Heiner Flassbeck: Hallo, aufwachen! Es ist Rezession!

„Man bestreitet, was offensichtlich ist, weil man wohl ahnt, dass sich keine politische Konstellation finden lässt, mit der man eine konsequente Politik zur Bekämpfung der Rezession machen könnte.“

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Der Ökonom Heiner Flassbeck während einer Tagung in Berlin 2018

„Folglich reden die einen über „Deindustrialisierung“, die anderen über „Fachkräftemangel“ und die Drit-ten – wieder einmal – über die mangelnde Bereitschaft der Empfänger staatlicher Hilfen, eine Arbeit aufzunehmen.

Früher konnte man solche politischen Äußerungen als falsche Diagnosen in einer konjunkturellen Schwächephase bezeichnen, heute sind es einfach nur lächerliche Ausreden, weil keiner den Mut hat zu sagen, dass fast alle politischen Kräfte zusammen Deutschland in eine Sackgasse manövriert haben und nun den Rückweg nicht mehr finden können.“

aus Relevante Ökonomik: Hallo, aufwachen! Es ist Rezession!

Zinsfehler: Das fundamentale Missverständnis über Reserven und Liquidität

Ein schon etwas älterer Artikel, dessen Kenntnis aber zum Verständnis des globalen Geldsystems auch heute noch unabdingbar ist.


Der „Werkzeugkasten“ der Zentralbanken als Wunsch und Wirklichkeit

„Die Finanzkrise 2007/2008 ist eine bis heute nicht überwundene Krise des globalen Geldsystems, das im Wesentlichen ein unkontrolliertes und unreguliertes Eurodollarsystem ist. Um dieses zentrale Eurodollarsystem kreist insbesondere die amerikanische Zentralbank, die hierfür aber gar kein Mandat hat. Insofern sollte man im Kontext des Eurodollarsystems auch eher von Dezentralbanken sprechen.

Es ist ein zutiefst dysfunktionales System, in dem die Zentralbanken Reserven ohne Sinn und Verstand im Überfluss erzeugt haben – die sogenannten Überschussreserven –, die Sonnenbanken diese Reserven aber wegen faktischer Unmöglichkeit nicht dem globalen Schattenbankensystem zuführen konnten.

Eine schnelle Lösung für dieses Desaster ist nicht zu erwarten; denn dafür fehlt es am ganz grund-sätzlichen Verständnis. Und so wandeln wir sehr wahrscheinlich auch die kommenden 50 Jahre weiterhin im monetären Irrgarten umher; getreu dem Motto: Never change a running system.

Weil unser aktuelles Geldsystem dysfunktional ist, ist eine höhere Staatsverschuldung aktuell der wichtigste Hebel, um die Wirtschaft wieder auf den Wachstumspfad zu führen. Wer also weiterhin für einen ausgeglichenen Staatshaushalt plädiert (also de facto alle), der hat – um mal wieder Tucholsky zu bemühen – es einfach nur gut gemeint.“

Warum weder Wachstum noch Degrowth als langfristige Ziele für die Ökonomie sinnvoll sind

Wenn ich Konzepte wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) erwähne, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Diskussionen über die Vorzüge von „Wachstum“ und „Degrowth“ ausbrechen. Fast ausnahmslos stecken diese Argumente in einem konzeptionellen Rahmen fest, der seit 50 Jahren oder sogar noch länger veraltet ist.

Kraftwerk Weisweiler im Sonnenaufgang
Das Braunkohlekraftwerk Eschweiler-Weisweiler (Betreiber RWE) im Sonnenaufgang

Das System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, bei dem das BIP ein zentraler Bestandteil ist, wurde in den 1930er Jahren eingeführt. Es wurde entwickelt, um die Funktionsweise der industriellen Wirtschaft zu messen, die im 19. Jahrhundert entstanden war und bis zum Ende des 20. Jahrhunderts die dominierende Form der wirtschaftlichen Aktivität blieb.

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Working Paper: Fatale Austerität

In diesem Paper werden die makroökonomischen Folgen des Sparprogramms quantifiziert, das der Machtübernahme der NSDAP in Deutschland im Jahr 1933 vorausging.

Bundesarchiv Bild 183-2008-0826-506, Rom, Deutscher Staatsbesuch, Brüning
Reichskanzler Heinrich Brüning bei einem Staatsbesuch in Rom, 1931

Zwischen 1930 und 1932 erließ der deutsche Reichskanzler Brüning vor dem Hintergrund einer schwachen Wirtschaft und des Aufstiegs des politischen Extremismus eine Reihe großer Ausgaben-kürzungen und Steuererhöhungen.

Es wurde ein neuartiger passgenauer fiskalischer Datensatz verwendet, um die makroökonomischen Auswirkungen von Brünings Sparpolitik zu ermitteln. Dabei wurde festgestellt, dass die Sparschocks das deutsche BIP um mehr als vier Prozent reduzierten und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um fast zwei Millionen verursachten, was den Weg für den Erfolg extremistischer Parteien ebnete.

Milei, die argentinische Wirtschaftskrise und die sich ausbreitende Katastrophe

Die Bevölkerung Argentiniens leidet. Die Kaufkraft der Menschen, die noch einen Job haben, ist (stark) gesunken und die Arbeitslosigkeit muss sich verdoppelt haben (sie lag im letzten Quartal 2023 bei 5,7 %), wenn sie sich nicht verdreifacht hat.

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Panorama der Plaza de la República in Buenos Aires, Argentinien

Weniger Staatsausgaben, weniger Konsumausgaben und zweifellos weniger private Investitionen bedeuten, dass Argentinien eine wirtschaftliche Katastrophe erlebt, die das Land für Jahrzehnte belasten wird. Einzelhandelsumsätze (Volumen): Rückgang um rund 20 %, während die Menschen derzeit noch in der Lage sein werden, ihre Ersparnisse zur Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards zu verwenden!

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Makronom: Das Leben des John Maynard K.

„Manche mögen John Maynard Keynes als Tausendsassa ohne klaren Kompass bezeichnen. Und tatsächlich zeichnete ihn eine bemerkenswerte Flexibilität aus – allerdings gepaart mit einer ebenso bemerkenswerten Fixierung auf ein Ziel.

Si las paredes hablaran… de Economía (Idígoras, 2022) 09
John Maynard Keynes (links) als Detail eines Wandbildes an der Universität in Malaga, Spanien

Es ist nicht möglich, unsere Sklaverei gegenüber dem Mammon zu beenden, solange wir nicht alle ausreichend reich oder zumindest ausreichend glücklich mit dem sind, was wir haben, so dass wir nur ein Minimum an Zeit arbeiten und den Rest mit viel schöneren und unterhaltsameren Beschäftigungen verbringen können.

Manche mögen ihn als Tausendsassa bezeichnen. Aber in Wahrheit war Keynes ein Mann der Renaissance, und er war der Meinung, dass die Menschheit erst dann frei sein wird, wenn sich jeder ein Leben leisten kann, das dem entspricht, das er zu leben das Glück hatte.“

Lesenswerter Artikel von Branko Milanovic über den Namensgeber des Keynesianismus mit einigen ungewohnten Einsichten zum Wert der Freiheit und den Unterschieden in Keynes Ansichten und denen der Österreicher wie Hayek und von Mises.

Deren Dogmatismus stellt er die Flexibilität von Keynes entgegen, die Ökonomik als Mittel zum Zweck zu sehen. Etwas, was heute neben den Neoliberalen auch die Progressiven oft aus den Augen verlieren.

History: Die Bankenrettung von 2008 war unnötig

Der 15. September wird bereits den sechzehnten Jahrestag des erschütternden Niedergangs in die Finanzkrise markieren – als die riesige Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz anmelden musste und der größte Versicherer der USA, die AIG zeitig folgen würde.

Lehman Brothers 2006 - panoramio
Hauptgebäude von Lehman Brothers am Times Square, New York 2006

Niemand war sich sicher welches Finanzinstitut als nächstes fallen könnte. Das Bankensystem begann einzufrieren. Die Banken verlängern normalerweise ihre kurzfristigen Kredite für einige hundertstel Pro-zentpunkte mehr als die Kreditaufnahme der Bundesregierung sie kosten würde. Diese Lücke explo-dierte nach dem Zusammenbruch von Lehman um 4 oder 5 Prozentpunkte.

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Ein Artikel von Wynne Godley über den Keynesianismus aus dem Jahr 1984

Es gibt einen schönen Artikel von Wynne Godley aus dem Jahr 1984 mit dem Titel Confusion In Economic Theory And Policy – Is There A Way Out? in dem Buch After Stagflation: Alternative To Economic Decline, herausgegeben von John Cornwall, 1984, in dem er seine Weltanschauung darlegt und erläutert, wie der Keynesianismus funktionieren sollte.

Wynne Godley
Foto des britischen Ökonomen Wynne Godley

Darin spricht er davon, dass der Keynesianismus eine internationale Koordination nicht nur der Fiskal-politik, sondern auch der Steuerung des internationalen Handels erfordert.

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Noch einmal: Über die verlorene Freizeit unseres Lebens

John Maynard Keynes lag schon richtig mit seiner Vorhersage, dass wir weniger arbeiten werden, doch er überschätzte, wie lange dieser Trend tatsächlich anhalten würde.

Week-end pleasure
Freizeit-Vergnügen im Garten

„Drei Stunden am Tag sind genug“, schrieb Keynes 1930 in seinem Essay „Economic Possibilities for our Grandchildren“ (dt.: Die wirtschaftlichen Möglichkeiten für unsere Enkelkinder).

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Geschichte: Joseph Schumpeter über das tatsächliche Wesen des Geldes

Offensichtlich ist dieses Phänomen nur dem Geld eigen und hat daher keine Entsprechung in der Welt der realen Waren. Ein Anspruch auf eine gewisse Menge an Schafen beispielsweise erhöht eben keines-wegs die Gesamtzahl der Schafe.


Aber eine Bankeinlage, obwohl legal eigentlich nur ein Anspruch auf Geld als gesetzliches Zahlungs-mittel, dient in sehr weiten Grenzen den genau gleichen Zwecken, die dieses Geld an sich selbst erfüllen würde.

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