3:3 in Frankfurt, 0:0 in Bukarest, auch auf die Gefahr hin, mich hier ständig zu wiederholen: Es ist keine echte Weiterentwicklung bei den Knappen zu beobachten.
Eher im Gegenteil: Es drohen Stagnation oder gar Rückschritte. Und das ausgerechnet in einer (wieder einmal) entscheidenden Phase der Saison.
Morgen gegen Stuttgart, dann im Pokal gegen Hoffenheim, beim Tabellennachbarn in Gladbach und schließlich das entscheidende Champions-League-Spiel gegen Basel: Es werden die Weichen für den weiteren Verlauf der Spielzeit gestellt.
Können die Schalker in der Bundesliga oben dabei bleiben? Ist ein Überwintern in der europäischen Königsklasse und im DFB-Pokal noch möglich?
Das aber sind genau die Fragen, die in den nächsten zwei Wochen einer Entscheidung harren; die Fragen, auf die die Mannschaft möglichst die richtigen Antworten parat haben sollte.
Aber hat sie die? Oder hat der Trainer sie?
Die Ergebnisse der letzten beiden Spiele lassen ebenso stark daran zweifeln, wie die Art und Weise, wie sie zustande gekommen sind.
Frankfurt: Ein Rückschritt in Richtung Hoffenheim?
Über das Spiel bei den Hessen ist eigentlich alles bereits in anderen Medien gesagt worden. Wer nach einer 2:0-Führung innerhalb von 12 Minuten auf die Verliererstraße gerät, hat mehr als nur ein Problem.
Eine zeitweilig sehr pomadig spielende Mannschaft, ein neben sich stehender Torwart und ein Trainer Jens Keller, der schon bei der Aufstellung entscheidende Schwächen erkennen läßt.
Ebenso sollte man nicht verkennen, dass das Billard-Tor von Benedikt Höwedes ein reiner Glücksfall war, da ihm der Ball nur aufgrund Frankfurter Ungeschicklichkeiten vor die Füße gefallen war.
Positiv zu erwähnen war vor allem der Kampfgeist, mit dem man sich zum Ende der Begegnung gegen die drohende Schlappe stemmte und die Leistung von Max Meyer, der mit gerade 18 Jahren immer mehr zum Dreh- und Angelpunkt der Schalker Offensive wird.
Ein zentraler Kritikpunkt aber muss die Intention von Jens Keller bei der Aufstellung sein: trotz seiner beiden Tore gegen Werder Bremen bleibe ich dabei, dass Kevin-Prince Boateng so ziemlich alles spielen kann, nur nicht Stürmer. Dies aber scheint der S04-Coach immer noch nicht bemerkt haben.
Auch in Frankfurt wurde Boateng mit dieser Maßnahme schon vor dem Spiel effektiv aus demselbigen genommen.
Ebenso war es nicht ersichtlich, warum der schon gegen Dortmund überfordert wirkende Sead Kolasinac wieder als Linksverteidiger ran durfte. Im Moment ist der junge Bosnier nach seiner langen Verletzung schlicht nicht in der Verfassung, auf dieser Position echte Akzente setzen zu können.
Dennis Aogo hatte sich eigentlich dort festgespielt, doch Jens Keller scheint ihn zur Zeit lieber im defensiven Mittelfeld einsetzen zu wollen. Immerhin korrigierte er diese Entscheidung gegen Bukarest.
Es bleibt die Hoffnung, dass es eine dauerhafte Einsicht sein könnte.
Ansonsten erinnerte die Partie tatsächlich fatal an das Spiel Ende September in Hoffenheim, bei dem ja bekanntlich eine 3:1-Führung auch nicht zum Sieg reichte.
Und natürlich drängt sich damit auch die Frage auf, ob die Schalker seitdem dazu gelernt haben.
Es fällt schon extrem schwer, darauf eine positive Antwort zu finden.
Nicht überzeugende Null-Nummer in Bukarest
Auch die Begegnung bei den Rumänen in der Champions League trug nicht wirklich viel dazu bei, aufmunternde Assoziationen zu dieser Frage zu finden.
Eine (angebliche?) Verletzung von Timo Hildebrand brachte etwas Entspannung in der Torwartfrage, sein Vertreter Ralf Fährmann lieferte eine ordentliche Leistung ab und es dürfte nicht viel Fantasie nötig sein, ihn auch am Samstag gegen den VfB im Schalker Kasten stehen zu sehen.
Und der Rest? Nun ja, eine hinten recht sicher stehende Schalker Mannschaft gelang es gegen eine eher als mittelmäßig zu bewertende Bukarester Truppe nicht, entscheidende Offensivaktionen zu verzeichnen.
Im Gegenteil, bei neutraler Betrachtung konnte man keine großartigen Unterschiede zwischen dem Bundesligisten und dem rumänischen Meister feststellen, im Hinspiel war das zumindest in der Schlussphase noch anders.
Klar, kann man nun einwenden, schließlich waren mit Julian Draxler und Kevin-Prince Boateng zwei wichtige Schlüsselspieler nicht dabei.
Das ist zwar sicherlich richtig so, doch auch der Rest der Blauen um Höwedes, Jones, Farfan, Szalai und Co. hätte an sich ausreichen müssen, um Steaua in die Schranken weisen zu können.
Taktische und spielerische Unzulänglichkeiten überwiegen
Dass dies nicht geschehen ist, zeigt die momentane spielerische und taktische Schwäche der Schalker Mannschaft klar auf.
Probleme im Spielaufbau, wenig Laufbereitschaft und die Weigerung von Führungsspielern, Verantwortung zu übernehmen bringen die Keller-Truppe immer wieder an ihre derzeitigen Grenzen.
Ohne schnelles Umschaltspiel nach vorn ist man viel zu häufig gezwungen, mit Rückpässen einen zeitraubenden Neuaufbau zu inszenieren und gibt damit dem jeweiligen Gegner alle Möglichkeiten, sich wieder neu zu formieren. Als Ergebnis fehlen wieder die Anspielstationen und das Ganze beginnt erneut.
„Stockfehler“ und unter Druck häufiger vorkommende Fehlpässe erhöhen dann zwangsläufig die Gefahr, in der Vorwärtsbewegung kalt erwischt zu werden.
Ausserdem ist es meines Erachtens auch notwendig, endlich für eine gewisse Homogenität bei der Aufstellung zu sorgen.
Wenn Ralf Fährmann sich keine größeren Klöpse erlaubt, könnte die Torwartfrage zumindest fürs Erste gelöst sein. Auch für Timo Hildebrand ist es jetzt wohl besser, eine Zeit lang aus dem Blickfeld zu rücken, seine Leistungen waren einfach zu unbeständig.
Dennis Aogo ist momentan wohl unbestritten der Beste, den wir für die Position des linken Verteidigers haben. Also sollte er auch dort (und nur dort) dauerhaft zum Einsatz kommen.
Und Prince Boateng ist kein Stürmer, sondern ein torgefährlicher Mittelfeldspieler. Das ist ein Unterschied, den eigentlich auch Jens Keller erkennen müßte.
Meiner Meinung nach wäre es daher sinnvoller, Boateng eventuell sogar auf eine Sechser-Position zu ziehen, wenn die offensive Ausrichtung mit Draxler – Meyer – Farfan besetzt sein soll. Mit Jones oder Neustädter an seiner Seite könnte er seine kraftvolle und dynamische Spielweise so eigentlich am effektivsten zur Geltung bringen und es müßte nicht einer aus dem offensiven Trio auf der Bank sitzen.
Mit Obasi, Kolasinac, Fuchs, Goretzka und Clemens dürften auch genügend Alternativen bereitstehen, falls das Knie dieser Dauerbelastung nicht ständig ausgesetzt werden soll.
Insgesamt aber ist eine enorme Leistungssteigerung und auch taktische Einsicht des Trainers unbedingt vonnöten, wenn man die gesteckten Saisonziele nicht schon jetzt aus der Hand geben will.
Vor einiger Zeit war ich noch der Ansicht, dass der Erfolg im Derby gegen den BVB allein von der Tagesform abhängig sei, ansonsten aber in etwa gleiche Voraussetzungen bestünden.
Inzwischen muss ich mich da (leider) korrigieren, momentan sieht es auch gegen die Vereine aus dem Mittelfeld so aus, dass teilweise kräftig gezittert werden muss.
Denn Mannschaften wie Gladbach oder Wolfsburg (von Leverkusen gar nicht zu reden) sind momentan eindeutig besser als Schalke und stehen auch völlig zu Recht in der Tabelle vor den Blauen.
Trotzdem will ich die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass das am Ende der Spielzeit anders aussehen kann.