Nun also Breitenreiter. Nach der schnellen Absage von „Wunschkandidat“ Markus Weinzierl und trotz der Hängepartie mit dem „Eurofighter“ Marc Wilmots präsentierte der FC Schalke 04 mit dem Paderborner Trainer nun etwas überraschend einen Nachfolger für den in Ungnade ausgeschiedenen Roberto Di Matteo.
Als der SC Paderborn in der Spielzeit 2013/14 völlig unvermutet den Aufstieg in die Bundesliga schaffte, waren sich viele Experten einig, dass diese Mannschaft aus unbekannten „Underdogs“ mit ihrem neuen und auch noch als unbeschriebenes Blatt gehandelten Übungsleiter recht schnell wieder den Weg in die Zweitklassigkeit antreten würden.
Vor allem wurde ihnen nicht zugetraut, gegen die etablierte Erstliga-Konkurrenz überhaupt den Hauch einer Chance zu haben, von Augenhöhe gar nicht zu reden. Aufhorchen ließen die Ostwestfalen dann aber schon in ihrem zweiten Spiel in der höchsten Spielklasse.
Nach einem 2:2-Heimauftakt gegen Mainz 05 düpierte Paderborn den Bundesliga-„Dino“ Hamburger SV mit drei blitzsauberen Auswärtstoren und Andrè Breitenreiter beeindruckte erstmals als Motivator, der seine im Grunde nur mit Zweitligaakteuren bestückte Auswahl zu einem Sieg gegen einen eigentlich stärker eingeschätzten Gegner führte.
Entgegen den Vorhersagen blieb Paderborn in den ersten vier Bundesliga-Begegnungen ohne Niederlage, gegen Hannover gab es viel früher als erhofft den ersten Heimsieg, ehe erst der große FC Bayern München den Emporkömmling wieder in die Schranken weisen konnte.
Zwei weitere Erfolge auf heimischem Platz brachten den SC Paderborn zwischenzeitlich bis auf den 7. Tabellenrang, zur Winterpause belegte die Breitenreiter-Truppe immerhin noch einen respektablen 10. Platz. Spätestens jetzt waren Medien, Fans und natürlich auch die Fachwelt auf den kecken Aufsteiger und seinen Trainer, die sich so gar nicht wie erwartet verhielten, aufmerksam geworden.
Man zeigte sich erstaunt, was dieser Übungsleiter, der im Aufstiegsjahr erstmals einen Zweitligisten trainiert hatte, aus den Limitationen seines Kaders herauszuholen vermochte. Laufintensives Spiel, variables Pressing, manchmal auch ein etwas rustikaler Stil, an sich keine Wunderdinge, mit denen Breitenreiter und seine Jungs den Etablierten Paroli bieten wollten.
Umso bemerkenswerter war dann trotzdem der Erfolg, der sich zumindest in der Hinrunde einstellte. Mit der Folge, dass sich gewisse Begehrlichkeiten auch an dem Paderborner Übungsleiter entwickelten. In Hamburg und Frankfurt tauchte im weiteren Verlauf der Saison bei Trainerdiskussionen deshalb auch immer wieder der Name Breitenreiter auf, der selbst nie einen Hehl daraus machte, dass Paderborn mit Sicherheit nicht seine letzte Coaching-Stelle sein würde.
Nun also der FC Schalke 04. Für einen wie Andrè Breitenreiter damit ein logischer, wenn auch vielleicht etwas (zu?) großer Schritt. Für Horst Heldt, den zuletzt arg umstrittenen Gelsenkirchener Manager, könnte es dagegen ein Art Befreiungsschlag bedeuten. Schien sich doch die Suche nach einem geeigneten Übungsleiter sehr viel unerfreulicher und langfristiger als erhofft zu entwickeln. Die Geduld der Fans wurde durch die prompte Absage von Weinzierl und die Unsicherheit in der Causa Wilmots doch erheblich auf die Probe gestellt.
So mancher sah seinen Verein vor dem letzten Wochenende in Erwartung negativer Meldungen bezüglich des belgischen Nationaltrainers noch immer ohne Coach dastehen, nach der zuletzt eh schon eher missglückten Außendarstellung des Clubs eine Horrorvorstellung. So empfand ich die unerwartete Bekanntgabe der Breitenreiter-Verpflichtung dann auch fast schon als eine Art Erlösung.
Endlich war der gordische Knoten durchschlagen, eine Ende der teils schon hämischen Berichterstattung über die „erfolglose“ Schalker Trainersuche in Sicht. Ebenso ebbte die (durchaus berechtigte) Kritik an Horst Heldt etwas ab, die Wahl des Paderborner Übungsleiters bot wenig Angriffspunkte, was im Falle Wilmots möglicherweise anders gewesen wäre.
Nun also Breitenreiter. In Sachen Schalke 04 natürlich ein unbeschriebenes Blatt, aber immerhin in dem Rufe stehend, mit jungen Spielern gut umgehen zu können. Für die Vielzahl an Talenten aus der Knappenschmiede im Gelsenkirchener Kader daher bestimmt keine schlechte Wahl. Für Manager Heldt dagegen die letzte Möglichkeit, seinen Job an der Emscher längerfristig vielleicht doch noch zu retten.
Denn nach den Missgriffen Keller und Di Matteo muss Andrè Breitenreiter für Horst Heldt „zünden“. Auch die Geduld eines Clemens Tönnies ist nicht unendlich, und um eine vorgezogene Vertragsverlängerung für den Manager über 2016 hinaus ist es sehr ruhig geworden. Inwieweit dem neuen Trainer Heldts Schicksal egal sein wird oder auch nicht, kann man noch nicht wissen. Doch nicht nur für die weitere Karriere von Horst Heldt wäre es mehr als wichtig, wenn er sich davon nicht beeindrucken ließe.