FC Schalke 04: lauter unbeschriebene Blätter…

So langsam kehrt doch das Kribbeln wieder zurück. Hatte ich nach dem Ende der letzten Saison und vor allem nach der plötzlichen und überraschenden Entlassung von Trainer Markus Weinzierl erst einmal keinen richtigen Bock mehr auf Bundesliga-Fußball, stelle ich nun erstaunt fest, dass es nur noch knapp einen Monat dauert, bis die neue Spielzeit beginnt.

Domenico Tedesco
Schalkes neuer Übungsleiter Domenico Tedesco

Und schon erwische ich mich dabei, die Termine der Freundschaftsspiele im Kalender anzustreichen, die genauen Anstoßzeiten der ersten Begegnungen in der Liga vorzumerken und immer öfter im Internet nachzuschauen, was denn die diversen Transfer-Ticker so über den S04 zu verbreiten haben.

Neben dem üblichen Rauschen in medialen Blätterwald stehen naturgemäß die bisher bereits getätigten Neuverpflichtungen im Mittelpunkt meines Interesses. Doch so richtig schlau werde ich aus der Transfer-Politik von Sportdirektor Christian Heidel bisher nicht.

So gab bereits der neue Übungsleiter in Person von Domenico Tedesco einige Rätsel auf. Wollte man Markus Weinzierl die nötige Erfahrung absprechen, einen so schwierigen Kader wie den der Blau-Weißen zu führen, muss man da bei seinem Nachfolger eigentlich gar nicht drüber reden. Drei Monate Chefcoach im Profibereich bei Erzgebirge Aue in der zweiten Bundesliga!

Ansonsten nur Erfahrung in den Jugendbereichen von VfB Stuttgart und 1899 Hoffenheim, eigentlich ein eher unbeschriebenes Blatt. Heidel muss sich darüber im Klaren sein, was für ein enormes Risiko er mit dieser Personalie eingegangen ist. Mit „Wunschtrainer“ Weinzierl hat es wider Erwarten nicht geklappt, dieser zweite Schuss muss jetzt sitzen, jeglicher weitere Misserfolg wird ansonsten dem Manager persönlich angekreidet.

Doch neben dem (noch eher) unbekannten neuen Übungsleiter lösten auch die bisher verpflichteten Neuzugänge keine richtigen Aha-Effekte aus. Pablo Insua? Über den spanischen Innenverteidiger von CD Leganes, letztjähriger erstmaliger Primera Divison-Teilnehmer in Spanien, war mir bis zu seinem Transfer eigentlich nichts bekannt.

Selbst seine deutsche Wikipedia-Seite hat kaum mehr zu berichten, als dass er insgesamt 123 Spiele für Leganes und seinen Stammverein Deportivo La Coruña in der iberischen 1. Liga absolviert hat und dabei fünfmal ins gegnerische Netz treffen konnte. Erst tiefer im Netz findet man die Geschichte vom stillen Aufstiegshelden, dem am letzten Spieltag 2015/16 mit dem einzigen Tor der Begegnung die entscheidende Weichenstellung für Leganes gelang.

Ein wenig anders scheint da der zweite Neuzugang, der französische U-20-Nationalspieler Amine Harit drauf zu sein. Doch ehrlich gesagt hatte ich ebenso von ihm bis zu dem Zeitpunkt, als der Transferpoker mit seinem Verein, dem FC Nantes bekannt wurde, noch nie etwas gehört. Logischerweise ist es mir daher auch völlig unmöglich, sein Leistungs-vermögen irgendwie einzuschätzen. 30 Spiele in der höchsten französischen Liga absolvierte er während seiner ersten Senioren-Saison, in der allerdings nur ein Tor und ein Assist für ihn zu Buche stehen.

Also womöglich erst einmal „nur“ eine Option für die Zukunft, oder wird ihm sofort der Sprung in die Bundesliga, die ja gemeinhin stärker als die Ligue 1 in Frankreich eingeschätzt wird, gelingen? Soll er vielleicht Max Meyer beerben, dem ja immer noch Abwanderungsgedanken nachgesagt werden? Zusammen mit Breel Embolo bildet er laut Medien zumindest ein „Offensivduo der Hoffnung“, wenn man ersten Trainings-eindrücken glauben will. Aber auch der Schweizer Embolo gilt eigentlich noch als Unsicherheitsfaktor, muss er doch nach seiner schweren Verletzung erst wieder richtig auf die Beine kommen.

Unabhängig von anderen noch anhängigen Transfers bringen mich Trainer und Neuzugänge derzeit mächtig ins Grübeln. Doch bei solch unbeschriebenen Blättern muss jeder Versuch einer Einschätzung vorerst noch ein Stochern im Nebel bleiben. Wieder einmal gleicht der FC Schalke 04 der vielzitierten Wundertüte, bei der niemand weiß, was am Ende dabei herauskommen wird.

PS: Für die Position des linken Verteidigers ist momentan neben einer erneuten Ausleihe von Abdul Rahman Baba angeblich auch der bisherige Frankfurter Bastian Oczipka nicht nur im Gespräch. Der immerhin absolvierte seit 2012 146 Partien für die Eintracht und gehörte in der letzten Saison zu deren auffälligsten Akteuren. Wenigstens einer, der dann kein unbeschriebenes Blatt wäre.