Es gibt Bundesligaspiele, die auch die abgedroschensten Sprüche immer wieder bestätigen. Einer davon ist der mit dem Glück, dass sich vorrangig dem Tüchtigen „hingebe“. Für den FC Schalke 04 traf dieser Auspruch beim Gastspiel in Leverkusen hundertprozentig zu.
Die BayArena in Leverkusen
Doch man sollte dabei stets beachten, dass die Betonung in dieser Aussage immer auf der „Tüchtigkeit“ liegt. Denn wer sich nicht entsprechend bemüht, kann nicht darauf hoffen, dass sich das Glück für ihn entscheidet. Und es war vor allem das Bemühen, dass man der Schalker Mannschaft in der BayArena absolut nicht absprechen konnte.
Konzentriert von der ersten Minute lieferte die Truppe von Jens Keller der Werkself vom Rhein einen vor allem taktisch hochwertigen Kampf, bei dem rasch klar wurde, dass es vor allem um das Vermeiden eigener Fehler ging.
Denn es standen sich da am vergangenen Samstag zwei Teams gegenüber, die stets auf Augenhöhe operierten. Hatten die Leverkusener auch zwischenzeitlich deutliche Vorteile, was die Torchancen und die optische Überlegenheit anging, so glänzten die Blauen mit einem hervorragenden Torhüter und einer bemerkenswerten Abgezocktheit.
Nachdem die erste Druckphase der Bayer-Truppe mit etwas Glück und viel eigenem Können abgewehrt wurde, traf ausgerechnet Jungspund Leon Goretzka, eigentlich nur der Ersatz (des verletzten Chinedu Obasi) des Ersatzes (des ebenfalls angeschlagenen Julian Draxler) nach einem individuellen Patzer mit erstaunlicher Coolness mitten ins Leverkusener Tor und Herz.
Ausgerechnet Goretzka, der mit soviel Vorschusslorbeeren verpflichtete Bochumer, der „dank“ Abiturstress und Krankheiten bisher aber nur eine Nebenrolle spielte, bestätigte das Vertrauen seines Trainers und lieferte eine rundum solide Leistung ab. Es ist schon bezeichnend, dass es eben genau jener Goretzka war, dessen Einsatz vor der Begegnung noch am fragwürdigsten war. Eigentlich rechnete jeder mit dem Österreicher Christian Fuchs auf der linken Außenbahn, nachdem Obasi leider wegen einer erneuten Verletzung nicht zur Verfügung stand.
In der Hinrunde wäre eine solch mutige Personalentscheidung wohl noch nach hinten losgegangen, bzw. hätte Jens Keller nicht das nötige Vertrauen für einen Einsatz des Ex-Bochumers gehabt, nun war sie einer der Grundsteine des Erfolges. Da zeigte sich dann genau das Prinzip des oben zitierten Ausspruchs, denn weder Leon Goretzka noch Trainer Jens Keller hatten jemals aufgegeben, sich das Glück erarbeiten zu wollen.
Der Erfolg gibt ihnen nun Recht.
Ebenso symptomatisch war auch das zweite Schalker Tor an diesem Abend. Mitten in den Versuch der Leverkusener, nach dem erzwungenen Ausgleich in Führung zu gehen, nutzten die Blau-Weißen eine taktische Schwäche der Bayer-Elf und schlugen erneut eiskalt zu. Auch hier profitierten die Schalker von einem Fehler der Leverkusener Hintermannschaft, die bei dem Farfan-Freistoß nicht tief genug stand.
Wenn man denn neben den im letzten Beitrag schon angesprochenen taktischen Änderungen noch einen anderen Grund für die anhaltende Siegesserie der Knappen ausmachen will, dann ist das die Minimierung der eigenen Fehler.
Es ist schon fast unheimlich, wie wenig gravierende Schnitzer die eigene Hintermannschaft in dieser Rückrunde macht, während dies im letzten Jahr eines der großen Probleme darstellte.
Daher ist es durchaus berechtigt wenn Ralf Fährmann sagt:
Wir haben um jeden Ball gefightet, jeden Zentimeter Rasen umgepflügt und uns so das Glück des Tüchtigen vielleicht auch erarbeitet. So waren wir vielleicht nicht die spielbestimmende, aber die cleverere oder effektivere Mannschaft. Wir haben mehr Siegeswillen und mehr Kampfgeist gezeigt und deshalb auch am Ende verdient gewonnen.
Dieser Analyse ist eigentlich nichts hinzuzufügen und sie entspricht daher auch vollständig meiner eigenen Ansicht.
Interessant dürfte sein, wie man diese Einstellung über die nächsten Spiele retten will. Besonders die Begegnung am Freitag gegen den FSV Mainz könnte da zum Knackpunkt werden. Neben dem FC Augsburg ist die Tuchel-Truppe die wohl momentan am meisten unterschätzte Mannschaft der Liga. Für Schalke dagegen ist ein Heimsieg fast schon Pflicht, um die Abstände zu den Verfolgern (zu denen inzwischen auch Mainz gehört) im Rennen um die Champions League aufrecht zu erhalten.
Oberste Priorität dürfte es daher für das Trainer-Team haben, die Mannschaft „auf dem Teppich“ zu halten. Wer jetzt schon an Real Madrid oder den FC Bayern denkt, könnte Freitag eine unangenehme Überraschung erleben.