Auf und Ab mit Wundertütenfußball

Tja, da hatte ich in meinem letzten Beitrag noch von drohender Stagnation und möglichen Rückschritten geschrieben, und schon ist das Befürchtete eine Woche später glatt eingetreten.

Jermaine Jones 2010 von Memorino (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Einem etwas schmeichelhaften aber im Großen und Ganzen noch akzeptablen Heimsieg gegen den VfB Stuttgart folgte ein 1:3-Debakel im Pokal gegen Hoffenheim.
Und damit ist bereits eines der Saisonziele, nämlich das Erreichen des Pokalfinales in Berlin, nur noch Makulatur.

Schlimmer noch, vor den weiteren vorentscheidenden Spielen gegen Mönchengladbach und Basel hat man ausgerechnet das gegen den vermeintlich leichtesten Gegner aus Sinsheim schon verdaddelt.

Das gibt nicht wirklich viel Hoffnung, dass es in den anderen Begegnungen wesentlich besser laufen könnte.
Die Gladbacher haben zur Zeit einen echten Lauf mit sieben (!) Heimsiegen in Folge, während die Schweizer mit zwei Erfolgen gegen den Tabellenersten in der Champions-League-Gruppe E, den FC Chelsea, aufhorchen ließen.

Also beides keine Laufkundschaft, sondern Mannschaften, die den Schalkern alles abverlangen werden.
Und das, so muss man leider feststellen, ist außer einigen durchaus vorhandenen individuellen Qualitäten in der Offensive, im Moment nicht wirklich viel.

Doch der Reihe nach:

Glück gehabt beim Heimsieg gegen Stuttgart?

Auf den ersten Blick könnte man meinen, bei drei Toren gegen den VfB und keinem Gegentreffer müßte der S04 eigentlich alles richtig gemacht haben.

Klar, ein überragender Jefferson Farfan und Jermaine Jones mit einer seit langem mal wieder guten Leistung sicherten den Schalkern letztendlich den ersehnten Heimerfolg.
Und auch Torwart Ralf Fährmann, für den verletzten Timo Hildebrand im Einsatz, konnte sich mehrmals auszeichnen und einen Stuttgarter Torerfolg verhindern.

Doch was wäre gewesen, wenn Timo Werner in der 31. Minute seine Großchance zum 0:1 genutzt hätte?
Im Rückblick wirkt das wie der Knackpunkt der Partie, durchaus vergleichbar dem ersten Gegentor der Hoffenheimer am Dienstag abend.

In beiden Spielen hatten die Blauen offensiv begonnen, sich einige Chancen erspielt und eigentlich ein leichtes Übergewicht.

Während die Stuttgarter aber ihre erste große Torchance nicht nutzten, waren die Mannen um den ehemaligen Schalker Co-Trainer Markus Gisdol da wesentlich abgezockter.

Die Schwaben mußten fast im Gegenzug den ersten Treffer von Farfan hinnehmen, während Hoffenheim die aufkommende Verwirrung der Schalker Hintermannschaft eiskalt ausnutzte und die vorentscheidenden Tore zum 0:3 erzielte.

VfB Stuttgart-Team February 2013 by RudolfSimon (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Die Verfassung der Blau-Weißen Defensive in den Minuten nach dem 0:1 gegen die Gisdol-Truppe läßt im Nachhinein darauf schließen, was wohl passiert wäre, wenn die Stuttgarter ebenso in Führung gegangen wären.

Man mag eigentlich gar nicht weiter darüber nachdenken wollen.

Desaströses Pokal-Aus gegen Hoffenheim

Noch immer bin ich ein wenig fassungslos über die absolut katastrophale Leistung der Schalker Mannschaft in der 1. Halbzeit gegen die Sinsheimer Durchschnittstruppe.

Im Grunde genommen hatten die Knappen ja gar nicht mal so schlecht begonnen, doch nach ein paar Torchancen reichte schon der erste ernsthafte Angriff der Hoffenheimer, um alle Konzepte und Vorhaben gnadenlos umzustoßen.
Was dann folgte, kann man eigentlich nur als Leistungsverweigerung bezeichnen, die Defensive war völlig überfordert und Keeper Fährmann konnte einem letzlich auch nur noch leid tun.

Es war das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit, dass das Totalversagen der Schalker Hintermannschaft es einem Gegner ermöglichte, in nur wenigen Minuten dreimal erfolgreich zu sein und das Spiel entweder komplett zu drehen oder gleich ganz zu entscheiden.

Neben den individuellen Fehlern einiger Akteure, gerade Jermaine Jones und Christian Fuchs fielen hier sehr negativ gegen Hoffenheim auf, offenbarte dieses Desaster aber vor allem eins, was ich auch hier im Blog schon öfter erwähnt habe:

Diese Mannschaft hat einfach kein taktisches Konzept, viel zu viel ist auf Zufällen oder dem Können einzelner Spieler aufgebaut. In der Rückwärtsbewegung wirkt sie zu langsam und schwerfällig und wird immer wieder mit schnellen und geradlinigen Pässen ausgehebelt.
Der Spielaufbau ist teilweise eine echte Katastrophe, flott nach vorn wird eher selten gespielt, weil sich niemand großartig freiläuft.

So geraten die offensiven Versuche immer wieder ins Stocken, werden abgebrochen und man muß wieder mangels Anspielstationen hinten herum oder zum Torwart zurückspielen.
Gelungene Angriffsaktionen sind zudem meistens den individuellen Stärken einzelner Akteure geschuldet und eher selten die Folge geplanter und einstudierter Varianten.
Distanzschüsse oder auch gute Freistöße finden fast gar nicht mehr statt.

Sicherlich, auch die Verletzungssituation um Klaas Jan Huntelaar, Marco Höger, Leon Goretzka und nun unglücklicherweise auch noch Dennis Aogo trägt auch zu der Misere bei, gerade im defensiven Mittelfeld ud im Sturm fehlen da einfach die Alternativen.

Und auch die mangelnde Einstellung und die teils sehr extremen Formschwankungen einiger Spieler wie Roman Neustädter, Adam Szalai, Sead Kolasinac, Timo Hildebrand und auch wieder Jermaine Jones und Christian Fuchs sollte bei der Analyse nicht außer acht gelassen werden.

Und trotzdem, letztlich fällt es wegen des fehlenden Spielsystems doch vor allem auf den Trainer zurück.
Es ist dabei schon fast symptomatisch, dass Jens Keller vor einem Jahr nach einem ähnlichen Pokal-Aus (1:2 gegen Mainz) die Mannschaft übernommen hat und heute im Prinzip nicht weiter ist als Huub Stevens damals.
Ich kann mich hier nur immer wieder wiederholen:

Es ist seitdem absolut keine Weiterentwicklung auszumachen.

Alles, was diese Mannschaft tut, bleibt Stückwerk, weil kein spielerisches Ziel, kein taktischer Plan zu existieren scheint.
Viele Elemente, die modernen Fußball heute auszeichnen, vor allem das schnelle Umschalten von Abwehr auf Angriff und umgekehrt, finden bei Schalke einfach nicht statt.

Und das ist nun mal Aufgabe des Trainer-Teams, da für Änderungen zu sorgen, wenn es nicht läuft.

Wofür haben wir eigentlich einen Peter Hermann als Co-Trainer, wenn man so rein gar nichts von Bayern München übernommen hat? Oder ist wirlich etwas dran an dem sich hartnäckig haltenden Gerücht, Herrmann habe sich schon öfter beschwert, dass Jens Keller alles selbst machen würde?

Das Ganze entwickelt sich immer mehr zu einer Art Wundertütenfußball, bei dem man nie weiß, was als nächstes raus kommt.
Und es scheint so, als hätte auch Trainer Jens Keller immer weniger Einfluß darauf.