Starker Tobak: Èdouard Louis – Wer hat meinen Vater umgebracht

„Du kannst dich nicht mehr hinters Steuer setzen, ohne dich selbst in Gefahr zu bringen, darfst keinen Alkohol mehr trinken, kannst dich nicht mehr allein duschen, ohne dass das ein enormes Risiko bedeuten würde. Du bist gerade mal über fünfzig. Du gehörst zu jener Kategorie von Menschen, für die die Politik einen verfrühten Tod vorgesehen hat.“

Quarto Stato (crop)
Das Proletariat

Der zerstörte alte, weiße Mann: Èdouard Louis auf den Spuren Didier Eribons. Er erkennt im geschundenen Körper des Vaters den Niedergang des Industrieproletariats.


Wegen einer Gesetzesänderung unter Nicolas Sarkozy musste der Vater trotz zerstörter Wirbelsäule als Straßenkehrer arbeiten. Sarkozy habe seinem Vater das Rückgrat gebrochen, so Louis.

Und schließlich gibt es da noch Emmanuel Jean-Michel Frédéric Macron. Der aktuelle Präsident, der gerne von seinen Visionen für Europa spricht, kürzte bei den Armen und senkte gleichzeitig die Vermögenssteuer – und, so Louis, stahl damit dem Vater das Essen direkt vom Teller.

Die Regierungschefs der vergangenen Jahre sind für Louis letztlich Mörder seines Vaters.

aus Sebastian Friedrich – Rezession: Wer hat meinen Vater umgebracht

Wow, eine unheimlich krasse Abrechnung mit der (Un-)Sozialpolitik im Frankreich der Präsidenten Chirac, Sarkozy, Hollande und Macron. Und es lässt sich dadurch erahnen, woher die Wurzeln der Gelbwesten tatsächlich stammen.

Somit eine hochaktuelle politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den zumeist unsichtbar bleibenden Opfern neoliberaler und sonstiger ökonomischer Entscheidungen.

Äußerst lesenswert, wenn auch insgesamt etwas knapp gehalten…