Ich lege mich jetzt fest: Macht die Mannschaft so weiter wie in den letzten Bundesligaspielen, wird es für die Champions League definitiv nicht reichen. Zuviel Mittelmaß, zu wenig Konstanz, zu viele Akteure, die erkennbar mit zu sehr schwankenden Leistungen an ihre Grenzen stoßen.
Eines der Charakteristiken, wenn nicht sogar der neuralgische Punkt in dem 3-5-2-(bzw. 5-3-2)-System von Trainer Roberto Di Matteo ist die Rolle der beiden Außenverteidiger. Ursprünglich war ja die 3er-Innen- verteidigung mit zwei eher „außen“ spielenden Akteuren dazu gedacht, die defensiven Schwächen eben dieser Außenverteidiger auszugleichen.
Nach der immer stärker werdenden Kritik an der zu sehr nach hinten ausgerichteten Interpretation der Spielweise auf den Außenbahnen ließ der Coach offensiver spielen, d. h. Tranquillo Barnetta auf rechts und Christian Fuchs auf links rückten weiter nach vorn, um öfter ein Übergewicht im Mittelfeld zu schaffen und so den Schwerpunkt dort mehr auf die Offensive setzen zu können.
Eine Zeit lang sah es so aus, als könne diese taktische Variante funktionieren. Gegen Hoffenheim und Real Madrid spielte Fuchs stark, erzielte zwei Tore, musste gegen die SAP-Truppe allerdings auch früh raus, da er aufgrund defensiver Probleme kurz vor der Roten Karte stand. Barnetta lieferte ebenfalls einige gute Partien ab, zuletzt aber baute er ebenso wie Fuchs doch erheblich ab.
Und damit sind wir bei dem zentralen Problem, welches diese taktische Ausrichtung meiner Ansicht nach mit sich bringt. Aufgrund der wichtigen Rolle, die die beiden Außenverteidiger in diesem System spielen sollen, steht und fällt logischerweise der Erfolg des ganzen Spiels auch mit den Leistungen dieser beiden Akteure. Und es ist meiner Meinung nach eben kein Zufall, dass dies im Großen und Ganzen auch tatsächlich so übereinstimmt.
Haben Barnetta und Fuchs zuletzt gut gespielt, war auch das Resultat im Spielergebnis ablesbar. Gab ihnen der Gegner entsprechenden Raum auf den Flügeln oder konnten die beiden ihn sich erkämpfen, so hatten sie entscheidenden Anteil am Erfolg der Spielidee von Di Matteo.
Gegen Bayer Leverkusen aber bestätigte sich ein Trend, den ich zuletzt bei schwächeren Schalker Partien öfters meinte erkennen zu können. Vor allem auf ihrer rechten Seite wirkten die „Pillendreher“ mit dem immer wieder nach außen drängenden Karim Bellarabi sowie den starken Julian Brandt und Außenverteidiger Roberto Hilbert vor allem in der ersten Halbzeit überlegen, während Heung-Min Son und der Brasilianer Wendell auf links solide, aber nicht überragend spielten.
Trotzdem kamen Barnetta und Fuchs offensiv so gut wie gar nicht ins Spiel, so dass sich die Mittelfeldakteure Marco Höger und vor allem Max Meyer meist einer Leverkusener Überzahl gegenüber sahen und es damit erheblich schwieriger wurde, durchdachte Aktionen in Richtung Bayer-Tor einzuleiten.
Dazu kam die nun in der Bundesliga schon länger anhaltende Formschwäche und Erfolglosigkeit von Klaas-Jan Huntelaar (bin ich übrigens der Einzige, der der Meinung ist, dass sich die Verteidiger inzwischen gegen den Holländer nahezu alles erlauben könne, da offenbar immer nur seine offensiven Fouls gepfiffen werden??), sowie ein diesmal sehr unauffälliger Leroy Sane, und schon war Schalke in Halbzeit Eins nahezu wirkungslos.
Eine Fehlerkette über Roman Neustädter, Tranquillo Barnetta, Kaan Ayhan bis hin zu Keeper Timon Wellenreuther ermöglichte dann der Werkself durch Bellarabi das vorentscheidende 1:0, dem eine mittelmäßige Schalker Elf in der Folgezeit nicht mehr viel entgegenzusetzen hatte.
Und da sind wir dann auch schon bei meiner oben angesprochenen Hauptkritik: wenn mit Neustädter, Höger, Fuchs und Barnetta gleich vier Spieler auf dem Platz stehen, die erkennbar an ihre Grenzen stoßen, muss man sich nicht wundern, dass junge Spieler wie Wellenreuther, Ayhan und Sane mehr als verloren wirken. Gerade der junge Keeper entwickelt sich mit seinen Unsicherheiten in der Strafraumbeherrschung und den beiden dicken Fehlern in Berlin zu einem echten Unsicherheitsfaktor.
Während Joel Matip dagegen seit Wochen solide Leistungen abliefert, ließ sich diesmal auch Neuzugang Matija Nastasic anstecken, Kaan Ayhan konnte den gesperrten Kapitän Benedikt Höwedes nicht gleichwertig ersetzen und über Huntelaar ist weiter oben schon alles gesagt worden. Das Thema Prince Boateng hatte ich bereits in einem der letzten Blogbeiträge abgehandelt, ein halbwegs annehmbarer Auftritt gegen Leverkusen ändert an dem Grundproblem erst einmal nichts.
Bliebe noch Max Meyer, der sich wenigstens bemühte, für mich aber unverständlicherweise viel zu früh von Roberto Di Matteo vom Platz geholt wurde. An seiner Stelle hätte eher einer der vier vorgenannten „Leistungsträger“ für das sehnlichst erwartete Comeback von Jefferson Farfan weichen müssen, um die Offensive noch deutlicher zu verstärken. Bei solchen Aktionen ist mir Di Matteo oft noch zu vorsichtig, gerade bei einem Rückstand wäre mir da ein wenig mehr Risiko in der Schlussphase eindeutig lieber.
Auf die beiden Schiedsrichter(fehl)entscheidungen möchte ich hier lieber gar nicht erst eingehen, für mich ist Fakt, dass Gagelmann sowohl beim Rückpass und auch beim Handspiel falsch lag.
Wo also steht die Mannschaft nun? Ist es eher die beeindruckende Leistung beim 4:3-Erfolg in Madrid, oder doch das Mittelmaß aus den Begegnungen in Dortmund, in Berlin oder nun gegen Leverkusen, das dieses Team jetzt prägt?
Bedenkt man dabei auch die aktuelle Verletztenliste mit Ralf Fährmann, Fabian Giefer, Jan Kirchhoff, Julian Draxler, Sidney Sam, Chinedu Obasi und Eric-Maxim Choupo-Moting sowie die noch nicht wieder vollständig im Spielbetrieb angekommenen Leon Goretzka, Dennis Aogo, Sead Kolasinac und Jefferson Farfan, so muss man feststellen, dass dieser ständige Aderlass über die gesamte Saison mit dem übrig gebliebenen Personal einfach nicht vollständig zu kompensieren ist.
Dazu fehlt zu vielen Akteuren offenbar das nötige Format, um über einen längeren Zeitraum Leistungen auf dem für die Champions League notwendigen Level abzurufen. Wolfsburg und Gladbach sind nun wohl endgültig enteilt, und auch zu Bayer Leverkusen beträgt die Lücke nun schon sechs Punkte. Gleichzeitig ist der Abstand zu Augsburg und Hoffenheim nur noch minimal, so dass im schlechtesten Falle sogar die Teilnahme an der eher unbeliebten Europa-Liga noch in Gefahr geraten könnte.
Sollte das Ruder noch einmal herumgerissen werden, so müsste schon eine Siegesserie gestartet werden, um zumindest selbst aus eigener Kraft noch die Voraussetzungen schaffen zu können, um doch noch in die Champions League zu kommen.
Allein, mir fehlt eigentlich immer mehr der Glaube…