Synchronisation und die Bruttogeldmenge

Angenommen, Sie entscheiden sich dazu, ein Geldsystem von Grund auf neu zu erstellen. Sie weisen dafür jedem Teilnehmer ein Girokonto auf Ihrem Computer zu, mit einem Ausgangssaldo von null (Geld-)Einheiten.

Flickr - Nic's events - London - 14-15 Dec 2007 - 034
Bargeld verschiedener Währungen

Wenn nun Andy Bananen von Betty kauft und ihr 100 Einheiten dafür bezahlt, hat Betty jetzt eine positive Bilanz und Andy nun eine negative Bilanz. Die Netto-Geldmenge bleibt bei null Einheiten, aber die Brutto-Geldmenge beträgt jetzt 200 Einheiten.

Wenn die Zahlungen und Bareinnahmen (was nicht das gleiche ist wie Einkommen und Ausgaben, weil wir auch Nicht-Geld-Vermögenswerte für Geld kaufen und verkaufen) jedes Einzelnen perfekt synchronisiert werden (so dass Andy Äpfel im Wert von 100 Einheiten an Carol verkauft, die wiederum Karotten im Wert von 100 Einheiten an Betty verkauft, die Bananen im Wert von 100 Einheiten an Andy verkauft, alle genau zur gleichen Zeit), dann wäre die Brutto-Geldmenge immer Null.

In einem repräsentativen Agentenmodell (wie in der einfachsten Version des New-Keynesian-Modells) ist die vollkommene Synchronisation genau das, was passiert (weshalb das Geld aus den einfachen New-Keynesian-Modellen zu verschwinden scheint).

Aber wenn Agenten heterogen handeln, wird eine perfekte Synchronisation von Zahlungen und Bargeldeinnahmen nicht automatisch erfolgen. Und es ist für Einzelpersonen sehr kostspielig, ihre Zahlungen und Geldeinnahmen zu synchronisieren. So bleibt die Brutto-Geldmenge stets positiv und wird sich zu einer Funktion des zunehmenden Umfangs der Nicht-Synchronisierung von Zahlungen und Bargeldeinnahmen entwickeln.

Eine Möglichkeit den Grad der Synchronisation zu erhöhen besteht für Individuen mit positiven Bilanzen auf ihren Girokonten darin, Geld an diejenigen mit negativen Salden zu verleihen. Ihr Anreiz zur Synchronisation hängt dabei von der Spanne zwischen dem auf positiven Salden gezahlten Zinssatz (dem „Einlagenzins“) und der Belastung der negativen Salden (der „Bankzinssatz“) ab.

Je größer diese Spanne, desto höher ist der Anreiz für Einzelpersonen, sich gegenseitig Geld zu leihen und zu verleihen. Doch wenn dieser Unterschied Null ist und die Zentralbank keinerlei Grenzen setzt, wie groß eine negative Bilanz für Individuen sein darf, gibt es keinen Anreiz für individuelle Kreditaufnahme und Kreditvergabe.

Wenn der Zentralbanker, welcher das Geldsystem erschafft, keine Grenzen setzt, wie groß ein negatives Saldo für ein Individuum ausfallen darf (Überziehungsgrenzen), ist das System offen für jeglichen Missbrauch. Transversalitätsbedingungen (=der aktuelle Wert einer Variablen konvergiert gegen Null, wenn der Planungshorizont auf Unendlich zurückweicht) werden sich nicht von allein durchsetzen. Stattdessen hat jeder Einzelne einen Anreiz, eine unbegrenzte Menge an Konsumgütern zu kaufen und dann mit einem unendlich großen negativen Kontensaldo und einem negativen Nettovermögen zu sterben.

Und wenn Konten als anonyme Nummernkonten eingerichtet, die nicht auf eine bestimmte Person zurückgeführt werden können, würden Einzelpersonen einen Anreiz haben, eine unbegrenzte Anzahl von numerierten Konten mit jeweils negativem Saldo zu eröffnen, es sei denn, die Zentralbank beschränkte diese nummerierten Konten auf nicht-negative Salden. (Die Nummernkonten würden damit wie eine Papierwährung funktionieren, die gleichermaßen anonym ist und nicht in negativen Mengen gehalten werden kann.)

Es ist nicht leicht zu verstehen, warum individuelle Kreditaufnahme und Kreditvergabe existieren würden. Wenn die Zentralbank nicht bereit ist, einem Einzelnen eine größere negative Bilanz zu erlauben, warum sollte dann ein anderer Mensch bereit sein, ihm einen Kredit zu geben? Die Zentralbank verfügt zudem über eine zusätzliche Strafe, die sie auf diejenigen anwenden kann, die in Zahlungsverzug geraten: sie kann damit drohen, den künftigen Zugang zum Zahlungssystem zu verweigern.

Vielleicht hat der einzelne Kreditgeber private Informationen über die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers? Und warum sollte die Zentralbank eine Spanne zwischen dem Einlagenzins und dem Bankenzinssatz berechnen, mit der die Gewinne des Handels auf die individuelle Kreditaufnahme und -vergabe übergehen? Müsste es die Zentralbank nicht vorziehen, diese Vorteile für sich selbst zu nutzen?

Vielleicht, weil die Zentralbank eine Monopolstellung hat, einer nach unten geneigten Nachfragekurve gegenüber steht und nicht preisdiskriminierend wirken will oder kann, indem sie geringere Spreads für diejenigen anbietet, die die besseren Möglichkeiten zum Leihen oder Verleihen haben?

Sind die Limits für negative Salden unverbindlich, reagiert die Brutto-Geldmenge automatisch, um Schwankungen im Synchronisationsgrad von Zahlungen und Einnahmen auszugleichen, auch wenn die Zentralbank die Netto-Geldmenge exogen fixiert. Aber in der realen Welt, wo die Grenzen der negativen Salden manchmal verbindlich sind, muss die Zentralbank die Netto-Geldmenge anpassen, um Schwankungen im Synchronisations- grad zu glätten.

(Eigene Übersetzung eines Blogbeitrages des kanadischen Ökonomens Nick Rowe)