Die Enttäuschung war schon riesengroß und ich wollte und konnte auch eine ganze Zeit hier nicht über „meinen“ Verein Schalke 04 schreiben.
Goalgetter Simon Terodde 2018 noch im Trikot des 1. FC Köln
Ich hätte niemals gedacht, nach den Abstiegen in den 80er Jahren (die ich übrigens damals live im Parkstadion miterlebt hatte) noch einmal den bitteren Weg in die Zweitklassigkeit antreten zu müssen.
Wie viele andere auch hatte ich den vollmundigen Versicherungen von Clemens Tönnies und Co., der S04 stehe trotz vieler Schulden auf einer soliden finanziellen Basis und auch sportlich sei alles in Butter und das Ziel europäischer Wettbewerb jederzeit erreichbar trotz Kritik in Detailfragen immer noch geglaubt.
Umso schlimmer war der Schock des unglaublichen Niedergangs sowohl in sportlicher als auch wirtschaftlicher Hinsicht. Über die vielfältigen Gründe, die zu diesem beispiellosen Desaster geführt hatten ließen sich ganze Bücher füllen, angefangen von der fachlichen Unbedarftheit von Tönnies, der Transferpolitik eines Christian Heidel, den taktischen Fehlern von David Wagner, unglaublicher Verletzungsserien und den fatalen Folgen der Corona-Pandemie.
Jedoch fühle ich mich zu ausgelaugt und müde, um auf diese sicher nicht vollständige Liste der Ursachen für die Schalker Apokalypse näher einzugehen. Vielleicht einmal in der Zukunft, an einem anderen Tag, wenn es nicht mehr so schmerzt.
Nun also die 2. Bundesliga, mit einer neuen sportlichen Führung, einem neuen Kader und einem (fast) neuen Trainer: ein Gefühl, auf das man sich erstmal einlassen muss, das Gewöhnung braucht.
Nach einigen Begegnungen in Freundschaft, zwei Pflichtspielen im Ligabetrieb und der ersten Runde im DFB-Pokal halte ich es aber noch für zu früh, hier groß zu analysieren und herumzumäkeln. Ganz im Gegenteil hat mir das eigentlich schon ganz gut gefallen, was ich bisher gesehen habe.
Sicherlich war die Taktik von Trainer Dimitrios Grammozis im Auftaktspiel gegen den HSV nicht wirklich das Gelbe vom Ei. Erstmals wieder vor heimischem Publikum hätte man mehr Aktivität erwartet, zumal mit dem frühen Führungstor von Terodde die Weichen eigentlich schon richtig gestellt waren. Nun gut, auch der Coach kennt seine neue Mannschaft noch nicht vollständig und wird sicherlich daraus lernen.
Doch auch bei Holstein Kiel deutete sich das Potential dieser Truppe an, mit gnadenloser Effektivität wurde der Ballbesitz der Hausherren ad absurdum geführt. Wieder traf Terodde früh, doch diesmal konnte der S04 diese Führung halten und noch ausbauen. Vielleicht ein Tor zu hoch, war der Sieg am Ende aufgrund der größeren Präzision trotzdem verdient.
in Villingen bestanden die Blauen einen echten Härtetest in einem typischen Pokalspiel. Zur richtigen Zeit schüttelten sie die Hartnäckigkeit des Oberligisten ab und taten gerade so viel, um eine Blamage zu vermeiden. Auch hier zeigten sie sich beeindruckend effektiv und überstanden selbst eine Zitterphase nach dem Ausgleich.
So langsam macht es wieder Spaß, den Teroddes, Bülters, Palssons, Ouwejans und Zalazars zuzuschauen. Auch wenn man sich noch etwas an die neuen Namen und ihre Art Fußball zu spielen gewöhnen muss. Und man seine eigenen Ansprüche neu kalibrieren muss. Das ist kein Europapokal mehr, das ist 2. Liga. Und gerade deshalb vielleicht besonders interessant.
Ich jedenfalls werde versuchen, keines der Spiele meines FC Schalke zu verpassen, denn das Fieber lässt mich nicht los. Gott sei Dank.