Schalke 04: Mannschaft mit Sa(h)nè-Häubchen

Auch wenn man immer wieder betonen muss, dass die beiden Schalker Siege über Eintracht Frankfurt (2:0) und beim Hamburger SV (1:0) vor allem Produkte einer geschlossenen Mannschaftsleistung waren, so ragen doch einige Spieler leistungsmäßig aus diesem Gefüge noch etwas heraus.

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Torwart Ralf Fährmann glänzt nun schon seit längerem mit formidablen Leistungen, und entgegen der Meinung so mancher blau-weißer Fans hat es jetzt auch Innenverteidiger Joel Matip verdient, mal ein wenig mehr Beachtung zu bekommen.

Während ich zu dem Schalker Schlussmann schon letztens nur lobende Worte gefunden habe, will ich hier auch mal dem Kameruner ordentlich Beifall spenden: 2 Tore und 3 Vorlagen in 7 Bundesligaspielen, damit momentan der Topscorer beim S04, dazu noch ein Treffer in der Europa League, neben herausragender Defensivdominanz rund um den Schalker Strafraum brilliert Matip momentan noch zusätzlich vor dem gegnerischen Gehäuse.

Damit werden aber gleichzeitig die Vertragsgespräche um den auslaufenden Kontrakt von Joel immer brisanter. Sein Marktwert dürfte von Spiel zu Spiel steigen, und der Druck auf Manager Horst Heldt wächst, den zum Saisonende auslaufenden Vertrag möglichst zügig zu verlängern. Wie viele andere Schalker Fans warte ich da sehnsüchtig auf eine hoffentlich bald erfolgende Vollzugsmeldung.

Nun könnte man noch Leon Goretzka erwähnen, beim HSV mit einem exzellentem Auftritt und Vorbereiter des Siegtores, oder Johannes Geis, inzwischen nicht mehr wegzu- denkender Stratege und verlängerter Arm des Trainers Andrè Breitenreiter auf dem Spielfeld, oder Max Meyer, der sich immer mehr aus dem langen Schatten von Julian Draxler (wer war das noch gleich?) herausdribbelt, oder selbst Roman Neustädter, Ende der vergangenen Saison höchst ungeliebt bei den Fans, der inzwischen einen aus der Not heraus geborenen sehr soliden Part neben Joel Matip absolviert.

Doch eigentlich ist es auch etwas unfair, irgendeinen Spieler hier nicht zu nennen, da es vor allem die geschlossene Mannschaftsleistung ist, die dieses junge Team besonders auszeichnet. Andrè Breitenreiter hat es innerhalb erstaunlich kurzer Zeit tatsächlich geschafft, aus einer verunsicherten Truppe von zerstrittenen Einzelkämpfern einen eingeschworenen Haufen zu formen, der nun völlig zurecht auf einem Champions-League-Platz steht.

Obwohl es da ja auch noch den Torschützen aus Hamburg gibt, der neben dem Siegtreffer gegen die den Hanseaten bereits in Stuttgart für die drei Punkte sorgte und gegen Frankfurt besonders sehenswert einnetzte. Da wurden Erinnerungen an den großen Raul wach, als Leroy Sanè einen Konter der Schalker in der Nachspielzeit zu einem Sololauf durch die hessischen Slalomstangen nutzte und mit dem 2:0 die endgültige Entscheidung herbeiführte.

Die Arena stand Kopf angesichts dieser kaltschnäuzigen Abgebrühtheit des erst 19-jährigen Top-Talents, dessen Schnelligkeit und Technik an große Vorbilder wie Messi oder Ronaldo erinnert. Doch neben seinen Toren war es etwas ganz anderes, was mich in Hamburg an ihm besonders beeindruckte: missfiel er in den Spielen vorher noch mit erheblichen Mängeln in der Defensive, einschließlich sehr vielen leichtfertigen Ballverlusten, so wirkte er an der Elbe wie verwandelt, ackerte und rackerte fleißig auch im Rückwärtsgang.

Offenbar hatte der Coach ihm zwischenzeitlich eindeutig klar gemacht, wie er sich seinen Wirkungsbereich auf dem Platz vorstellt. Und Sanè hatte anscheinend sehr gut zugehört und die Kritik ernst genommen. Erdung erfolgreich vollzogen könnte man sagen, eine sicherlich nicht unbedingt leichte Aufgabe für Andrè Breitenreiter, deren Vollzug aber sehr gut erkennen lässt, wie mustergültig es momentan einfach passt zwischen Trainer und Mannschaft.

Nun gilt es vor allem, diese „Magie“, die ja für einen nicht gerade kleinen Teil des Erfolgs verantwortlich zeichnet, solange wie möglich zu erhalten, die jungen Spieler dabei zu unterstützen, auf dem berühmten „Teppich“ zu bleiben und nicht mit Blick auf den Tabellenstand zum Höhenflug anzusetzen.

Trotz beeindruckender Leistungen ist diese Mannschaft meiner Ansicht nach noch nicht ganz so gut und so weit, wie es der derzeitige Rang in der Tabelle aussagen mag. Es gab zwischenzeitlich immer wieder einige schwache Phasen, in denen man den Gegnern zu viel Raum gelassen und zu wenig Eigeninitiative gezeigt hatte. So geriet des Öfteren der eigentlich souverän herausgespielte Vorsprung unnötigerweise wieder in Gefahr.

Wobei man mich bitte nicht falsch verstehen soll: ich finde es schon sehr beeindruckend, wie es den Schalkern über weite Strecken gelingt, ihren Kontrahenten das eigene Spiel aufzuzwingen. Aufgrund der desolaten Situation bei Breitenreiters Amtsantritt halte ich es für völlig normal, dass ein solcher Rhythmus (noch) nicht über die ganzen 90 Minuten durchgehalten werden kann.

Ich bin daher mal wirklich gespannt, wie das ab Ende Oktober aussehen wird, wenn es gegen die Großen der Liga (zweimal gegen Gladbach einschl. Pokal, gegen Bayern München, Leverkusen und den BVB) geht. Das sind dann die Nagelproben, ob der derzeitige Tabellenrang wirklich schon gerechtfertigt ist.