„(Nur noch) zwei Schalker in Paris“: mit Draxler und Neuer sorgten zwei Ex-Schalker für den Viertelfinaleinzug

Nach Neustädter und Schöpf erwischte es im Achtelfinale der EM auch den Neu-Schalker Breel Embolo einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe seines Wechsels nach Gelsenkirchen.

Germany and Argentina face off in the final of the World Cup 2014 -2014-07-13 (36)
Manuel Neuer und Mats Hummels während des Endspiels der WM 2014 gegen Argentinien

Trotz eines nach dem Ausgleichstreffer von Xherdan Shaqiri überlegen geführten Spiels verloren die Schweizer ihre Partie unter den letzten Sechzehn gegen Polen im Elfmeterschießen. Embolo wurde dabei in der 58. Minute eingewechselt und stand daher noch über 50 Spielminuten auf dem Platz. Er wechselte dabei öfters die Seiten und sorgte über rechts wie links für mehr Offensivdruck seiner Mannschaft.

Wenn er auch ansonsten eher unauffällig blieb, so war es doch bezeichnend, dass die Schweizer nach seiner Einwechselung wesentlich mehr vom Spiel hatten als vorher. Embolo sorgte für mehr Präsenz in der Offensive und zeigte robuste Zweikampfstärke. Ich glaube daher schon, dass Christian Heidel genau wusste was er tat, als er die Verpflichtung des 19-Jährigen ins Auge fasste.

Doch nun wird sich Breel Embolo ebenso wie der Österreicher Alessandro Schöpf in Ruhe auf die neue Saison in Schalke vorbereiten können. Denn beide spielen bei dieser EM keine Rolle mehr und so sind Benni Höwedes und Leroy Sanè die beiden letzten S04-Kicker, die noch im Wettbewerb verbleiben.

Doch wie bereits im letzten Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft musste Sanè auch gegen die Slowakei 90 Minuten auf der Bank schmoren, während Höwedes zumindest in der Schlussphase noch einmal auflaufen durfte. Der junge Außenstürmer scheint dabei das „Opfer“ einer gewissen Hierarchie in der Truppe von Jogi Löw zu sein.

Zuerst bekommen wohl die etablierten Spieler wie Andrè Schürrle oder auch Lukas Podolski ihre Chance. Der Capitano Bastian Schweinsteiger steht in der Einwechsel-Hackordnung zudem unangefochten an Nummer Eins. Ausnahmen gibt es anscheinend nur für Positionen, auf denen generell ein Mangel herrscht, so wie Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger. Da müssen dann die Neulinge ansonsten halt erst einmal warten, bis sie an der Reihe sind.

Und diese Rangfolge wird nun mal vom Bundestrainer bestimmt. Verdiente Akteure, die sich zuvor geräuschlos in das Reservistendasein gefügt hatten oder aus anderen Gründen als wichtig für die Mannschaft erachtet werden, erhalten offenbar einen gewissen Vorzug. „Frischlinge“ dagegen müssen sich gedulden und werden damit meiner Ansicht nach auch noch gleichzeitig getestet, ob sie richtig in die Truppe „passen“.

Nach all den Länderspielen (seit 2006 immerhin 135) und verschiedenen Turnieren mit Jogi Löw kann man schon festhalten, dass er einen bestimmten Typus als Nationalspieler bevorzugt. Lautsprecher sind nicht unbedingt angesagt, die Kategorie „zukünftiger Schwiegersohn“ trifft es schon wesentlich besser.

Daher halte ich es eher für unwahrscheinlich, dass Sanè jetzt, wo es in den K.O.-Runden ums Ganze geht, noch großartig Spielzeit erhalten wird. Vielleicht ein paar Minuten hier oder da, ansonsten sieht’s aber eher mau aus. Für den Spieler selber natürlich nicht gerade erfreulich, für Schalke allerdings sieht das schon anders aus. Bleibt er bei der EM auf der Bank, so steigt möglicherweise damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass er doch noch ein Jährchen oder mehr beim S04 verweilt.

Doch zurück zum Achtelfinale gegen die Slowakei. Mit Julian Draxler als Torschützen und Vorlagengeber sowie Manuel Neuer im Kasten waren es ausgerechnet zwei Ex-Schalker, die maßgeblichen Anteil am Erfolg hatten. Beim Neu-Wolfsburger Draxler bewies der Bundestrainer Fingerspitzengefühl, als er von Anfang an auf ihn und nicht Mario Götze setzte. Draxler dankte es ihm mit einer feinen Einzelaktion vor dem 2:0 von Mario Gomez und einem sehenswerten Treffer zur Vorentscheidung nach einer guten halben Stunde.

Trotzdem (oder besser gesagt gerade deshalb) bleibe ich bei meiner Einschätzung, dass Julian hauptsächlich ein (wenn auch sehr guter) Mitläufer ist und kein Führungsspieler, wie ich das ja auch schon nach seinem Wechsel nach Wolfsburg erklärt hatte. Das bedeutet aber eben nicht, dass ich ihn nicht für einen Klasse-Fußballer halte, ganz im Gegenteil, mit solchen Typen in der Mannschaft kann man durchaus Europameister werden.

Manuel Neuer bewies dagegen schon des Öfteren auch in der Nationalelf seine Führungsstärke, seine Leistung gegen die Slowakei wird sein „Standing“ bei Jogi Löw sogar wohl noch verbessern, denn ohne seine Glanzparade gegen Juraj Kucka vier Minuten vor dem Pausentee hätte sich die Partie ganz anders entwickeln können. Selbst bei einem solch hochkarätig besetzten Turnier kann man die Torhüter an einer Hand abzählen, die diesen Ball ganz ohne vorherige Beschäftigung so noch aus dem Lattendreieck herausgeholt hätten.

Nun also wartet der alte Rivale und „Angstgegner“ Italien im Viertelfinale. Wie immer ein sehr unangenehmer und starker Gegner, möglicherweise der Stärkste unter den noch verbliebenen Konkurrenten um den Titel. Ehrlich gesagt hatte ich die „Squadra Azzura“ vor der EM gar nicht so richtig auf dem Zettel, als es um die EM-Favoriten ging. Denn noch im März gelang den Deutschen ein viel beachteter 4:1-Sieg in einem Freundschaftsspiel in München, der erste Erfolg gegen Italien nach fast 21 Jahren!

Doch nach einem 2:0 über Belgien, einem 1:0 über Schweden und nun einem 2:0 über Titelverteidiger Spanien gehören die Italiener jetzt wieder zu den gefürchtetsten Widersachern in diesem Turnier. Mit Torwart-Legende Gianluigi Buffon im Kasten und einer gefestigten, beinharten Defensive davor wird das Toreschießen für jeden Gegner zu einer fast unlösbaren Aufgabe.

Wer aber nun meint, die Italiener würden wie in alten Zeiten nur auf ihren Catenaccio und vorn auf den lieben Gott vertrauen, der liegt gewaltig falsch. Graziano Pellè und der Brasilianer Éder bilden ein inzwischen auch international hochgeachtetes Sturmduo und nach Balleroberungen in der eigenen Hälfte beschränken sich die Italiener nicht nur auf überfallartige Konter, sondern überzeugen auch durch ungewöhnlichen Ballbesitzfußball.

Ich erwarte daher in erster Linie ein Geduldsspiel, in dem es vor allem darum gehen wird, den italienischen Sturm in den Griff zu bekommen. Sollte dies gelingen, so traue ich unserer Nationalelf durchaus zu, sich die Squadra Azzura im Laufe der Begegnung so weit zurecht „legen“ zu können, um nach Neunzig oder Hundertzwanzig Minuten erfolgreich vom Platz gehen zu können.