Zweiter Sieg im zweiten Spiel: So kann es weiter gehen

So etwas nennt man einen gelungenen Rückrunden-Auftakt:
Auch die zweite Begegnung nach der Winterpause konnte der S04 siegreich gestalten. Gegen einen starken VfL Wolfsburg gab es einen etwas schmeichelhaften, am Ende aber nicht unverdienten 2:1-Erfolg.

FC Schalke 04

Da reibt man sich als Schalke-Fan doch etwas verwundert die Augen.
Vor Weihnachten noch belegten die Blau-Weißen einen eher unbefriedigenden siebten Tabellenrang, die Qualifikation für die Champions League schien schon fast außer Reichweite.

Die Rangfolge in der Bundesliga drohte sich zuungunsten der Schalker verändern zu wollen. Borussia Mönchengladbach und der VfL Wolfsburg schienen bereits vorbeigezogen und die Skepsis bei den Fans war groß, ob es in dieser Saison noch einmal für den vierten Platz reichen könnte.

Viel Kritik gab es an Trainer Jens Keller, dem man Systemlosigkeit vorwarf und an der Mannschaft, die bei vielen Auftritten seltsam pomadig und mit großen Lücken in der Abwehr spielte.

Nun also scheint alles anders zu sein. Der FC Schalke 04 gilt als der große Gewinner in der Rückrunde.
Zwei Siege verhalfen zum Vorrücken auf den vierten Tabellenrang, wohlgemerkt zum ersten Mal in dieser Saison.

Gut, überragend war das Spiel gegen Wolfsburg nun nicht wirklich, doch die Knappen waren immer dann hellwach, wenn es darauf ankam.

Nach einem starken Auftakt und einer verdienten Führung durch eine etwas kuriose „Kombination“ von Kevin-Prince Boateng und Felipe Santana zogen sich die Schalker zum Ende der ersten Halbzeit unverständlicherweise immer mehr zurück und überließen den „Wölfen“ größtenteils das Spiel.

Auch die Rote Karte für Daniel Caligiuri konnte daran erstaunlicherweise nicht viel ändern und erst nach dem Gegentor und phasenweiser Feldüberlegenheit der Gäste „tauten“ die Knappen wieder auf.
Boateng und auch Jefferson Farfan, beide zwischenzeitlich vollkommen abgetaucht, zeigten nun endlich, dass sie nicht umsonst als Leistungsträger auf Schalke gelten.

So verdiente sich der FC Schalke dank einer konzentrierten Abwehrleistung und einer starken Schlussphase doch noch diesen Sieg, der zwischenzeitlich arg in Gefahr war, da man den Gast viel zu sehr ins Spiel kommen ließ.

Was bleibt nun nach diesem erneuten Erfolg?
Man kann erst einmal feststellen, dass es jetzt sehr viel ruhiger rund um das Berger Feld geworden ist.
Trainer Jens Keller ist vorerst aus der Schußlinie, auch dank der Umstellung im defensiven Mittelfeld.

Nachdem Jermaine Jones nun den Verein endgültig in Richtung Galatasaray Istanbul verlassen hat, Marco Höger weiterhin verletzt ausfällt und Leon Goretzka offenbar nicht das Vertrauen des Trainers besitzt, bleiben vorläufig nur Prince Boateng und Roman Neustädter für diese Positionen übrig.
Offensichtlich hat dieser Schachzug vorerst Wirkung gezeigt. Der frühere Gladbacher Neustädter zeigte sich stark verbessert gegenüber der Vorrunde, mit Boateng zusammen scheint auf der „Sechs“ nun endlich etwas mehr Stabilität Einzug zu halten.

Doch die ursprüngliche Kritik, die sich auf das fehlende System bezog, bleibt meines Erachtens trotzdem weiter aktuell. Noch immer ist die Mannschaft zu sehr auf das individuelle Können Einzelner angewiesen. Kommt dies nicht zur Geltung, so wie über weite Strecken des Spiels gegen Wolfsburg, droht der Rückfall in alte Konzeptlosigkeit.
„Moderner“ Fußball, d. h. das schnelle Umschalten von Abwehr auf Angriff, vor allem nach Balleroberung in der eigenen Hälfte, wird Auf Schalke denn auch immer noch nicht gespielt.
Es bleibt weiterhin eine Forderung an Trainer Jens Keller, sich hier bei Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel ein Beispiel zu nehmen, wie heutzutage eben „System-Fußball“ gespielt wird.

Gefallen hat mir dagegen über weite Phasen der ersten Halbzeit das Abwehrverhalten von Chinedu Obasi und Sead Kolasinac auf der linken Seite, während man fetsstellen muss, dass Benedikt Höwedes auf der undankbaren rechten Außenverteidiger-Position den gelb-gesperrten Atsuto Uchida nicht wirklich gleichwertig ersetzen konnte.

Insgesamt gesehen bieten die Leistungen der Knappen durchaus Anlass zu vorsichtigem Optimismus, doch sollte man nicht zu früh in Euphorie verfallen.

Sonntag kommt mit Hannover 96 ein sehr unangenehmer, weil momentan sehr starker Gegner.
Der Trainerwechsel von Miroslav Slomka zum hierzulande nahezu unbekannten Tayfun Korkut scheint bei den Niedersachsen bisher ungeahnte Kräfte freigesetzt zu haben, denn auch die 96er starteten mit zwei Erfolgen in die Rückrunde und gelten nun neben dem S04 zu Recht als „Mannschaft der Stunde“.

Daher ist auch für die Partie gegen Hannover höchste Konzentration angesagt, deren Auswärtssieg am Bökelberg in Gladbach sollte Warnung genug sein, die Niedersachsen nicht zu unterschätzen.