Leiden wir unter Fachkräftemangel?
Niemand behauptet ernsthaft, dass es einen flächendeckenden Fach-kräftemangel in Deutschland gibt. Das würde ich auch für Berlin und Brandenburg verneinen. Natürlich gibt es Engpässe, aber die unter-scheiden sich nach Berufen und Regionen. Einen Fachkräftemangel haben wir zum Beispiel in der Pflege oder bei den Lehrern.
Tunnelbauarbeiten in München 2010
Aber die Wirtschaftsverbände sprechen doch von Millionen unbesetzten Stellen in ganz Deutschland…
Die Zahlen werden größer gemacht, als sie sind. Es gibt genügend Leute für die offenen Stellen. Diese Diskussion über den Fachkräftemangel hat das Problem, dass sie so tut, als wäre eine Mauer um Deutschland herum. Es gibt einen offenen europäischen Arbeitsmarkt – ich kann jederzeit Arbeitskräfte aus den Nachbarstaaten holen. Ich jedenfalls habe noch nie gesehen, dass die Ladenöffnungszeiten reduziert wurden, weil die Arbeitskräfte fehlen. In der Bauwirtschaft zum Beispiel hat man den drohenden Engpass gut aufgefangen, indem man Arbeitskräfte aus anderen EU-Ländern geholt hat. Hier hat man jetzt das Phänomen, dass trotz dieses Booms die Lohnstückkosten sinken.
Warum schlagen die Wirtschaftsverbände dann Alarm?
Die wollen sich wichtigmachen – und sie müssen natürlich ihre Existenzberechtigung nachweisen. Das machen sie durch solche Studien. Natürlich versucht man auch, die Politik dazu zu animieren, dass sie die Grenzen öffnet: Wenn das Arbeitskräfteangebot steigt, bleiben die Arbeitskräfte billig.
DIW-Forscher Karl Brenke über den angeblichen Fachkräfte-mangel
Ein paar aufklärerische und sehr aufschlussreiche Worte von jemandem, der es wissen sollte. Solche Interviews sollte man im Hinterkopf bewahren, wenn unsere Eliten via Medien wieder einmal landauf landab über den ach so fürchterlich grassierenden Fachkräftemangel räsonieren…