Fatale Irrtümer des finanziellen Fundamentalismus – Sparen als Voraussetzung für Investition und Wachstum

Dollar symbol

Eine Abhandlung über die Ökonomie der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage
Teil 2

Irrtum Nr. 2: Sparen als Voraussetzung für Investitionen und Wirtschafts- wachstum
Dem Drängen auf die Schaffung von Anreizen für den Einzelnen, mehr zu sparen, wird allgemein nachgesagt die Investitionen und das Wirtschaftswachstum zu stimulieren. Dabei scheint man von der Annahme einer unveränderten volkswirtschaftlichen Gesamtleistung auszugehen, so dass das, was nicht verzehrt wird zwangsläufig und automatisch zur Kapitalbildung verwendet wird.

Auch hier ist eigentlich das genaue Gegenteil der Fall. In einer Geldwirtschaft bedeutet für die meisten Menschen der Versuch, mehr zu sparen gleichzeitig die Entscheidung dafür, weniger auszugeben.

Weniger Ausgaben durch die Sparer bedeutet dagegen weniger Einkommen und weniger Ersparnisse für die Lieferanten und Produzenten, während die gesamtwirtschaftliche Ersparnis dabei nicht steigt, stattdessen wird das Nationaleinkommen dadurch verringert, dass die Anbieter ihrerseits ihre Einkäufe reduzieren und sich damit die nationale Ersparnis verringert.

Einem einzelnen Individuum mag es dabei tatsächlich gelingen, seine eigenen Ersparnisse zu steigern, aber nur auf Kosten der noch größeren Verringerung der Erträge und Ersparnisse anderer.

Wo die Einsparung aus reduzierten Ausgaben für nicht lagerfähige Dienstleistungen besteht, wie beispielsweise bei einem Haarschnitt, ist der Effekt auf Einkommen und Ersparnisse des Anbieters unmittelbar und offensichtlich.

Ist dagegen eine speicherbare Ware dabei involviert, so können zwar kurzfristige temporäre Investitionen ins Inventar die Folge sein, diese werden jedoch bald verschwinden, weil der Verkäufer die Aufträge an seine Lieferanten reduzieren muss, um seine Lager auf ein normales Niveau zurückzuführen, was schließlich zu einem Abbau von Produktion, Beschäftigung und Einkommen führt.

Ersparnisse erschaffen keine „Kreditmittel“ aus dem Nichts. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass die erweiterte Bilanz des Sparers die Fähigkeit seiner Bank zur Vergabe von Krediten mehr vergrößert als gleichzeitig die Möglichkeiten der Bank des Verkäufers zur Darlehensversorgung reduziert werden.

Wenn überhaupt ist es wahrscheinlicher, dass der Verkäufer auf den Aktienmärkten aktiver wird oder durch seine Verkäufe gedeckte Kredite für die Investition in sein Geschäft nutzt, als das ein Sparer auf Anreize wie die Freistellung oder die Stundung von Steuern auf die Rückstellungen von Pensionsfonds und dergleichen reagiert, so dass durch den Nettoeffekt des Sparanreizes die Gesamtausdehnung der Bankkredite reduziert wird.

Der Versuch zu sparen mit entsprechender gleichzeitiger Reduzierung der Ausgaben tut nichts dafür, die Bereitschaft der Banken und anderer Kreditgeber zur ausreichenden Finanzierung vielversprechender Investitionsprojekte zu verbessern.

Bei nicht voll ausgelasteten Produktionsfaktoren und Ressourcen ist Sparen weder die Voraussetzung noch ein Anreiz für die Kapitalbildung, sondern eher eine Folge der Schaffung von Sachkapital, da die Erträge aus dieser Kapitalbildung eine Quelle für zusätzliche Einsparungen darstellen.

(Grundlage dieser Reihe ist der Artikel 15 Fatal Fallacies of Financial Fundamentalism von William Vickrey)