität, Lohnstückkosten und Inflation. Diesen Mechanismus in Bezug auf die Entstehung der Eurokrise habe ich in diesem Beitrag ausgeführt. Ebenso erklärt Simon Wren-Lewis (allerdings ohne die Erwähnung der zugrunde liegenden Beziehung zwischen Lohnstückkosten und Inflation) hier anschaulich die Lehren aus der Weltwirtschaftskrise für die Eurozone.